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Astronomie

Größter Katalog explodierender Sterne

Astronomen kartieren knapp 2.000 "frische" Supernovae in unserer kosmischen Umgebung

Pan-STARRS
Die Pan-STARRS-Teleskope auf dem Haleakala in Hawaii haben die Daten für den neue Supernova-Katalog geliefert. © Jason Chu/ University of Hawaii Institute for Astronomy

Kosmische Leuchtfeuer: Astronomen haben den bisher umfangreichsten Katalog von Supernovae in unserer näheren kosmischen Umgebung veröffentlicht. Er umfasst die Lichtkurven und spektrometrischen Daten von knapp 2.000 Sternexplosionen, darunter Supernovae von Weißen Zwergen in Doppelsternsystemen, Kernkollaps-Supernovae und einige exotischere Explosionen. Der Katalog dient auch dazu, ein KI-System auf die Identifizierung solcher Sternexplosionen zu trainieren. Das soll künftige Durchmusterungen erleichtern.

Irgendwann trifft es jeden massereichen Stern: Hat er seinen Fusionsbrennstoff verbraucht, wird er in einer Supernova explodieren. Doch wann und in welcher Form dies geschieht und welche Prozesse dabei im Detail ablaufen, ist bisher erst in Teilen geklärt. So entdecken Astronomen immer wieder zuvor nur theoretisch postulierte Supernova-Varianten und für einige dieser Sternexplosionen ist noch immer unklar, aus welchen Vorgängersternen sie entstehen. Umso wichtiger ist es, möglichst viele Supernovae ausfindig zu machen und zu beobachten.

Lichtkurven SUpernovae
Die verschiedenen Klassen von Sternexplosionen lassen sich an ihrer Lichtkurve und an ihrem Spektrum unterscheiden. © Lithopsian/ CC-by-sa 3.0

Hinzu kommt, dass die Explosionen Weißer Zwerge, die Supernova des Typs 1a, als kosmische Entfernungsmesser dienen und damit eine wichtige Rolle für die Erforschung der kosmischen Expansion spielen.

Fahndung nach „frischen“ Supernovae

Jetzt haben Astronomen des „Young Supernova Experiment“ (YSE) den bisher umfangreichsten Katalog von nahen Supernovae zusammengestellt und veröffentlicht. Er umfasst 1.975 Sternexplosionen im lokalen Kosmos, die im Rahmen einer drei Jahre dauernden Himmelsdurchmusterung mit den Pan-STARRS-Teleskopen auf Hawaii entdeckt und näher untersucht wurden. Anders als bisherige Durchmusterungen konzentrierte sich diese Erhebung auf nahe und daher nicht lange zurückliegende Ereignisse dieser Art.

„Pan-STARRS sucht in jeder klaren Nacht große Teile des Himmels nach kurzlebigen Ereignissen ab“, erklärt Mark Huber vom Institut für Astronomie auf Hawaii. Im Laufe von drei Nächten erfassen die Teleskope dabei 1.500 Quadratgrad des Nachthimmels. Durch einen automatisierten Vergleich mit Karten bekannter Sterne und anderer konstanter Lichtquellen erkennt das System automatisch neu aufleuchtende Quellen – potenzielle Supernovae. Diese wurden dann photometrisch und in Teilen auch spektrometrisch näher charakterisiert.

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Explosionen Weißer Zwerge haben den größten Anteil

Das Ergebnis ist die bisher umfassendste Kartierung „junger“ Supernovae, für die Lichtkurven und teilweise auch die Spektren bekannt sind. Dies wiederum ermöglicht es den Astronomen, die Art der Sternexplosion, ihre Entfernung und Begleitumstände zu bestimmen. „Wir haben damit eine beispiellose Sammlung junger Supernovae zu einem frühen Zeitpunkt ihrer Entwicklung eingefangen“, erklärt Ken Chambers, Leiter des Pan-STARRS-Observatoriums. „Dies ist eine wichtige Ressource für Supernova-Forscher und Kosmologen.“

Konkret ergaben die näheren Analysen, dass etwa 70 Prozent der beobachteten Supernovae zum Typ 1a gehörten – es handelte sich um Explosionen von Weißen Zwergen in Doppelsternsystemen. Die mit 23 Prozent zweitgrößte Gruppe umfasst Typ-2-Supernovae – Explosionen nach dem Kernkollaps von massereichen Sternen, die sich zuvor zu Roten und Blauen Überriesen aufgebläht hatten. Die kleinste Gruppe sind Supernovae vom Typ 1b und 1c. Diese Explosionen ereignen sich, wenn ein Stern zuerst seine Hülle aus Wasserstoff und Helium ausschleudert und dann erst einen Kernkollaps erleidet.

Training für Klassifizierungs-Algorithmus

Interessant auch: Die Astronomen nutzten ihre Daten, um ein KI-System für die automatische Erkennung der verschiedenen Arten der Sternexplosionen zu trainieren. Solche auf lernfähigen neuronalen Netzwerken basierende Algorithmen sind wichtig, um größere Datenmengen künftig noch besser automatisiert nach möglichen Signaturen von Supernovae und anderen kurzlebigen kosmischen Ereignissen durchsuchen zu können.

Das von den Forschern trainierte System konnte 82 Prozent der spektroskopisch klassifizierten Supernovae korrekt den drei Klassen 1a, 2 und 1bc zuordnen, wie das Team berichtet. Bei Supernovae des Typs 1a – explodierenden Weißen Zwergen – erreichte das KI-System sogar mehr als 90 Prozent Trefferquote.

Referenz für kommende Durchmusterungen

„Die Datenveröffentlichung ist ein wichtiger Meilenstein in der Supernova-Forschung“, sagt Erstautor Patrick Aleo von der University of Illinois. Denn ein Großteil der vorübergehenden Ereignisse im Kosmos sei noch unerforscht. „Die Lichtkurven und spektroskopischen Ergebnisse der YSE-Durchmusterung liefern nun neue Einblicke in die Physik transienter Ereignisse, die Vorgänger-Umgebungen und helfen bei Klassifizierungs-Aufgaben.“

Wichtig sind die Daten nach Angaben der Astronomen auch als Referenz für das neue Vera C. Rubin Observatory, ein 8,40-Meter-Teleskop, das zurzeit in Chile gebaut wird. Dieses Teleskop wird den gesamten Himmel innerhalb von jeweils drei Nächten nach vorübergehenden Ereignissen absuchen. (Astrophysical Journal Supplement Series, accepted, 2023; doi: 10.48550/arXiv.2211.07128)

Quelle: University of Hawaii

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