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Materialforschung

Schwärzestes Material der Welt erzeugt

Wald aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen schluckt 99,995 Prozent aller Strahlung

Schwärzer als schwarz
Hier wurde ein geschliffener Diamant mit dem neuen Superschwarz-Material beschichtet – es absorbiert nahezu alle Strahlung vom UV bis in den Terahertzbereich. © R. Capanna, A. Berlato, and A. Pinato

Schwärzer als schwarz: US-Forscher haben durch Zufall ein Material erzeugt, das zehnfach schwärzer ist als alles zuvor bekannte. Es besteht aus einem ungeordneten „Wald“ von Kohlenstoff-Nanoröhrchen, die auf Aluminium wachsen. Dieses Ensemble schluckt mehr als 99,995 Prozent aller Strahlung vom UV- bis Terahertz-Bereich – und dies aus allen Einfallswinkeln, wie die Wissenschaftler berichten.

Die Farbe Schwarz entsteht, wenn ein Material das einfallende Licht nahezu vollständig schluckt. Weil dann kein reflektiertes Licht mehr auf unsere Augen trifft, nehmen wir dies als Schwarz wahr. Auch in anderen Wellenlängenbereichen des elektromagnetischen Spektrums gibt es solche Absorber. So absorbiert schwarzes Nanogold sichtbares und nahinfrarotes Licht, ein Anti-Laser schluckt kohärente Mikrowellen. In der Physik gilt ein Objekt als „schwarzer Körper“, wenn er Strahlung aller Wellenlängen vollständig absorbiert.

Kohlenstoff-Nanoröhrchen auf Aluminium

Ein Material, dass einem solchen schwarzen Körper zumindest nahe kommt, haben nun Kehang Cui und Brian Wardle vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) produziert – durch Zufall. Denn eigentlich suchten sie nach einer Methode, Kohlenstoff-Nanoröhrchen einfacher und effektiver auf einer Aluminiumfläche wachsen zu lassen. Das Problem: Typischerweise bildet sich auf dem Aluminium eine Oxidschicht, die die elektrische Leitfähigkeit und das Ablagern der Nanotubes beeinträchtigt.

Um dies zu verhindern, testen die Forscher verschiedenen Methoden der Vorbehandlung, darunter das Einlegen des Aluminiums in Tensidlösungen, Natronlauge oder Kochsalzlösungen. Die Salzlösung erwies sich am besten geeignet, um die Oxidschicht auf dem Aluminium zu entfernen. Als Cui und Wardle dann das Aluminium unter Sauerstoffabschluss in eine Reaktionskammer gaben und die Kohlenstoff-Nanoröhrchen aufdampften, entstand tatsächlich ein Wald aus senkrechten Nanotubes auf nichtoxidiertem Metall.

Wie erhofft, ließ sich diese Nanotube-Beschichtung nicht nur effektiver herstellen. Die neue Methode verbesserte auch die thermischen und elektrischen Eigenschaften des Kombi-Materials.

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Zehnmal schwärzer als alles Vorherige

Doch etwas war unerwartet: das Aussehen dieses Kombi-Materials: „Ich erinnere mich, dass mir auffiel, wie schwarz schon das Aluminium war, bevor wir die Nanotubes darauf deponierten“, berichtet Cui. „Nach dem Wachstum der Nanoröhrchen sah es sogar noch dunkler aus.“ Der Forscher entschloss sich daher dazu, die Absorption dieses Materials zu messen. Dafür setzte er den Nanotube-Wald Strahlung aus verschiedenen Winkeln Strahlung vom ultravioletten bis in den Terahertzbereich aus.

Das überraschende Ergebnis: Das Material absorbierte die elektromagnetische Strahlung zu mehr als 99,995 Prozent – egal aus welchem Winkel und von welcher Wellenlänge. Die relativ ungeordnet aufragenden Kohlenstoff-Röhrchen verhinderten fast jede Reflexion der Strahlung. „Das ist zehnfach mehr als bei jedem bisher bekannten Breitband-Absorber-Material“, konstatieren die Forscher. Mit anderen Worten: Diese Kombi-Material ist schwärzer als alles bisherige Schwarz.

Zahlreiche Anwendungen

Noch wissen auch die Forscher nicht genau, warum diese Kombination aus geätztem Aluminium und Kohlenstoff-Nanoröhrchen so extrem schwarz ist. „Nanotube-Wälder verschiedener Arten sind zwar dafür bekannt, extrem dunkel zu sein“, sagt Wardle. „Aber bisher gibt es keine mechanistische Erklärung dafür, warum ausgerechnet dieses Material nun das schwärzeste ist. Das muss nun weiter erforscht werden.“

Schon jetzt könnte es aber praktische Anwendungen für die neue „superschwarze“ Beschichtung geben. So könnte sie genutzt werden, um Streulicht bei optischen Instrumenten und Strahlungsmessern zu schlucken, wie die Wissenschaftler erklären. In Kombination mit den guten elektrischen und thermischen Eigenschaften könnte es auch in der Elektronik vielversprechende Einsatzmöglichkeiten geben.

Wann kommt das ultimative Schwarz?

Die Forscher vermuten aber auch, dass möglicherweise schon bald ein noch schwärzeres Material gefunden wird: „Das schwärzeste Schwarz ist ein sich ständig verschiebendes Ziel – jemand wird daher sicher ein noch schwärzeres Material finden“, sagt Wardle. „Wenn wir jedoch irgendwann die dahintersteckenden Mechanismen verstehen, können wir auch das ultimative Schwarz entwickeln.“ (ACS Applied Materials & Interfaces, 2019; doi: 10.1021/acsami.9b08290)

Quelle: Massachusetts Institute of Technology

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