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Technik

Neues Frühwarnsystem für Brücken

Radarbasierte Methode könnte drohende Einstürze erkennen

Morandi-Brücke
Die Morandi-Brücke vor dem Einsturz: Schon im Vorfeld kam es in der Konstruktion zu Verschiebungen. © Remote Sensing

Überwachung aus dem All: Forscher haben ein Frühwarnsystem entwickelt, das drohende Einstürze von Brücken künftig besser vorhersehbar macht. Ihre Technik basiert auf hochaufgelösten Satellitendaten und einem speziellen Algorithmus und kann kleinste Bewegungen innerhalb der Konstruktionen aufspüren. Zu solchen Verformungen kam es beispielsweise auch im Vorfeld des Kollapses der Morandi-Brücke in Genua, wie das Team berichtet.

Am 14. August 2018 gab ein Pfeiler einfach nach und riss die Fahrbahn in die Tiefe: Der Einsturz der Morandi-Brücke in Genua hat 43 Menschen das Leben gekostet. Dutzende wurden bei dem Kollaps der Autobahnbrücke verletzt, Hunderte verloren ihr Zuhause. Hätte dieses schreckliche Unglück verhindert werden können?

Beobachtung mit Satelliten

Knapp ein Jahr später diskutiert die Öffentlichkeit noch immer darüber, wer Schuld an dem Zusammenbruch trägt und ob er möglicherweise vorhersehbar gewesen wäre. Fakt ist aber: Bisherige Überwachungsmethoden können mithilfe von Sensoren die Stabilität von Brücken zwar punktuell überprüfen. Sie sind jedoch aufwändig anzubringen und haben selten die gesamte Konstruktion im Blick.

Forscher um Pietro Milillo vom California Institute of Technology in Pasadena haben aus diesem Grund nun ein Frühwarnsystem entwickelt, das genau dies in Zukunft möglich machen soll. Ihre Methode nutzt Radaraufnahmen von Satelliten wie Sentinel-1 der ESA und COSMO-Skymed der italienischen Raumfahrtagentur, um winzige Bewegungen innerhalb einer Brückenkonstruktion zu detektieren – und damit Vorboten eines möglichen Kollapses.

Nahezu in Echtzeit

Konkret funktioniert das so: Mithilfe von Daten mehrerer Satelliten, die das Bauwerk regelmäßig aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten, können dreidimensionale Bilder der Brücke entstehen. „Dank der neuen Generation von Satelliten ist dies inzwischen millimetergenau möglich“, erklärt Mitautorin Giorgia Giardina von der University of Bath.

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Kombiniert mit einem Algorithmus, der diese Daten auswertet, könnten Interferenzmuster erkannt und Brücken und ihre Bewegungen nahezu in Echtzeit überwacht werden, wie das Forscherteam berichtet. Doch wie gut funktioniert das System in der Praxis? Um dies herauszufinden, wandten die Wissenschaftler ihre Methode auf die Morandi-Brücke an.

Praxistest bestanden

Für den Test verwendeten sie Satellitendaten der vergangenen 15 Jahre und erstellten eine Karte, die Veränderungen innerhalb der Konstruktion darstellt. Das Ergebnis: Tatsächlich zeigten sich bereits lange vor dem Kollaps erste Anzeichen für eine Katastrophe. In der Nähe des kollabierten Pfeilers kam es bereits seit 2015 an mehreren Punkten zu Verschiebungen. Zwischen März 2017 und August 2018 nahmen diese Deformationen dann immer größere Ausmaße an, wie die Daten offenbarten.

„Dass die Brücke in einem schlechten Zustand war, wurde bereits vielfach berichtet. Wir haben nun jedoch zum ersten Mal die Verformungen dokumentiert, die dem Kollaps vorausgingen“, konstatiert Giardina. „Diese Technik könnte in Kombination mit den bereits verfügbaren Monitoringmethoden viel Gutes bewirken.“

Auch für Straßen und Gebäude

Nicht nur für Brücken könnte das neue Frühwarnsystem künftig eingesetzt werden, wie die Forscher betonen. Auch Straßen oder Gebäude lassen sich mit der Technik überwachen – so könnte man beispielsweise Schäden erkennen, die durch Untergrundarbeiten wie dem Tunnelbau entstehen. „Während solcher Projekte könnte unsere Methode zusätzliche Informationen darüber liefern, ob alles nach Plan verläuft“, schließt Giardina. (Remote Sensing, 2019; doi: 10.3390/rs11121403)

Quelle: University of Bath

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