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Raumfahrt

Die Überwachung wird mobil

Ein Container für die Wissenschaft

Wissenschaft am Haken: Ankunft des Containers auf dem Schnarrenberg in Stuttgart. © DLR

Leif Humbert schwitzt, was nicht nur an den sommerlichen Temperaturen in den Weinbergen über dem Stuttgarter Talkessel liegt. Gebannt starrt der DLR-Forscher nach oben zu einem weißen Überseecontainer, der am Haken eines Spezialkrans hängt und im Wind leicht schaukelt. Langsam schwebt der Container an seinen Bestimmungsort, eine Wiese auf dem rund 300 Meter hohen Schnarrenberg, von dem aus sich ein Blick ins Neckartal und die nördlichen Stadtteile der baden-württembergischen Landeshauptstadt bietet.

Von dort aus misst das Wetteramt Stuttgart des Deutschen Wetterdienstes täglich den klimatischen Puls der Schwabenmetropole – und gibt seit Mitte Juni 2017 auch der neuesten Errungenschaft des DLR-Instituts für Technische Physik eine erste Bleibe. Langsam setzt der Kranführer seine wertvolle Fracht ab. Der Container enthält ein mobiles Observatorium. Denn als weiteren Schritt hin zu einer flexiblen und modularen Lösung, um die Flugbahnen von Weltraumschrott-Objekten zu bestimmen, setzen die DLR-Forscher auf den guten alten Überseecontainer. Als Rückgrat des globalen Handels kommt er normalerweise zum einfachen und schnellen Transport von Gütern über die Weltmeere zum Einsatz.

Das Besondere an dem mobilen Weltraumschrott-Observatorium ist die Hebe-Plattform für das Teleskop. Durch ein Schiebedach wird es nach oben ausgefahren. © DLR

Mobil, unabhängig und günstig

„Unsere Idee war es, in den Container eine komplette Laser-Ranging-Station einzubauen, ihn in der näheren Umgebung aufzustellen und dann zu testen, ob alles so funktioniert, wie wir es uns vorgestellt und errechnet haben“, erklärt Humbert, der diesen Teil des Projekts verantwortet. „Den Container kann man relativ einfach an unterschiedliche Standorte transportieren. Mit einem Generator betrieben ist die Station komplett unabhängig. Sie benötigt also keine weitere Infrastruktur, im Gegensatz zu bisherigen Stationen, die in Gebäuden untergebracht sind.“

Außerdem rechnen Humbert und seine Forscherkollegen damit, dass eine fertig entwickelte mobile Containerstation weniger als eine Million Euro kosten würde, was im Vergleich zu stationären Alternativen eine relativ preiswerte Lösung darstellt.

Vom Schnarrenberg…

Rund ein Jahr dauerten die Vorarbeiten, bevor der Prototyp des mobilen Observatoriums seine erste Reise antreten konnte: Das Team baute den Laser, das Sende- und Empfangsteleskop inklusive der dafür notwendigen Montierungen ein und programmierte das System für diesen neuen Aufbau – und verstaute natürlich alles stabil im Container, um es sicher transportieren zu können. Mit ersten Messungen auf dem Schnarrenberg wollen die DLR-Wissenschaftler 2018 beginnen.

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Leif Humbert und Thomas Hasenohr überprüfen die Schwenk- und Neigehalterung des Teleskops. © DLR

An seinem ersten Standort auf dem Schnarrenberg soll der Container so lange bleiben, bis sämtliche Funktionen ausreichend getestet sind. Dazu gehören auch gemeinsame Messungen mit dem stationären Forschungsobservatorium auf der Uhlandshöhe. Danach heißt es: auf in die große weite Welt. Mittelfristig soll das System an unterschiedlichen Messstandorten mit anderen klimatischen Bedingungen getestet und für einen vollautomatischen Betrieb weiterentwickelt werden.

…in die Polarregion

Erste Überlegungen, wohin die Reise für Container und Forscher gehen soll, gibt es bereits, wie Wolfgang Riede verrät: „Der nächste Standort soll natürlich gute Beobachtungsbedingungen bieten. Wir benötigen viel freien Himmel, geringe Lichtverschmutzung und möglichst lange Dämmerungszeiten, wie wir sie in hohen geografischen Breiten, nahe an den Polkappen finden. Auf den polaren Bahnen sind außerdem viele Objekte in niedrigen Umlaufbahnen unterwegs.“ Wahrscheinlich heißt es für sein Team also demnächst: warm anziehen.

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Denise Nüssle/ DLR-Magazin
Stand: 07.09.2018

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Inhalt des Dossiers

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