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Technik

Lithium-Abbau: Bald auch in Deutschland?

Neue Methode ermöglicht Lithiumgewinnung aus dem Tiefenwasser des Oberrheingrabens

Lithium
"Weißes Gold": Lithium ist für gängige Akkus unverzichtbar, doch bisher muss Deutschland diesen Rohstoff fast komplett importieren. © KIT/ Amadeus Bramsiepe

Verborgener Rohstoff: Im Tiefenwasser des Oberrheingrabens ist genug Lithium gelöst, um jährlich mehrere tausend Tonnen dieses wichtigen Akku-Rohstoffs zu fördern. Jetzt haben Forscher eine Methode entwickelt, um diese Ressource nachhaltig und kostengünstig zu erschließen. Dabei wird dass Lithium aus dem Wasser extrahiert, das am Oberrhein ohnehin schon durch Geothermie-Anlagen an die Oberfläche gepumpt wird.

Ob Handy, Notebook, Elektroauto oder die Elektronik von Flugzeugen – Lithiumionen-Akkus sind für die heutige Technik unverzichtbar. Entsprechend stark nimmt der weltweite Verbrauch des Batterie-Rohstoffs Lithium zu – Trend immer weiter steigend. Einer Schätzung zufolge könnte die Lithium-Nachfrage schon im Jahr 2035 die jährliche Produktionsrate um das Vierfache übersteigen.

Salar de Atacama
Der Salzsee Salar de Atacama in Chile beherbergt 27 Prozent der weltweiten Lithium-Reserven. Der Abbau verursacht jedoch erhebliche Umweltprobleme. © gemeinfrei

Bisher stammen rund 80 Prozent der globalen Lithiumproduktion aus Chile, Argentinien und Australien. In Südamerika liefern ausgedehnte Salzseen den begehrten Rohstoff, in Australien wird das Lithium aus Gesteinsformationen abgebaut. Deutschland hingegen muss einen Großteil des benötigten Lithiums importieren.

Lithium-Reservoir im oberrheinischen Tiefenwasser

Doch das könnte sich ändern. Denn auch hierzulande gibt es Lithium-Vorkommen, wenngleich diese tief unter der Erdoberfläche verborgen sind. Das „weiße Gold“ ist in salzigem Thermalwasser gelöst, das in tiefen Gesteinslagen unter dem Oberrheingraben kursiert. „Nach unseren Kenntnissen können es bis zu 200 Milligramm pro Liter sein“, berichtet Geowissenschaftler Jens Grimmer vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

Insgesamt schätzt er, dass mehrere tausend Tonnen an Lithium pro Jahr auf deutscher und französischer Seite des Oberrheingrabens gefördert werden könnten. „Wenn wir dieses Potenzial konsequent nutzen, dann könnten wir in Deutschland einen erheblichen Teil unseres Bedarfs decken“, sagt der Forscher. Bisher jedoch fehlte eine Methode, mit der sich diese Ressource kostengünstig, umweltschonend und nachhaltig erschließen lässt.

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Gewinnung an Geothermie-Anlagen

Ein solches Verfahren haben Grimmer und seine Kollegin Florencia Saravia nun entwickelt und bereits zum Patent angemeldet. Kern des Verfahrens ist die Nutzung von Geothermie-Anlagen, die im Oberrhein-Graben ohnehin schon große Mengen an Tiefenwasser an die Oberfläche fördern. Pro Jahr strömen dort bis zu zwei Milliarden Liter Thermalwasser zur Strom- und Wärmegewinnung durch die Leitungen. Diese Infrastruktur wollen die Forscher nutzen, um diesem Wasser sein Lithium zu entziehen.

„Dabei werden in einem ersten Schritt die Lithiumionen aus dem Thermalwasser herausgefiltert und in einem zweiten Schritt weiter konzentriert, bis Lithium als Salz ausgefällt werden kann“, erklärt Grimmer. Auf diese Weise kann das Lithium im Thermalwasserzyklus der Geothermie-Anlage kontinuierlich extrahiert werden und liegt innerhalb weniger Stunden als Lithiumsalz vor. Auch weitere seltene und werthaltige Elemente wie Rubidium oder Cäsium könne mit diesem Verfahren aus dem Thermalwasser extrahiert werden, wie die Forscher berichten.

Nachhaltiger als bestehende Gewinnungsmethoden

Ein weiterer Vorteil: Weil das Thermalwasser nach Gebrauch wieder in den Untergrund zurückgeleitet wird, werden keine schädlichen Stoffe freigesetzt und auch die geothermische Strom- und Wärmeproduktion wird nicht gestört. Im Gegensatz zum klassischen Bergbau falle kaum Abraum an und der Flächenverbrauch sei minimal, so Grimmer und Saravia. Da die technisch-energetischen Möglichkeiten einer Geothermie-Anlage genutzt werden, sei auch die CO2-Bilanz besser als bei den herkömmlichen Verfahren.

„Wir exportieren viele Umweltprobleme in Drittländer, um unseren Lebensstandard aufrechtzuerhalten und zu verbessern. Mit diesem Verfahren können wir unserer Verantwortung gerecht werden und wichtige Rohstoffe für moderne Technologien umweltverträglich vor der eigenen Haustür gewinnen“, sagt Saravia. „Darüber hinaus können wir regionale Wertschöpfungsketten aufbauen, Arbeitsplätze schaffen und gleichzeitig geopolitische Abhängigkeiten reduzieren.“

Nächster Schritt ist eine Pilotanlage

Die beiden Wissenschaftler sind bereits dabei, gemeinsam mit Partnern aus der Industrie eine erste Testanlage zur Lithium-Gewinnung zu entwickeln. Sie soll in einer Geothermie-Anlage im Oberrheingraben aufgebaut werden und zunächst einige Kilogramm Lithiumkarbonat beziehungsweise Lithiumhydroxid gewinnen. Wenn diese Versuche erfolgreich sind, ist der Bau einer Großanlage geplant. Eine solche Anlage könnte mehrere hundert Tonnen Lithiumhydroxid pro Jahr pro Geothermie-Anlage fördern.

Quelle: Karlsruher Institut für Technologie

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