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Astronomie

Metallarme Sterne sind lebensfreundlicher

Früh entstandene Sterne fördern eine schützende Ozonschicht bei ihren Planeten

Exoplaneten
Ob sich auf einem Planeten Leben entwickelt, kann auch von der Zusammensetzung seines Sterns abhängen. © dottedhippo/ Getty images

Habitabel oder nicht? Ob ein potenziell lebensfreundlicher Exoplanet tatsächlich außerirdisches Leben entwickelt, hängt auch von der Zusammensetzung seines Sterns ab, wie eine Studie enthüllt: Ist er metallarm, setzt der Stern mehr UV-C-Strahlung frei. Diese fördert die Bildung einer schützenden Ozonschicht um den Planeten. Später entstandene, metallreiche Sterne geben dagegen mehr ozonzerstörende UV-B-Strahlung ab, die Planeten ihrer Schutzhülle beraubt – für entstehenden Leben kann dies tödlich sein.

Die irdische Ozonschicht ist ein wichtiger Schutz vor energiereicher ultravioletter Strahlung. Denn wenn diese ungefiltert auf die Erdoberfläche trifft, verursacht dies Zellschäden, Verbrennungen und tödliche Entartungen. Als sich die Erdatmosphäre mit Sauerstoff anreicherte und eine Ozonschicht entstand, könnte dies für die Entwicklung höheren Lebens – vor allem an Land – entscheidend gewesen sein. Doch welche Faktoren bestimmen, ob ein Planet mit Sauerstoff in der Gashülle auch eine schützende Ozonschicht bildet?

UV-Strahlung als Ozonschöpfer und -killer zugleich

Diese Frage könnten Anna Shapiro vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen und ihre Kollegen nun geklärt haben. Sie haben untersucht, welche Rolle die UV-Strahlung eines Sterns für die Ozonbildung eines Planeten spielt. „In der Atmosphärenchemie der Erde kommt der ultravioletten Strahlung von der Sonne eine zweifache Rolle zu“, erklärt Shapiro. Denn durch die photochemischen Reaktionen des Sauerstoffs kann Ozon sowohl entstehen, als auch vernichtet werden.

Entscheidend dafür ist, welche Wellenlänge die UV-Strahlung hat: Eintreffende UV-B-Strahlung mit Wellenlängen zwischen 280 und 315 Nanometern wird von den Ozonmolekülen (O3) der Stratosphäre absorbiert, die daraufhin zerstört werden. Anders ist dies bei dem kurzwelligeren UV-C: Diese Strahlung mit 202 bis 230 Nanometer Wellenlänge zerlegt den zweiatomigen Sauerstoff (O2) und fördert so die Bildung neuer Ozonmoleküle. UV-B ist demnach ein Ozonzerstörer, während UV-C die Ozonschicht aufbaut.

Sterne und Exoplaneten im Ozon-Check

An diesem Punkt setzt die Studie von Shapiro und ihrem Team an: Sie untersuchten zunächst, wie viel von diesen beiden UV-Anteilen sonnenähnliche Sterne freisetzen. Dabei betrachteten die Forschenden erstmals auch den Einfluss der Metallizität – den Anteil von Elementen schwerer als Wasserstoff und Helium im Stern. In der Sonne beispielsweise entfällt auf mehr als 31.000 Wasserstoffatome nur ein Eisenatom.

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Im zweiten Schritt ermittelte das Team mithilfe eines Chemie-Klima-Modells, wie sich die verschiedenen UV-Mischungen auf die Atmosphäre von Exoplaneten auswirken würden. Im Modell waren diese Planeten Zwillinge der Erde mit einer Stickstoff-Sauerstoff-Atmosphäre. Sie kreisten in der habitablen Zone eines Sterns, der je nach Szenario metallärmer war als die Sonne oder aber metallreicher. Die Simulation rekonstruierte die Entwicklung dieser Planetenatmosphäre über rund 600 Millionen Jahre hinweg.

Sterne und Planetenatmosphären
Metallarme Sterne setzen zwar mehr UV-Strahlung frei, dafür ist der Anteil der ozonzerstörenden UV-B-Strahlung geringer. Das begünstigt die Entstehung einer schützenden Ozonschicht um ihre Planeten. © MPS/hormesdesign.de

Paradox: Mehr UV, aber besserer Schutz

Das Ergebnis: Metallarme Sterne geben insgesamt mehr ultraviolette Strahlung ab als jüngere, metallreiche Sterne. Auf den ersten Blick scheinen die „Nachzügler“ der Sternbildung daher günstigere Bedingungen für lebensfreundliche Exoplaneten zu bieten. Doch betrachtet man die Art der UV-Strahlung genauer, ändert sich das Bild: Bei metallarmen Sternen überwiegt die ozonfördernde UV-C-Strahlung, bei metallreichen dagegen die ozonzerstörende UV-B-Strahlung.

Dies bestätigte sich auch bei den simulierten Exoplaneten: Diejenigen, die um ältere, metallarme Sterne kreisten, entwickelten im Laufe der Simulation eine dichte, schützende Ozonschicht. Bei den Planeten um metallreiche Sterne blieb die Ozonkonzentration in der Gashülle dagegen gering. „Anders als erwartet dürften somit metallarme Sterne günstigere Bedingungen für die Entstehung von Leben bieten“, sagt Shapiro. Denn sie erhalten zwar insgesamt mehr UV-Strahlung, sind durch ihre dichte Ozonschicht aber besser geschützt. Unsere Sonne war offenbar gerade noch metallarm genug, um der Erde eine schützende Ozonhülle verleihen zu können.

Relevant für die Suche nach außerirdischem Leben?

Aus diesen Erkenntnissen ergeben sich zwei Schlussfolgerungen. Die erste ist relevant für die Suche nach außerirdischem Leben: „Unsere aktuelle Studie gibt uns wertvolle Hinweise, welche Sterne wir mit besonderer Aufmerksamkeit beobachten sollten“, erklärt Koautor Laurent Gizon vom MPI für Sonnensystemforschung. Die Fahndung nach extraterrestrischen Biosignaturen könnte sich demnach vor allem bei Exoplaneten um metallarme Sterne lohnen.

Allerdings: Neben der Ozonschicht spielen für die Lebensfreundlichkeit eines Planeten noch weitere Faktoren eine Rolle. Und bei einem Wasserplaneten oder einem Himmelskörper mit subglazialem Ozean wären Unterwasser-Organismen ohnehin vor der UV-Strahlung geschützt.

Wird das Universum lebensfeindlicher?

Die zweite, überraschende Schlussfolgerung: Mit zunehmendem Alter dürfte das Universum immer lebensfeindlicher werden. Denn metallarme Sterne haben ihren Ursprung im frühen Kosmos, in dem es nur wenige schwere Elemente gab. Im Laufe der Zeit haben die Kernfusion in Sternen und deren Supernovae aber immer mehr schwere Elemente produziert. „Jedem neu entstehenden Stern steht deshalb metallreicheres Baummaterial zur Verfügung als seinen Vorgängern. Die Sterne im Universum werden von Generation zu Generation immer metallreicher“, erklärt Shapiro.

Das könnte bedeuten, dass mit zunehmendem Alter des Universums auch die Chance auf Leben in einem Planetensystem sinkt. (Nature Communications, 2023; doi: 10.1038/s41467-023-37195-4)

Quelle: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung

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