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Medizin

Erkältung: Warum zäher Schleim den Erregern hilft

Bakterien koordinieren sich in zähflüssigem Schleim zu infektiösen „Schwärmen“

Erkältung
Bei einer Erkältung sollten wir darauf achten, den Schleim nicht zu zäh werden zu lassen. © Vladans/ iStock

Schleimiges Übel: Wenn unser Schleim bei einer Erkältung besonders zähflüssig ausfällt, ist das günstig für die Krankheitserreger. Denn der zähe Schleim hilft den Bakterien dabei, sich in unserem Körper auszubreiten, wie Forscher nun herausgefunden haben. Demnach organisieren sich die Erreger mithilfe des zähen Schleims zu Schwärmen und verbreiten die Infektion so effektiver. Es lohnt sich daher, den eigenen Schleim während einer Erkältung möglichst wässrig zu halten, etwa indem man viel trinkt oder mit Wasserdampf inhaliert.

Schleim ist für unseren Körper lebenswichtig, weshalb wir täglich große Mengen davon produzieren. Er hält zum Beispiel unsere Schleimhäute feucht und ermöglicht uns so das Atmen und Schlucken. In Form einer Schutzschicht auf Zellen und Gewebe schützt Schleim uns außerdem vor Krankheitserregern wie Bakterien, Pilzen und Viren. Deswegen produziert unsere Nasen- und Bronchienschleimhaut auch während einer Erkältung übermäßig viel Schleim. Er soll die Erreger einfangen und wegschwemmen.

Schwimmtest im Schleimbad

Der Erkältungsschleim funktioniert dabei wie eine Köderfalle. Da die Erreger ihn bevorzugt ansteuern und als Wirtsmaterial nutzen, reichern sie sich darin an. Husten beziehungsweise schnäuzen und niesen wir den Schleim dann aus, werden wir mit ihm auch einige Bakterien und Viren los und reduzieren so unsere Keimlast. Doch wenn der Schleim in Atemwegen und Nebenhöhlen überhandnimmt, kann dieser Trick auch nach hinten losgehen, wie Wentian Liao und Igor Aranson von der Pennsylvania State University herausgefunden haben. 

Für ihre Studie hatten die Forscher untersucht, wie sich Bakterien in Schleim verhalten und ausbreiten. Dafür injizierten sie das Bakterium Bacillus subtilis in zwei verschiedene Schleimvarianten: synthetischen Schweinemagen-Schleim sowie natürlichen Schleim aus dem Rinderzervix. Dann beobachteten sie mithilfe von mikroskopischen Bildgebungsverfahren, wie sich die Bakterien in den beiden zähflüssigen Schleimarten fortbewegten. Diesen „Schwimmtest“ führten Liao und Aranson außerdem in unterschiedlich wässrigen Lösungen des Polymers Polyvidon durch, um herauszufinden, ob das Verhalten der Bakterien von der Zähflüssigkeit des Schleims abhängt.

Zäher Schleim lässt Bakterien „schwärmen“

Das Ergebnis: Wenn sich die Bakterien in zähem Schleim befinden, richten sie sich wie kleine Kompassnadeln in ähnliche Richtungen aus und koordinieren sich so zu großen „Schwärmen“, wie die Forscher berichten. In den wässrigen Lösungen beobachteten Liao und Aranson dieses Verhalten hingegen nicht. Sie gehen davon aus, dass sich Bakterien in menschlichen Körperflüssigkeiten ähnlich bewegen.

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Bakterien bewegen sich in Schwärmen durch zähen Erkältungsschleim.© Penn State University

Für den Fall einer Erkältung mit zähflüssiger Schleimbildung würde das bedeuten: „Der zähe Schleim könnte die Geschwindigkeit beschleunigen, mit der Bakterien die Schleimschutzbarriere durchdringen und inneres Gewebe infizieren“, so Aranson. Produzieren wir demnach bei einer Erkältung besonders zähflüssigen Schleim, sorgt das nicht nur für eine verstopfte Nase und Atemprobleme, sondern womöglich auch für heftigere und langanhaltendere Infektionen, weil wir den Erregern damit einen optimalen Nährboden bescheren.

Es ist daher ratsam, den eigenen Schleim während einer Erkältung möglichst flüssig zu halten, indem man zum Beispiel viel trinkt oder mit Wasserdampf inhaliert.

Trampelpfade im Schleim

Doch wieso hat der zähe Schleim einen solchen schwarmbildenden Effekt auf Bakterien? Entscheidend für das Phänomen sind zwei Schleim-Eigenschaften, wie Liao und Aranson erklären. Während seine Elastizität die Länge der Bahnen streckt, auf denen die Bakterien sich (zufällig) in dieselbe Richtung bewegen, erhöht die Zähflüssigkeit (Viskosität) die Dauer, die die Bakterien auf diesen Routen verbringen.

Dass sich die Bakterien dabei so synchron ausrichten, hat wiederum damit zu tun, dass sie das elastische Schleim-Polymer-Netzwerk, durch das sie schwimmen, dehnen und neu ausrichten. So schaffen sie „Trampelpfade“ für die ihnen nachfolgenden Erreger, wie die Forscher berichten. (PNAS Nexus, 2023; doi: 10.1093/pnasnexus/pgad291

Quelle: Penn State

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