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Medizin

Corona-Impfstoff: mRNA-Vakzin wirkt

Neuartiger mRNA-Impfstoff von BioNTech schützt zu 90 Prozent vor Covid-19

Corona-Impfstoff
Ein mRNA-Impfstoff gegen Covid-19 hat sich in einer Phase-3-Studie als zu 90 Prozent wirksam erwiesen – das ist ein sehr hoher Wert. © kovop58/ iStock.com

Erwartungen übertroffen: Der Corona-Impfstoff der Unternehmen BioNTech und Pfizer ist zu mehr als 90 Prozent effektiv – er schützt neun von zehn Geimpften gegen Covid-19, wie erste Zwischenergebnisse der Phase-3-Studie mit gut 43.500 Probanden nahelegen. Damit liegt die Wirksamkeit des neuartigen mRNA-Vakzins deutlich höher als erwartet. Bestätigt sich dies, dann könnte noch im November ein Antrag auf Notfallzulassung bei der US-Behörde FDA erfolgen.

Update 18.11.: Inzwischen wurden die Ergebnisse für 170 im Rahmen der Phase-3-Studie aufgetretene Covid-19-Fälle ausgewertet. Demnach waren 162 davon in der Placebogruppe und acht ni der Impfstoffgruppe. Daraus ergibt sich nun sogar eine Wirksamkeit der Impfung von 95 Prozent, wie BioNTech und Pfizer mitteilen. Auch in der Altersgruppe der über 65-Jährigen lag die Effektivität des Impfstoffs bei 94 Prozent – was gerade für den Schutz dieser Risikogruppe wichtig ist.

Im Rennen um den ersten Impfstoff gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 hatten bislang vor allem „klassische“ Vakzinen die Nase vorn – Impfstoffe, bei denen ein Trägervirus Virenbestandteile oder deren Bauanleitung in die Zellen einschleust. Auch der wegen seiner verfrühten Zulassung kritisierte russische Impfstoff „Sputnik“ beruht auf diesem Prinzip. In China sind zudem einige Impfstoff-Kandidaten im Test, die abgetötete Coronaviren oder Teile ihrer Proteine enthalten.

Wie funktioniert ein mRNA-Impfstoff?

Einen ganz neuen Ansatz verfolgen dagegen die mRNA-Impfstoffe, zu denen auch das von der deutschen Firma BioNTech zusammen mit dem Pharmakonzern Pfizer entwickelte Vakzin gehört. Sie bestehen aus einer Boten-RNA, die die Bauanleitung für Teile des viralen Spike-Proteins trägt. Diese mRNA wird von unseren Zellen ausgelesen und diese produzieren daraufhin das Virus-Protein, zu dem dann das Immunsystem passende Antikörper bildet.

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Der Vorteil: Man muss keine Impfviren züchten und die mRNA kann in Laboren schnell und in großen Mengen aus chemischen Ausgangsstoffen hergestellt werden. Daher könnten von einem mRNA-Impfstoff schnell viele Impfdosen verfügbar sein. Zurzeit sind weltweit drei mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 im Test, einer von der US-Firma Moderna, einer von BioNTech und Pfizer sowie ein weiterer vom deutschen Biotechunternehmen Curevac.

BioNTech-Impfstoff erreicht Wirksamkeit von 90 Prozent

Jetzt haben BioNTech und Pfizer erste Zwischenergebnisse ihrer am 27. Juli 2020 begonnenen Phase-3-Studie veröffentlicht. An dieser haben bisher 43.538 Probanden teilgenommen, die entweder den BNT162b2-Impfstoff oder aber ein Placebo bekommen haben. Sieben Tage nach der Erstimpfung folgt dabei eine zweite Dosis. Bis zum 8. November haben 38.955 Teilnehmer diese Zweitimpfung erhalten. Insgesamt sind im Rahmen der Studie bisher 94 Corona-Infektionen aufgetreten.

Die Verteilung der Corona-Fälle auf die Gruppen ermöglichte es einem unabhängigen, externen Bewertungsgremium, die Wirksamkeit des Impfschutzes zu ermitteln. Demnach liegt die Impfstoff-Wirksamkeit nach Gabe der zweiten Dosis bei mehr als 90 Prozent, wie BioNTech mitteilt. Neun von zehn Geimpften sind demnach durch die Vakzine vor Covid-19 geschützt. Diese Schutzwirkung werde schon 28 Tage nach der Erstimpfung erreicht.

„Die erste Zwischenanalyse unserer globalen Phase-3-Studie weist darauf hin, dass der Impfstoff Covid-19 verhindern kann. Dies ist ein Sieg für die Innovation, Wissenschaft und weltweite Zusammenarbeit“, sagt Ugur Sahin, Mitbegründer und CEO von BioNTech.“„Als wir uns vor zehn Monaten auf diese Reise begaben, war es genau das, was wir erreichen wollten.“

Positive Reaktionen auch von der Fachgemeinde

Zwar sind dies nur Zwischenergebnisse, die noch nicht in einem Fachjournal publiziert wurden. Dennoch werten viele Mediziner und Virologen diese schon jetzt als sehr positiv – vor allem angesichts der hohen Wirksamkeit: „Dies ist bemerkenswert, da viele laufende Impfstudien zu Covid-19 derzeit lediglich eine Erfolgsquote von mindestens 50 Prozent voraussetzen“, kommentiert Clemens Wendtner, Leiter der Infektiologie an der München Klinik Schwabing. Das sei ein Silberstreifen an dem sonst so düsteren Horizont.

Ebenfalls positiv sieht Leif-Erik Sander, Leiter der Impfstoffforschung an der Berliner Charité, die Ergebnisse:  „Sollte sich dieser Trend in den Daten fortsetzen, das heißt ein Schutz von über 90 Prozent der Geimpften, wäre dies eine unerwartet hohe Impfeffizienz, die mit vielen der routinemäßig eingesetzten Impfstoffe, wie zum Beispiel gegen Influenza, nicht erreicht wird“, so SAnder. „Dies ist umso erstaunlicher, als mit der mRNA-Technologie noch nie in ein Impfstoff zugelassen wurde.“

Ähnlich sieht es sein Kollege Gerd Fätkenheuer von der Uniklinik Köln: „Das sind großartige und vielversprechende Daten. Es ist unglaublich, dass in so kurzer Zeit dieser Fortschritt mit Entwicklung eines Impfstoffes und klinischer Prüfung innerhalb weniger Monate erzielt werden konnte. Die bisherigen Ergebnisse zu Wirksamkeit und Sicherheit sind hervorragend.“

Es gibt aber noch offene Fragen

Noch allerdings sind einige Fragen offen. So geht aus den Angaben von BioNTech nicht hervor, ob der Impfstoff auch bei älteren Probanden diese hohe Effektivität erzielte. Gerade bei diesen Menschen aber ist ein wirksamer Schutz vor Covid-19 besonders wichtig. Zudem ist wegen der kurzen Dauer der Studie noch unbekannt, wie lange der Impfschutz durch das BNT162b2-Vakzin anhält. Und auch, ob Geimpfte trotzdem das Coronavirus in sich tragen und womöglich andere anstecken können, ist nicht geklärt.

Unter anderem deshalb wird die Phase-3-Studie fortgesetzt. „Wir werden weiterhin zusätzliche Daten sammeln, während der Prozess für eine abschließende Analyse fortgesetzt wird“, erklärt Sahin. „Diese ist geplant, wenn insgesamt 164 bestätigte Covid-19-Fälle aufgetreten sind.“ Zu diesem Zeitpunkt – wahrscheinlich in der dritten Novemberwoche – wollen BioNTech und Pfizer einen Antrag für die Notfallzulassung ihres Impfstoffs bei der US-Zulassungsbehörde FDA einreichen.

„Wenn dieser Schritt erfolgen wird, könnte in der Tat bereits Ende 2020 eine Impfwelle anrollen“, sagt Wendtner. Parallel dazu wird jedoch weiter ausgewertet, wie gut und sicher die Impfung auch nach längerer Zeit noch ist. Die Probanden werden dafür noch zwei Jahre lang regelmäßig untersucht. Zusätzlich wollen die Forscher herausfinden, ob die Impfung auch bereits infizierte Personen vor dem Ausbruch von Covid-19 schützen kann. Das aktuelle Studienprotokoll ist im Internet einsehbar.

50 Millionen Dosen bis Ende 2020

Sollten sich die positiven Ergebnisse bestätigen, dann könnte dieser Impfstoff zu den ersten gehören, die weltweit in großem Maßstab zum Einsatz kommen. „Die übergeordnete Botschaft ist, dass ein völlig neues Impfprinzip auf der Basis von passgenauen mRNA-Impfstoffen erstmalig seine Effektivität bewiesen hat und bewährte Strategien auf der Basis von aufwändigen Virusvektoren oder ähnlichem damit in den Hintergrund rücken“, kommentiert Wendtner.

Nach Angaben von BioNTech und Pfizer sollen bis Ende des Jahres 2020 rund 50 Millionen Impfdosen des BNT162b2-Vakzins produziert werden. 2021 sollen es dann 1,3 Milliarden sein.

Quelle: BioNTech, Science Media Centre

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