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Technik

Forscher durchleuchten Chiffriermaschinen

Computertomografie zeigt Innenleben von historischen und neuen Verschlüsselungsgeräten

Enigma
Die Chiffriermaschine Enigma und ein Röntgenbild ihres Innenlebens. © Deutsches Museum/Konrad Rainer, Fraunhofer IIS

Geheimes Innenleben enttarnt: Eine Spezial-Computertomografie soll das geheime Innenleben von Chiffriermaschinen wie der historischen Enigma, aber auch von neueren Verschlüsselungsgeräten offenlegen. Weil diese Geräte oft speziell verschlossen wurden, ist ihre Technik nicht zerstörungsfrei zugänglich. Wie die Chiffriermaschinen im Detail funktionierten, soll daher nun die Durchleuchtung zeigen. Auch subtile Unterschiede verschiedener Bautypen könnten so geklärt werden.

Das Innenleben von Chiffriermaschinen gehört zu den bestgehüteten Geheimnissen überhaupt. Denn diese Geräte bilden die Basis für die geheime Kommunikation von Militär, Geheimdiensten, aber auch Banken. Im Zweiten Weltkrieg waren die legendäre Enigma der Nazis und ihr lange als unknackbar geltender Code sogar kriegsentscheidend: Erst das Entschlüsseln dieses Codes durch die britischen Kryptografen um Alan Turing sicherte den Alliierten den Sieg im U-Boot-Krieg auf See.

Innenleben oft unbekannt

Zwar weiß man von der Enigma heute relativ gut, wie sie funktionierte, doch bei vielen anderen historischen und neueren Chiffriermaschinen sieht dies anders aus. „Manche Chiffriergeräte sind verschweißt oder sogar mit einer rätselhaften Masse gefüllt, die dafür sorgt, dass das Innenleben der Maschine zerstört wird, wenn man das Gehäuse öffnet“, erklärt Carola Dahlke vom Deutschen Museums in München.

Dadurch ist das Innenleben vieler heute nur noch als Museums-Exponate erhaltener Chiffriergeräte unbekannt – man möchte die einzigartigen Relikte nicht zerstören. Und auch neuere Verschlüsselungsgeräte bergen noch einige Geheimnisse. Dahlke und ihr Team nutzen deshalb nun modernste Röntgentechnik, um 60 Chiffriermaschinen aus den letzten gut 100 Jahren zu duchleuchten. „Wir versprechen uns von diesem Forschungsprojekt neue Erkenntnisse über die Konstruktion der Chiffriergeräte und ihre Funktionsweise“, so die Forscherin.

Zu fünft im Mega-Scanner

Zum Einsatz kommt dafür eine spezieller Computertomograf am Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik EZRT in Fürth. Dort steht in einer Halle einer der größten und leistungsstärksten Tomografen der Welt. Die Anlage wurde bereits verwendet, um Tyrannosaurier-Schädel, ganze Autos nach Crashtests oder Maschinenbauteile zu untersuchen. Die im Scanner eingesetzte Röntgenquelle ist viel stärker als bei einem medizinischen CT-Gerät.

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„Das ist nötig, da die Objekte zu einem großen Teil aus Metall bestehen und für konventionelle Röntgenröhren damit schwer zu durchdringen sind“, erklärt Nils Reims vom EZRT. Um die Chiffriergeräte zu durchleuchten, werden jeweils fünf von ihnen gleichzeitig auf den Drehtellern des Scanners positioniert. „Am Ende der Scans werden wir 3D-Modelle von allen 60 Chiffriergeräten haben, die aus einer Zeitspanne von den 1870er-Jahren bis in die 1990er-Jahre stammen, erklärt Matthias Göggerle vom Forschungsinstitut des Deutschen Museums.

Jedes dieser 3D-Modelle setzt sich aus tausenden Röntgenbildern zusammen. Man kann das virtuelle Chiffriergerät dadurch aus jeder denkbaren Perspektive anschauen, drehen, ins Innere zoomen und einzelne Bauteile sogar digital herausnehmen. „Mit solchen 3D-Modellen kann man zum Beispiel auch millimetergenaue Nachbauten der Enigma und anderer Chiffriergeräte anfertigen“, so Dahlke.

Hagelin
Von dem im Kalten Krieg eingesetzten Chiffriergerät Hagelin CX52 gab es mehrere Versionen – äußerlich aber waren sie gleich.© Rama / Wikimedia Commons, CC-by-sa 2.0

Enigma, Schlüsselgerät 41 und die Hagelin CX52

Dank dieser Durchleuchtung sollen die 60 Verschlüsselungsgeräte auch die letzten Geheimnisse ihrer Konstruktion preisgeben. Unter den Objekten ist neben der berühmten Enigma auch ihr weniger bekannter Nachfolger, das Schlüsselgerät 41. „Unser Schlüsselgerät 41 war ja ein Bodenfund“, erläutert Dahlke. „Das Chiffriergerät hat nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs rund 70 Jahre in der feuchten Erde gelegen und wir wissen nicht, wie sein Inneres ausschaut.“

Ebenfalls mit Spannung erwartet wird der Einblick in das Innenleben der Chiffriermaschinen vom Typ Hagelin CX52. Diese ab 1952 produzierten Verschlüsselungsgeräte wurden während des Kalten Krieges in vielen westlichen Ländern eingesetzt. Im Jahr 2020 stellte sich jedoch heraus, dass der Hersteller Maschinen mit unterschiedlich hohen Sicherheitsstandards produziert hatte. Die weniger sicheren Varianten erlaubten es dem US-Geheimdienst, vermeintlich sicher verschlüsselte Nachrichten anderer Länder mitzulesen.

„In der Sammlung des Deutschen Museums sind allein vier Chiffriergeräte des skandalumwitterten Hagelin-Modells CX52 – es wäre sehr spannend, hier Unterschiede in der Mechanik zu finden“, sagt Dahlke.

Quelle: Deutsches Museum

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