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Physik

Erster Mikrochip mit eigener Quantenquelle

Vollständig in den Chip integrierte Quantenlichtquelle erzeugt verschränkte Photonen

Quantenchip
Physiker haben einen Quantenchip entwickelt, in den der Laser zur Erzeugung verschränkter Photonen direkt integriert ist. © Institut für Photonik/ Leibniz-Universität Hannover

Alles auf einem Chip: Physiker haben erstmals einen Quantenchip entwickelt, der seine eigene Quantenlichtquelle besitzt – er kann verschränkte Photonen ohne externe Laserquelle erzeugen. Möglich wird dies durch einen Quantenpunkt-Laser aus Indiumphosphid, dessen Photonen spezielle Filter aus ringförmigen Wellenleitern durchlaufen. Dies blockiert Störrauschen und sorgt für die Verschränkung. Die neue Technik könnte photonische Quantenprozessoren kleiner, günstiger und vielseitiger einsetzbar machen, wie das Team in „Nature Photonics“ erklärt.

Basis der Quantenkommunikation, der integrierten Photonik und des quantenbasierten Rechnens bilden Teilchen, die mittels Verschränkung und Überlagerung interagieren und ihre Zustände ändern. Dafür werden meist verschränkte Photonen benötigt, die die Quanteninformationen transportieren. Doch dabei gab es bisher einen Haken: Es fehlte die passende Lasertechnologie. Quantenlichtquellen für photonische Anwendungen waren entweder zu groß, um sie direkt in photonische Chips zu integrieren, oder aber sie waren zu unpräzise und leistungsschwach.

In jüngster Zeit hat es bei der Laser-Miniaturisierung allerdings einige Fortschritte gegeben: Forscher haben einen Nanolaser direkt auf Silizium gezüchtet und Anfang 2023 einen ersten optischen Mikrolaser mit hoher Trennschärfe und Leistung entwickelt.

Zwei große Hürden für integrierte Quantenquellen

Jetzt haben Physiker erstmals eine vollständig auf einem Chip integrierte Quelle verschränkter Quantenteilchen präsentiert. Die elektrisch angeregte, laserintegrierte Quantenlichtquelle passt komplett auf einen Submillimeter-Mikrochip und kann hochgenaue, frequenzverschränkte Qubit-Zustände emittieren. Um dies zu erreichen, mussten Hatam Mahmudlu von der Leibniz Universität Hannover und seine Kollegen zwei große Herausforderung bewältigen.

Das erste Problem stellt das Material dar: „Bisher gab es keine Materialplattform, mit der sich alle Quantenfunktionalitäten umsetzen lassen“, schreibt das Team. Denn der Chip muss einerseits die extrem störempfindlichen Photonen verschränken, leiten und manipulieren. Andererseits benötigt der integrierte Laser ein Halbleitermaterial, das große Mengen an präzise einstellbaren Photonen erzeugen kann.

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Das zweite Problem besteht in der Abschirmung der sensiblen Quantenbits: „Qubits sind sehr anfällig für Rauschen. Deswegen muss der Chip von einem Laserfeld angetrieben werden, das mithilfe eines integrierten Filters völlig rauschfrei wird“, erklärt Mahmudlu.

Photonikchip
Aufbau des photonischen Quantenchips: Substrat 1 besteht aus Indiumphiosphid und bildet den Laser. Daran schließen sich ringförmige Wellenleiter an, die als Filter dienen und in deren drittem Ring die Photonenpaare verschränkt werden. © Raktim Haldar/ Michael Kues

Quantenpunkte und drei Ringresonatoren

Beide Probleme haben die Physiker nun gelöst. Als chipintegrierte Laserquelle wählten sie den Halbleiter Indiumphosphid. Elektrisch angeregte Quantenpunkte in diesem Material können die für Laser nötige stimulierte Emission erzeugen, so viel war schon bekannt. Allerdings sind Leistung und Reichweite solcher Indiumphosphid-Nanolaser extrem gering. Mahmudlu und sein Team lösten dies, indem sie den Laser durch mehrere Rückkopplungsschleifen aus Siliziumnitrid (Si3N4) ergänzten.

Diese ringförmigen Mikro-Resonatoren verstärken die Photonenemission und fungieren gleichzeitig als Frequenzfilter. Dadurch produziert das System präzise eingestellte Photonen für das Quantensystem und entfernt gleichzeitig das vom Laser erzeugte Störrauschen durch nicht passende Photonen. Am Ende dieses Vernier-Filters sogt eine weitere Ringschleife dafür, dass die erzeugten Photonen paarweise verschränkt werden. „Das kombinierte System bildet damit einen Quanten-Frequenzkamm für Photonenpaare“, erklären die Physiker. Die resultierenden Photonen speichern und übertragen Quanteninformationen in Form des Überlagerungszustands ihrer Frequenz.

Erste Tests ergaben, dass die neue, im Chip integrierte Quantenlichtquelle zuverlässig funktioniert: „Wir haben eine bemerkenswert hohe Paar-Erzeugungsrate von 8.200 pro Sekunde erreicht“, berichtet das Team. Die erzeugten Photonen-Qubits zeigten eine Verschränkungsrate von mehr als 97 Prozent. „Die Zustands-Zuverlässigkeit und die Sichtbarkeit der Quanteninterferenz lagen über der von externen Lasern – und das mit viel geringerer Größe“, so Mahmudlu und seine Kollegen.

Mobiles Bauteil für Quantennetzwerke und Quantenrechner

Nach Ansicht der Physiker eröffnet ihre Quantenlichtquelle damit ganz neue Möglichkeiten für die Quantenkommunikation und das Quantencomputing. „Dieses tragbare, leistungsstarke System kann sehr einfach als praktischer, massenproduzierbarer Baustein für Quantennetzwerke eingesetzt werden“, erklären sie. Wegen seiner geringen Größe und robusten Bauweise könnte es auch gut in Quantensatelliten zum Einsatz kommen.

Außerdem sind mit solchen photonischen Mikrochips auch neue Formen von Quantencomputern denkbar: „Im Gegensatz zu Google, das derzeit superkalte Qubits in kryogenen Systemen verwendet, könnte der Quantenvorteil mit solchen photonischen Systemen auf einem Chip sogar bei Raumtemperatur erreicht werden“, sagt Seniorautor Michael Kues von der Leibniz-Universität Hannover. „Wir können uns vorstellen, dass unsere Quantenlichtquelle bald ein elementarer Bestandteil von programmierbaren photonischen Quantenprozessoren sein wird.“ (Nature Photonics, 2023; doi: 10.1038/s41566-023-01193-1)

Quelle: Leibniz-Universität Hannover

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