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Chemie

Diesel und Co: Bald bessere Katalysatoren?

Neuentdeckte Reaktion im Katalysator könnte Abgasreinigung bei Kälte effektiver machen

Gängige Katalysatoren arbeiten erst bei höheren Temperaturen effektiv - doch das könnte sich künftig ändern. © olando/ iStock.com

Bald bessere Abgasreinigung? US-Forscher haben in gängigen Auto-Katalysatoren eine bisher unerkannte Reaktion entdeckt. Sie könnte dabei helfen, die Entfernung von Stickstoffdioxid aus dem Autoabgas zu optimieren. Vor allem aber könnte sie die Abgasreinigung künftig auch bei kühleren Temperaturen effektiv machen, so die Forscher im Fachmagazin „Science“. Denn bisher funktioniert dies beim Kaltstart und im Winter kaum – selbst ohne die Abschaltautomatik.

Am dreckigsten ist der Start: Egal ob Diesel oder Benziner, bei den meisten Autos funktioniert der Katalysator erst dann richtig, wenn er heiß genug ist. Erst bei Temperaturen von rund 250 Grad laufen die chemischen Reaktionen im Katalysator effektiv genug ab, um beispielsweise Stickstoffdioxid in Anwesenheit von Ammoniak zu Wasserdampf und Stickstoff abzubauen.

Das bedeutet: In den ersten 30 Sekunden nach dem Kaltstart stößt ein Auto so viele Schadstoffe aus, wie bei einer hunderte Kilometer langen Fahrt. Im Herbst und Winter ist die Effektivität des Katalysators durch die Kälte ebenfalls verringert – selbst wenn die Fahrzeuge nicht ohnehin ihre Abgasreinigung bei diesen Temperaturen abschalten würden.

Blick in den Zeolith-Katalysator

Doch für dieses Kälteproblem gibt es jetzt vielleicht eine Lösung: Christopher Paolucci von der University of Notre Dame in Indiana und seine Kollegen haben in gängigen Katalysatoren eine zuvor unbekannte Reaktion entdeckt, die die Abgasreinigung auch bei Kälte optimieren könnte. Sie hatten die atomaren Vorgänge bei der sogenannten selektiven katalytischen Reduktion von Stickoxiden mittels Röntgen-Synchrotron-Strahlung und Computermodellen untersucht.

Typischerweise besteht der Katalysator für die Stickoxid-Beseitigung aus einem Gerüst aus kristallinem Zeolith, einer Aluminium-Silikatverbindung. Dieses Kristallgerüst enthält winzige, rund einen Nanometer kleinen Poren, die mit Kupferatomen gefüllt sind. Sind die Temperaturen hoch genug, werden diese Kupferatome freigesetzt und katalysieren die Reaktion von Ammoniak mit Stickstoffdioxid zu Stickstoff und Wasserdampf.

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Bei der neuentdeckten Reaktion bilden Kupferpaare einen Komplex mit Sauerstoff und stoßen so die Reinigungsreaktion an. © Purdue University/ Maureen Lifton

Kupferpaare als entscheidende Akteure

Jetzt haben die Forscher entdeckt, dass bei genügend dichter Anordnung der Kupferatome eine zuvor unbekannte Variante dieser Reaktion abläuft – und sie ist schon bei niedrigeren Temperaturen effektiv. „Dabei sind die Kupferatome weder komplett getrennt noch mobil, sondern sie können reversible Paare bilden“, berichtet Koautor Rajamani Gounder von der Purdue University.

Diese Kupferpaare koppeln sich mit Sauerstoffmolekülen und aktivieren sie dadurch. Dieser Komplex reagiert dann wiederum mit dem Ammoniak und leitet die Katalysereaktion ein. „Der Grund, warum das Ganze funktioniert, ist, dass diese Kupferatome im Tandem arbeiten um diesen schwierigen Schritt im Reaktionsmechanismus durchzuführen“, erklärt Gounder.

Abgasreinigung kann verbessert werden

Das Entscheidende dabei: Diese Reaktion läuft bereits bei Temperaturen unter 200 Grad Celsius ab – und damit in einem Temperaturbereich, bei dem normale Katalysatoren bisher kaum effektiv sind. Wenn man künftig die Verteilung des Kupfers im Zeolith-Gerüst so optimieren würde, dass diese Niedrigtemperatur-Reaktion begünstigt wird, könnte dies die Abgasreinigung deutlich verbessern, so die Forscher.

„Diese bisher unerkannte Reaktion liefert uns wertvolle Hinweise darauf, wie wir die Katalysatoren verbessern können“, erklärt Koautor William Schneider von der University of Notre Dame. „Diese Reaktion zur Abgasreinigung ist daher von großer Bedeutung für die Umwelt.“

Bedeutsam sei dies auch deshalb, weil künftige effektivere Motoren auch im laufenden Betrieb weniger heiß sein werden. „Wir benötigen daher Katalysatoren, die auch unter dauerhaften niedrigeren Abgastemperaturen besser arbeiten“, so Schneider. (Science, 2017; doi: 10.1126/science.aan5630)

(Science/ Purdue University, 18.08.2017 – NPO)

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