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Physik

Zeitreisen ohne Paradox möglich

Mathematiker finden eine Lösung für das Großvaterparadoxon

Zeitreise
Im Film sind Zeitreisen in die Vergangenheit machbar, aber wie vermeidet man das Großvaterparadoxon? © JMortonPhoto.com & OtoGodfrey.com

Verbotene Eingriffe: Zeitreisen führen gängiger Annahme nach zu kausalen Paradoxa – zu physikalisch unmöglichen Veränderungen der Zeitlinie. Doch es gibt eine Lösung, wie nun zwei Mathematiker entdeckt haben. Demnach sorgt eine Art Rekalibrierung verknüpfter Ereignisse automatisch dafür, dass alle Aktionen eines Zeitreisenden dennoch zum selben Endergebnis führen. Zumindest mathematisch lässt sich das „Großvaterparadoxon“ demnach umgehen.

Technisch sind Zeitreisen unmöglich – und werden es möglicherweise immer bleiben. Doch rein physikalisch kann der stetige Fluss der Zeit ausgetrickst werden. Schon 1949 entdeckte der Mathematiker Kurt Gödel, dass Albert Einsteins Feldgleichungen unter bestimmten Voraussetzungen sogenannte geschlossene zeitartige Kurven (closed timelike curves, CTC) zulassen. Theoretisch erlauben sie das Zurückkehren eines Objekts in seine eigene Vergangenheit – mit anderen Worten eine Zeitreise.

Möglich wäre das beispielsweise durch ein Wurmloch, ein Schwarzes Loch, dessen enorme Gravitationswirkung die Raumzeit so stark krümmt, dass eine geschlossene Schleife entsteht.

Die Hürde des Großvaterparadoxons

Das Problem jedoch: Wenn Zeitreisen möglich sind, dann könnten kausale Paradoxa auftreten. Ein klassisches Beispiel ist das Großvaterparadoxon: Wenn ein Zeitreisender in der Vergangenheit seinen Großvater tötet, bevor dieser seinen Vater gezeugt hat, dürfte er selbst nie geboren werden. Der Zeitreisende existierte daher zu seiner Zeit gar nicht und könnte auch nicht zurückreisen. Die klassische Physik verbietet solche kausalen Paradoxa.

Ein anderes Beispiel: „Stellen Sie sich vor, Sie würden in der Zeit zurückreisen, um den Patient Null vor einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 zu bewahren“, sagt Germain Tobar von der University of Queensland. „Wenn dies gelänge, fände die Pandemie nicht statt und damit gäbe es auch keinerlei Motivation, diese Zeitreise überhaupt zu unternehmen.“

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In der Welt der Quantenphysik gibt es Schlupflöcher, die das Paradox auflösen, weil Teilchen dort von Wahrscheinlichkeiten regiert werden. Wäre der Großvater ein Photon, wäre er trotz seines Getötetwerdens in einem kleinen Teil seiner Wahrscheinlichkeitsverteilung noch lebendig. Doch in der klassischen Physik und damit der makroskopischen Welt galt das kausale Paradox als nicht lösbar.

Es gibt eine Lösung – zumindest in der Mathematik

Jetzt jedoch haben Tobar und sein Kollege Fabio Costa eine Möglichkeit gefunden, das kausale Paradox zu lösen – zumindest mathematisch. Den Schlüssel dazu lieferte eine Betrachtung , die sowohl das lokale Geschehen – die Tötung des Großvaters – als auch damit verknüpfte Ereignisse berücksichtigt. „Wenn multiple lokale Regionen in Gegenwart einer Zeitschleife miteinander kommunizieren, gibt es eine Reihe von Szenarien, die dem Akteur alle Handlungsfreiheit geben, ohne dass logische Inkonsistenzen wie das Großvaterparadox auftreten“, erklären die Forscher.

Anders ausgedrückt: Die verknüpften Ereignisse arrangieren sich neu und vermeiden so ein Paradox. „Die Bandbreite der mathematischen Prozesse, die wir entdeckt haben, zeigen, dass Zeitreisen mit einem freien Willen in unserem Universum möglich sind – ohne Paradox“, so Tobar. „Die Mathematik dafür ist stimmig.“ Der Zeitreisende kann demnach seinen Großvater töten und trotzdem in der Zukunft zur Welt kommen.

Die Ereignisse rekalibrieren sich

„Im Beispiel mit dem Patienten Null der Corona-Pandemie bedeutet das, dass Sie versuchen können, den Patienten vor der Infektion zu bewahren!“, erklärt Tobar. „Aber indem Sie dies tun, werden Sie selbst angesteckt und nun ihrerseits Patient Null oder aber ihre Handlung bewirkt die Infektion von jemand anderem. Das bedeutet: Die Pandemie würde beginnen, egal was Sie tun.“

Was auch immer der Zeitreisende tut: Als Ergebnis seiner Handlung rekalibrieren sich die Ereignisse einfach so, dass das Resultat im Endeffekt das gleich ist. Das Universum sorgt damit quasi von selbst dafür, dass die Zeitlinie gewahrt bleibt – indem es das Gleichgewicht der lokalen Prozesse verschiebt. Auf mathematischer Ebene könnte dieses Verhalten der Raumzeit das Großvaterparadoxon lösen.

Ob dies allerdings auch im realen Universum funktioniert, müsse nun noch untersucht werden, räumen die Forscher ein. (Classical and Quantum Gravity, 2020; doi: 10.1088/1361-6382/aba4bc)

Quelle: University of Queensland

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