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Geowissen

Vorläufer des Colorado floss „rückwärts“

Fließrichtung war vor 55 Millionen Jahren umgekehrt

Der Colorado River in der Nähe von Page in Arizona © Adrille / CC-by-sa 3.0

Der Vorgänger des Colorado River floss vor 55 Millionen Jahren rückwärts – er strömte in genau der umgekehrten Richtung wie heute. Das haben jetzt Forscher anhand von Flusssedimenten belegt, die einst aus der kalifornischen Mojave-Region nach Utah geschwemmt wurden. Wie sie in der Fachzeitschrift „Geology“ berichten, widerlegen die Daten auch eine Theorie, nach der bereits der Vorläufer des Colorado einen Großteil des Grand Canyon eingekerbt haben soll.

Der Colorado River ist einer der größten Flüsse Nordamerikas. Entspringend in den Rocky Mountains führt ihn sein Weg über Utah, Arizona, Nevada und Kalifornien bis zu seiner Mündung in die Baja California. Seine erodierende Kraft hat im Laufe der Jahrmillionen zahlreiche tiefe Canyons und Schluchten entstehen lassen. Doch jetzt haben Forscher der Carnegie Institution gemeinsam mit Kollegen Überraschendes über die Geschichte dieses Flusssystems entdeckt.

Die Wissenschaftler um Steven Davis analysierten und verglichen für ihre Studie die Isotopenzusammensetzung von Flusssedimenten in Utah und Südwest-Arizona. Anhand des Gehalts an bestimmten Uran- und Bleiisotopen in den Sandkörnern stellten sie dabei fest, dass dieser Sand nicht etwa aus dem Oberlauf des Flusses in den Rocky Mountains stammte, sondern seltsamerweise aus einem weit flussabwärts gelegenen Gebiet: Der Mojave Region in Südkalifornien.

Vorläuferfluss floss „rückwärts“

Wie aber konnte dieses auf ein Alter von rund 55 Millionen Jahren datierte Sediment so weit flussaufwärts gelangt sein? Die Ablagerungen in der untersuchten Colton-Formation in Utah lagen immerhin mehr als 700 Kilometer nordöstlich ihres Ursprungs. Für die Wissenschaftler ließ dies nur eine Erklärung zu: Damals muss der Fluss in umgekehrte Richtung geflossen sein. Dieser Vorläufer des heutigen Colorado strömte von der Mojave-Region über Arizona nach Utah. „Der Fluss glich in Bezug auf seine Größe dem heutigen Flusssystem des Colorado, floss aber in die andere Richtung“, erklärt Davis.

Umkehr mit Hebung der Rocky Mountains

Das Ende dieses von den Forschern California River getauften „Rückwärts-Flusses“ kam vermutlich, als die Rocky Mountains und das Plateau des nördlichen Colorado aufstiegen. Die Neigung der Landoberfläche änderte sich und damit auch die Fließrichtung des Wassers in diesem Gebiet. Wann genau dieser Umschwung kam, ist allerdings bisher noch nicht genau bekannt. „Dieser Fluss könnte sogar bis zu 20 Millionen Jahre bestanden haben, bevor sich die Topografie genügend geändert hatte, um seinen Lauf umzukehren“, so Davis.

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„Proto-Canyon“-Theorie widerlegt

Die Isotopenanalyse hat nicht nur den Vorläufer des Colorado identifiziert, sie widerlegt auch eine der seit längerem diskutierten Theorien zur Existenz von „Proto-Canyons“. Nach diesen soll nicht der Colorado, sondern ein Vorläuferfluss für einen Großteil der Abtragung des Grand Canyon und anderer Schluchten verantwortlich sein. Doch die neuen Daten widerlegen dies, denn in den Sedimenten in Utah und Arizona finden sich keine mit denen des Grand Canyon übereinstimmenden Isotopensignaturen.

„Der Grand Canyon war auf der Route des Flusses, als er von Mojave nach Utah floss“, so Davis. „Wenn es damals dort bereits eine größere Erosion gegeben hat, müssten wir viele Körner aus diesem Gebiet gefunden haben, aber das war nicht der Fall.“

(Carnegie Institution, 06.10.2010 – NPO)

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