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Sonnensystem

Hat Pluto einen Supervulkan?

Zwergplanet könnte einen Super-Cryovulkan von Yellowstone-Ausmaßen aufweisen

Kiladze-Krater
Der rund 44 Kilometer große Kiladze-Krater auf dem Pluto galt bisher als Einschlagskrater, doch jetzt mehren sich die Hinweise darauf, dass er in Wirklichkeit ein Super-Cryovulkan ist. © Cruikshank et al./ arXiv, CC-by 4.0

Verborgener Riese: Auf dem Zwergplaneten Pluto könnte es einen Supervulkan von der Größe der Yellowstone-Caldera geben. Statt glühender Lava förderte dieser Eisvulkan aber riesige Mengen  ammoniakhaltiges Wassereis – und dies noch bis vor wenigen Millionen Jahren, wie US-Planetenforscher berichten. Indiz für diesen Pluto-Supervulkan ist der 44 Kilometer große Kiladze-Krater, dessen Form, Struktur und chemische Zusammensetzung dafür spricht, dass dort eine Cryovulkan-Caldera im Supervulkan-Maßstab liegt.

Lange galt Pluto als kalte und tote Welt. Doch Daten der NASA-Raumsonde New Horizons haben seit 2015 enthüllt, dass der ferne Zwergplanet überraschend dynamisch ist: Auf ihm gibt es fließende Gletscher, Dünen, Winde und Schnee aus gefrorenem Methan. Sogar Eisvulkane und einen zumindest halbflüssigen subglazialen Ozean könnte es auf dem Pluto geben.

PLuto
Lage des Kiladze-Kraters auf dem Pluto. © Cruikshank et al./ arXiv, CC-by 4.0

Was verbirgt sich unter dem Kiladze-Krater?

Doch das ist noch nicht alles: Wahrscheinlich existiert auf dem Pluto sogar ein Supervulkan. Dieser könnte sich unter dem Kiladze-Krater verbergen, einer rund 44 Kilometer großen Senke östlich der hellen, herzförmigen Ebene Sputnik Planitia. „Wir postulieren, dass der Kiladze-Krater ein Supervulkan ist, der bei einem oder mehreren explosiven Ausbrüchen mehr als 1.000 Kubikkilometer eisiges Cryomagma aus dem Inneren des Zwergplaneten zutage gefördert hat“, berichten Dale Cruikshank von der University of Central Florida und seine Kollegen von der NASA.

Ein erstes Indiz dafür sehen die Forscher in der Form und Struktur des Kiladze-Kraters: Er ist leicht elliptisch und liegt inmitten eines stark zerklüfteten, von einer mehr als fünf Kilometer dicken Schicht Methaneis bedeckten Terrains. Doch im Krater und in mehreren von ihm ausgehenden Ausläufern ist der Untergrund glatt und von Wassereis bedeckt. „Das steht in starkem Kontrast zur regionalen Oberflächenstruktur, die von Methaneis dominiert wird“, erklären die Forscher.

Geologisch jung und anders als ein Einschlagskrater

Ein weiterer Hinweis ist das Alter des Kiladze-Kraters: Die geologischen Strukturen sowie fehlende Ablagerungen auf dem Wassereis legen nahe, dass der Krater und seine Ausläufer erheblich jünger sein müssen als der Rest der Umgebung. Das Team datiert die Entstehung des Kraters auf ein Alter von wenigen Millionen Jahren. Wäre der Kiladze ein Einschlagskrater, wie bisher angenommen, müssten die typischen Strukturen eines komplexen Impaktkraters daher bei ihm noch gut erhalten sein.

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Doch das ist nicht der Fall, wie Cruikshank und seine Kollegen feststellten: Ein typischer komplexer Einschlagskrater von rund 44 Kilometer Durchmesser wäre im frischen Zustand rund 2,7 Kilometer tief und hätte deutlich ausgeprägte Ringstrukturen mit einer zentralen Erhebung. Kiladze hat zwar eine Art Schlot nahe dem Zentrum, ist aber mehr als vier Kilometer tief und auch die Kraterränder passen in Form und Höhe nicht zum Impaktszenario. „Das legt nahe, dass diese geologische Struktur auf andere Weise gebildet wurde oder durch die Kombination mehrerer Prozesse“, so das Team.

G3ologie des Terrains
Diese Grafik zeigt die Verteilung des rötlichen, ammoniakhaltigen Wassereises im Kiladze-Krater und seiner Umgebung. © Cruikshank et al./ arXiv, CC-by 4.0

Rötliche Farbe und eine Ammoniakverbindung

Dafür spricht auch eine weitere Auffälligkeit: Spektraldaten der New-Horizons-Sonde zeigen, dass das Wassereis im Kiladze-Krater und seiner Umgebung leicht rötlich gefärbt ist. „Die Spektralsignatur zeigt zudem eine noch nicht näher identifizierte Ammoniakverbindung im Wassereis von Kiladze“, berichten Cruikshank und sein Team. Spuren von Ammoniak und eine ganz ähnliche Verfärbung wurden bisher nur in zwei kleineren Cryovulkanen des Pluto nachgewiesen, aber nirgendwo sonst auf dem Zwergplaneten.

„Die Präsenz von Ammoniak oder einer Ammoniakverbindung ist interessant, weil diese den Gefrierpunkt von Wasser herabsetzen“, erklären die Forscher. „Je nach Konzentration kann der Gefrierpunkt um einige Dutzend Grad gesenkt werden.“ Das ammoniakhaltige Wassereis im Kiladze-Krater könnte demnach darauf hindeuten, dass dieses Material ursprünglich halbflüssig oder sogar flüssig war – beispielsweise im Untergrund. „Die Entdeckung des Ammoniaks an Orten potenziellen Cryovulkanismus ist daher hochgradig relevant“, so Cruikshank und seine Kollegen.

Sie sehen darin klare Indizien dafür, dass es sich beim Kiladze-Krater um eine cryovulkanische Caldera handelt. Doch anders als bisher bekannte Eisvulkane auf Pluto ist der Kiladze kein klassischer Cryovulkan, wie das Team erklärt.

Ein Super-Cryovulkan auf dem Pluto

Nach Ansicht der Forscher handelt es sich beim Kiladze-Krater stattdessen um einen Supervulkan. Dafür sprechen die Größe seiner Caldera und auch die Menge der Wassereis-Ablagerungen im Krater und in seinem Umfeld. „Wir interpretieren diese Region als Super-Cryovulkan mit Caldera, der im Laufe von einer oder mehreren Eruptionen rund 1.000 Kubikkilometer an Cryolava ausgestoßen hat“, schreiben Cruikshank und sein Team. Zusätzlich dazu könnte der Kiladze-Supervulkan noch eine unbekannte Zahl kleinerer Eruptionen durchlaufen haben.

Damit besitzt der Pluto nicht nur mehrere Eisvulkane, sondern sogar einen cryovulkanischen Supervulkan. Dieser könnte vor wenigen Millionen Jahren aktiv gewesen sein. Das wiederum stützt die Annahme, dass es im Inneren des Zwergplaneten noch mindestens bis zu dieser Zeit ammoniakhaltiges Wasser in flüssiger oder halbflüssiger Form gegeben haben muss – einen subglazialen Ozean oder zumindest subglaziale Seen. Ob diese Reservoire heute noch existieren, bleibt aber vorerst offen. (Icarus, submitted; doi: 10.48550/arXiv.2310.10904)

Quelle: arXiv

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