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Medizin

Gehtempo verrät unser biologisches Alter

Langsamer Gang mit 45 Jahren deutet auf beschleunigte Alterung hin

Gang
Unser Gehtempo im Alltag kann verraten, wie hoch unser biologisches Alter ist – sowohl körperlich wie geistig. © ozgurdonmaz/ iStock.com

Verräterischer Gang: Wie stark wir biologisch gealtert sind, lässt sich offenbar an unserem Gangtempo ablesen. Demnach sind 45-Jährige mit eher langsamem Schritt körperlich und geistig rund fünf Jahre älter als schnell gehende Altersgenossen, wie nun eine Studie nahelegt. Die Unterschiede zeigen sich dabei sowohl an den Organen als auch am Immunsystem, den Zähnen und dem Gehirn. Auch mit der Intelligenz scheint es eine Verbindung zu geben: Menschen mit höherem IQ laufen im Schnitt schneller.

Unser Alter entspricht nicht unbedingt dem, was in unserem Ausweis als Geburtsdatum steht. Denn je nach Veranlagung, Lebenswandel und Krankheitsgeschichte kann unser biologisches Alter um mehrere Jahre von unserem chronologischen Alter abweichen. Erkennbar ist dies bei Tests der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, aber auch bestimmte Biomarker können das wahre Alter unseres Körpers und unserer Organe verraten.

Was der Gang verrät

Doch wie sich nun zeigt, könnte schon ein verblüffend simpler Anzeiger einen ersten Anhaltspunkt auf unser wahres Alter geben: unser Gang. „Das Gehtempo wird im geriatrischen Umfeld schon länger als schnelle, einfache und verlässliche Methode genutzt, um die funktionellen Fähigkeiten eines älteren Menschen einzuschätzen“, erklären Line Rasmussen von der Duke University und ihre Kollegen. Ob jedoch das Gehtempo auch schon bei jüngeren Menschen etwas über das biologische Alter aussagen kann, war bislang unklar.

Deshalb haben Rasmussen und ihr Team dies nun für gut 900 45-jährige Männer und Frauen untersucht, die im Rahmen einer neuseeländischen Studie von Geburt an regelmäßig untersucht worden waren. Alle Teilnehmer sollten auf einem Laufband zunächst normal gehen, dabei eine Denkaufgabe lösen und dann ihr maximales Gehtempo ohne zu rennen demonstrieren.

Zusätzlich untersuchten die Forscher bei ihren Probanden 19 Biomarker für das körperliche Alter, darunter verschiedene Blutwerte, den Zahnzustand, die Herzleistung und das Atemvolumen. Die geistige Fitness wurde mithilfe eines Intelligenztests geprüft, außerdem unterzogen sich alle Teilnehmer einem Hirnscan.

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Langsamgeher sind älter – in Körper und Gehirn

Tatsächlich fanden die Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen dem Gehtempo der 45-Jährigen und ihrem biologischen Alter. „Ein langsamer Gang war mit einem schlechteren physischen Zustand im mittleren Alter verbunden“, berichten Rasmussen und ihre Kollegen. „Die Teilnehmer mit dem langsamsten Gang waren in den letzen 20 Jahren im Schnitt um fünf Jahre schneller gealtert als die Teilnehmer mit dem schnellsten Gehtempo.“ Dies zeigte sich sowohl in Stoffwechselmarkern als auch im Zustand der inneren Organe, den Zähnen oder der Muskelkraft.

Doch nicht nur das: Interessanterweise erlaubte das Gehtempo auch Rückschlüsse auf die geistige Fitness und die Alterung des Gehirns. Die Teilnehmer, die langsamer gingen, hatten ein kleineres Hirnvolumen, eine geringere Dicke der Hirnrinde und mehr Schädigungen in der Weißen Hirnsubstanz, wie die Hirnscans enthüllten. „Diese Hirnmerkmale sind bekanntermaßen mit den kognitiven Leistungen verknüpft“, erklären die Forscher. Tatsächlich schnitten die Langsamgeher in IQ-Tests im Schnitt 16 Punkte schlechter ab als die Schnellgeher.

Chance zum rechtzeitigen Wandel

Warum sich das biologische und auch geistige Alter so überraschend deutlich im Gehtempo manifestiert, ist bisher unklar. „Das Verblüffende daran ist, dass es hier um erst 45 Jahre alte Menschen geht, nicht um die geriatrischen Patienten, die normalerweise daraufhin getestet werden“, sagt Rasmussen. Gleichzeitig könnte dies auch eine Chance sein, frühzeitig einzugreifen und die beschleunigte Alterung wieder abzubremsen – beispielweise durch eine Änderung der Lebensweise.

„Das Gehtempo könnte ein nützlicher Indikator sein, wenn es darum geht, den Ausbruch altersbedingter Erkrankungen zu vermeiden“, sagen die Forscher. „Denn es wird immer klarer, dass es einfacher ist, altersbedingten Schäden vorzubeugen statt sie zu beheben.“ (JAMA Network Open, 2019; doi: 10.1001/jamanetworkopen.2019.13123)

Quelle: Duke University

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