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Geowissen

Tektonik: Rätsel des Banda-Bogens gelöst

Rekonstruktion der Subduktionsprozesse erklärt schnelle Hebung und starke Erdbeben

Banda-Region mit der um 180 Grad geknickten Verwerfung © University of London

Der Banda-Bogen ist für viele Vulkane und Erdbeben in Indonesien verantwortlich. Wie er entstand und welche Prozesse in dieser komplexen Nahtstelle der Erdkruste ablaufen, war lange umstritten. Jetzt hat eine in „Nature Geoscience“ veröffentlichte Rekonstruktion endlich geklärt, warum das Gebiet so unruhig ist. Ursache dafür ist unter anderem eine besonders tief reichende Subduktion von Plattenmaterial in den Erdmantel.

Der Banda-Bogen in Indonesien ist immer wieder Ort heftiger Erdbeben und Tsunamis. Die rund 1.000 Kilometer lange und um fast 180 Grad abknickende tektonische Störung liegt an der Nahtstelle gleich dreier aufeinanderstoßender tektonischer Platten, der Indisch-Australischen, der Eurasischen und der Pazifischen Platte. Als Folge entstanden hier unter anderem ein innerer vulkanisch aktiver Bereich, ein parallel zum australischen Kontinentalrand verlaufender Tiefseegraben und ein Inselbogen. An der komplexen Subduktionszone bildete sich zudem die wahrscheinlich größte Verwerfung der Erde: Hier wird die ozeanische Plattengrenze bis in 650 Kilometer Tiefe hinuntergedrückt.

Rekonstruktion stützt „Einplatten-Theorie“

Doch wie diese komplexe Störungszone entstand, und wie viele Platten an der Subduktion beteiligt sind, das ist bis heute unklar. Diskutiert wird unter anderem, ob an der großen Subduktion eine oder zwei Stücke ozeanischer Platte beteiligt sind. Ein Forscherteam um Professor Robert Hall von der Universität von London und Professor Wim Spakman von der Universität Utrecht hat nun eine detaillierte Rekonstruktion der Entstehung dieser Region erstellt, die diese Debatte beenden könnte.

Mit Hilfe von seismischer Tomographie und Analysen der tektonischen Entwicklung des Banda-Bogens rekonstruierten die Wissenschaftler die Evolution des Bogens ausgehend von der Annahme, dass nur eine ozeanische Platte an der Subduktion teilnimmt. Die Ergebnisse zeigen, dass nur eine Subduktion mit einer Platte so schnelle Plattenbewegungen und heftige Beben wie im Dezember 2004 erklären kann. Sie erklärt auch, warum sich die Banda-Region noch heute so stark verformt.

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Verwerfung bis in 650 Kilometer Tiefe

Die an der Subduktionszone bis in den Erdmantel hinunter gedrückten Plattenbestandteile sind offenbar deutlich umfangreicher als zuvor angenommen. Nach Ansicht der Forscher könnte dies damit zusammenhängen, dass nicht nur die subduzierte ozeanische Platte, sondern auch der untere Teil der kontinentalen Australischen Platte mit in die Tiefe gedrückt wird.

„Die subduzierte Platte wirkt als Hindernis für die Australische Platte, die sich nordwärts bewegt. Daher wurde sie zu einer Falte deformiert, die bis in den Mantel in 600 Kilometern Tiefe reicht“, erklärt Hall. „Hier wird es allmählich immer enger und enger und die beiden Teile der Falte werden immer steiler und stärker aneinander gedrückt. Das führt dazu, dass sich auch die Kruste deformiert.“

Deformation bewirkt Inselhebung in Rekordzeit

Diese Deformation hat dann die schnelle Hebung der Inseln im Banda-Bogen bewirkt. Die beiden größten Inseln, Seram und Timor stiegen in den letzten Millionen Jahren von mehreren Kilometern unter dem Meeresspiegel bis zu ihrer heutigen Lage drei Kilometer über dem Meeresspiegel auf.

„Das sind für geologische Verhältnisse bemerkenswert schnelle vertikale Bewegungen“, so Hall weiter. „In der Banda-Region sehen wir, wie sich ein Gebirgszug quasi vor unseren Augen bildet, deshalb ist das für uns so interessant. Einige der hier beobachteten Strukturen helfen uns auch dabei, ältere Gebirgsgürtel besser zu verstehen.“

Banda-Bogen kein Einzelfall

Denn die neue Rekonstruktion löst nicht nur das Rätsel des Banda-Bogens, sie zeigt auch, dass Banda nicht das Ergebnis einer einzigartigen Tektonik ist, sondern die Folge von Prozessen und Bedingungen, die es weltweit häufiger gab und bis heute gibt. Beispiele dafür sind unter anderem von Land umgebende Ozeanbecken wie die Region Alpen-Mittelmeer oder Mittelamerika und die Karibik.

(Royal Holloway, University of London, 28.07.2010 – NPO)

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