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Physik

Sternenstaub im Antarktis-Schnee

Eisen-60-Isotop zeugt von Supernova in der solaren Umgebung

Kohnen-Station
In frischem Schnee unweit dieser Antarktis-Station haben Forscher erstmals das Isotop Eisen-60 entdeckt – eine Atomsorte, die in einer nahen Supernova entstanden sein muss. © Martin Leonhardt/ Alfred-Wegener-Institut

Supernova-Relikte im ewigen Eis: Im Schnee der Antarktis haben Forscher erstmals das seltene Isotop Eisen-60 nachgewiesen – eine Atomsorte, die bei der Explosion von Sternen entsteht. Dieser „Sternenstaub“ muss in den letzten 20 Jahren auf die Erde niedergegangen sein. Folglich könnte unser Planet momentan durch eine interstellare Gaswolke ziehen, die Überreste einer nahen Supernova enthält.

Fast alle chemischen Elemente, die wir heute kennen, entstanden einst im Inneren von Sternen oder bei deren Explosion. Dazu gehört auch das radioaktive Isotop Eisen-60 (60Fe). Da diese seltene Atomvariante eine Halbwertszeit von 2,62 Millionen Jahren besitzt, deutet der Fund dieses Eisen-Isotops darauf hin, dass sich vor astronomisch nicht allzu langer Zeit in der Umgebung eine Supernova ereignet haben muss.

Supernova-Relikt
Von Sternexplosionen bleiben nicht nur solche leuchtenden Gaswolken übrig wie hier zu sehen, auch das Isotop Eisen-60 ist ein Supernova-Relikt. © NASA/CXC/MIT/ L.Lopez et al., Palomar, NSF/NRAO/VLA

Tatsächlich sprechend bisherige Funde von Eisen-60 in Gesteinsschichten und Fossilien dafür, dass es vor 2,6 Millionen Jahren eine Supernova in nur 150 Lichtjahren Entfernung von der Erde gegeben haben könnte. Aus dem Nachweis dieses Eisen-Isotops in Meteoriten schließen Forscher zudem, dass sogar unser Sonnensystem durch den Einfluss einer nahen Sternexplosion entstanden ist.

Supernova-Teilchen sogar im Schnee

Jetzt gibt es einen weiteren Eisen-60-Fund – in der Antarktis. Das seltene Isotop fand sich dort nicht in urzeitlichen Gesteinen, sondern in frischem Schnee. 500 Kilogramm davon hatten Forscher an der antarktischen Kohnen-Station gesammelt und zur Isotopenanalyse nach Deutschland geschickt. Dort analysierten Dominik Koll von der Technischen Universität München und seine Kollegen die Schneeproben mithilfe der Beschleuniger-Massenspektrometrie.

Das überraschende Ergebnis: In den Proben fanden sich fünf Teilchen des seltenen Eisen-60-Isotops. Dies ist der erste Nachweis dieses Isotops in einer Schneeprobe, wie die Forscher berichten. Nähere Analysen bestätigten, dass dieses Isotop weder aus Atomwaffentests noch durch sekundäre Einwirkung kosmischer Strahlung entstanden ist. Stattdessen muss es aus einer Supernova-Explosion stammen.

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Ursprung in naher Nachbarschaft

Das Spannende jedoch: Der untersuchte Schnee ist nicht älter als 20 Jahre. Daher müssen diese kosmischen Supernova-Relikte erst in jüngster Vergangenheit über der Antarktis niedergegangen sein. Wie die Forscher erklären, kann das gefundene Eisen-Isotop aber nicht von weit entfernten Sternenexplosionen kommen, weil der Eisen-60-Staub in diesem Fall zu stark verdünnt worden wäre, um noch in nachweisbarer Menge auf der Erde zu landen.

Koll und seine Kollegen gehen deshalb davon aus, dass das Eisen-60 im antarktischen Schnee aus unserer unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft stammen muss. Demnach muss es dort vor nicht allzu langer Zeit eine Supernova gegeben haben, von der bis heute Staubreste vorhanden sind. Die Forscher vermuten diese Staubreste in einer der interstellaren Gaswolken, durch die unser Sonnensystem zurzeit hindurch fliegt.

Flug durch Gaswolke mit Supernova-Relikten

„Unser Sonnensystem ist vor etwa 40.000 Jahren in eine dieser Wolken eingetreten und wird sie in einigen tausend Jahren wieder verlassen“, sagt Kolls Kollege Gunter Korschinek. Sollte diese Gaswolke tatsächlich die Quelle der Eisen-60-Partikel sein, dann dürfte dieses Isotop erst in antarktischen Eisschichten auftauchen, die jünger sind als 40.000 Jahre. Ob das wirklich so ist, müssen nun weitere Untersuchungen zeigen.

In jedem Fall aber belegen die Eisen-Isotope im antarktischen Schnee erneut, dass auch in unserer kosmischen Nachbarschaft einst Sterne explodiert sind – und dass dies vermutlich auch in Zukunft wieder passieren kann. (Physical Review Letters, 2019; doi: 10.1103/PhysRevLett.123.072701)

Quelle: Technische Universität München

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