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Astronomie

So wird unsere Erde enden

Astronomen beobachten erstmals einen Roten Riesen beim Verschlingen eines Planeten

Planetentod am Roten Riesen
Astronomen haben erstmals beobachtet, wie ein zum Roten Riesen aufgeblähter Stern einen Planeten verschlingt (Illustration). © International Gemini Observatory/NOIRLab/ NSF/AURA, M. Garlick/ M. Zamani

Blick auf die Zukunft des Sonnensystems: Astronomen haben zum ersten Mal beobachtet, wie ein zum Roten Riesen aufgeblähter Stern einen Planeten verschlingt. Der gut 12.000 Lichtjahre entfernte Stern zerriss einen etwa jupitergroßen Exoplaneten und schleuderte dabei Material ins All hinaus. Dies erzeugte ein helles Aufleuchten, gefolgt von einem monatelangen Nachglühen, wie die Astronomen in „Nature“ berichten. Auf ganz ähnliche Weise wird auch die Erde in fünf bis sieben Milliarden Jahren von der Sonne verschlungen werden.

In rund fünf Milliarden Jahren hat unsere Sonne den Wasserstoffvorrat in ihrem Kern verbraucht und wird zum Roten Riesen: Weil nun die Kernfusion auf ihre Hülle übergreift, bläht sie sich immer weiter auf, gleichzeitig sinkt ihre Oberflächentemperatur – sie färbt sich rot. Nach und nach verschlingt die Sonne dann die inneren Planeten des Sonnensystems und in rund acht Milliarden Jahren wahrscheinlich auch die Erde.

Ablauf des Verschlingens
Ablauf eines Planetentods im Roten Riesen. © Gemini Observatory/NOIRLab/ NSF/AURA, P. Marenfeld

Astronomen haben in den letzten Jahren einige Exoplaneten entdeckt, die ihren alternden Muttersternen schon gefährlich nahe sind. Auch einige knapp Überlebende der Rote-Riesen-Phase sind bekannt und sogar zwei Planetenkerne, die das Verschlungenwerden überdauert haben. Doch das Ereignis selbst – das Ende eines Planeten in einem Roten Riesen – konnten Astronomen bisher nicht direkt beobachten.

Helles Aufleuchten von fernem Stern

Jetzt ist es Astronomen um Kishalay De vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) erstmals gelungen, einen Roten Riesen quasi auf „frischer Tat“ zu ertappen: Sie haben beobachtet, wie er einen Planeten verschlang. Entdeckt haben De und sein Team dies durch einen Zufall, denn eigentlich suchten sie mithilfe der Zwicky Transient Facility (ZTF) am kalifornischen Palomar Observatorium nach Strahlungsausbrüchen in Doppelsternsystemen. Im Mai 2020 bemerkten sie dabei etwas Ungewöhnliches.

„In einer Nacht bemerkte ich einen Stern, der im Laufe einer Woche um das Hundertfache heller wurde – quasi aus dem Nichts“, berichtet De. „Dies war anders als jeder andere stellare Ausbruch, den ich in meinem Leben schon gesehen hatte.“ Der Ausbruch im sichtbaren Licht hielt rund zehn Tage an und schwächte sich dann deutlich ab. Er schien von einem gut 12.000 Lichtjahre entfernten System im Sternbild Aquila auszugehen. Um herauszufinden, um was für ein Ereignis es sich handelte, werteten die Astronomen als nächstes spektroskopische Daten von einem der Teleskope des Keck Observatoriums auf Hawaii aus.

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Ungewöhnliche Moleküle und auffallendes Infrarotleuchten

Es zeigte sich: Das bei diesem ZTF SLRN-2020 getauften Ausbruch ausgestrahlte Licht enthielt kaum spektrale Signaturen von Wasserstoff und Helium, wie es normalerweise bei der Interaktion zweier Sterne in einem Doppelsystem der Fall ist. Stattdessen zeigten sich die Emissionslinien verschiedener Metalle wie Natrium, Magnesium und Barium sowie die Signatur einiger Metalloxide. „Solche Moleküle sehen wir nur bei Sternen, die sehr kalt sind“, erklärt De. „Aber wenn ein Stern an Helligkeit zunimmt, wird er normalerweise auch heißer.“ Hier war dies aber nicht der Fall.

Dafür enthüllten Daten von Infrarotteleskopen ein ungewöhnlich helles und rund 15 Monate lang anhaltendes Nachleuchten im Infrarotbereich. Den Astronomen zufolge stammt diese Strahlung von ausgeschleudertem Material, das abkühlte, zu Staub kondensierte und dann einen warmen Staubkokon um den Ort des Geschehens bildete. „Damit erinnert das Ereignis an eine Rote Nova“, erklären die Astronomen. Bei diesem Ereignis kollidieren zwei Sterne und der größere verschlingt dabei seinen kleineren Begleiter.

Astronomen beobachten, wie ein Roter Riese seinen Planeten verschlingt.© NOIRLab

Feuriges Ende eines Planeten

Doch ZTF SLRN-2020 setzte nur rund ein Tausendstel bis Zehntausendstel der bei einer solchen Sternkollision üblichen Material- und Energiemenge frei. „Das bedeutet, dass das hier verschlungene Objekt tausendmal kleiner sein muss als ein gängiger Stern“, sagt De. „An diesem Punkt wurde uns klar: Was wir hier sehen, ist ein Planet, der in seinen Stern fällt.“

Damit haben die Astronomen erstmals quasi in Echtzeit beobachtet, wie ein zum Roten Riesen aufgeblähter Stern einen Planeten verschlingt. „Wir sehen hier das Endstadium des Verschlingens“, sagt De. „Das macht diese Entdeckung wirklich spannend: Seit Jahrzehnten haben wir das Davor und Danach beobachtet, aber konnten einen Stern nie auf frischer Tat ertappen. Jetzt haben wir dieses Schicksal eines Planeten beobachtet.“ Anhand der Daten schätzen die Astronomen die Masse des zerstörten Planeten auf ein bis zehn Jupitermassen, die des Sterns auf 0,8 bis 1,5 Sonnenmassen.

Blick auf das künftige Schicksal der Erde

Das Spannende daran: Dieses jetzt erstmals beobachtete Szenario nimmt vorweg, was der Erde in gut fünf Milliarden Jahren bevorstehen wird: „Wir sehen hier die Zukunft der Erde“, sagt De. Koautor Ryan Lau vom NOIRLab in Arizona ergänzt: „Das unterstreicht die Vergänglichkeit unserer Existenz: Nachdem unsere Sonnensystem Milliarden Jahre lang bestanden hat, wird es in einem finalen Aufleuchten untergehen, das nur wenige Monaten dauert.“

Die neuen Beobachtungen tragen aber auch dazu, weitere solcher Ereignisse künftig leichter aufzuspüren. Denn nun wissen die Astronomen, nach welchen „Symptomen“ sie suchen müssen. (Nature, 2023; doi: 10.1038/s41586-023-05842-x)

Quelle: Massachusetts Institute of Technology (MIT), National Optical-Infrared Astronomy Research Laboratory (NOIRLab)

 

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