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Astronomie

Fernstes Magnetfeld einer Galaxie nachgewiesen

Elf Milliarden Jahre alte Galaxie 9io9 belegt Existenz galaktischer Magnetfelder schon im frühen Kosmos

Galaxie 9io9
Die von Astronomen detektierte Radioemission der elf Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie 9io9 deutet darauf hin, dass sie bereits ein galaktisches Magnetfeld besaß – die Linien zeigen dessen Ausrichtung. © ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)/J. Geach et al.

Geordnete Felder: Astronomen haben erstmals das Magnetfeld einer elf Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie beobachtet – es ist der früheste Nachweis eines solchen galaktischen Magnetfelds, wie das Team in „Nature“ berichtet. Indiz dafür war die mit den ALMA-Radioteleskopen in Chile detektierte Polarisation der von dieser Galaxie emittierten Radiostrahlung. Der Nachweis des Magnetfelds liefert wertvolle Informationen darüber, wie solche galaktischen Magnetfelder im frühen Kosmos entstanden.

Ob Sterne, Planeten, unsere Milchstraße oder unsere „lokale Blase„: Magnetfelder sind im Kosmos nahezu omnipräsent. Sie spielen eine entscheidende Rolle für die Entwicklung von Sternen und Galaxien und das Verhalten des interstellaren Mediums. Doch kosmische Magnetfelder aufzuspüren und zu messen ist nicht ganz einfach. Während auf der Erde ein Kompass und Magnetometer reichen, lassen sich solche Felder im Weltall oft nur anhand ihrer polarisierenden Wirkung auf Licht und andere Strahlung nachweisen.

Polarisation in 9io9
Mit dem ALMA-Observatorium ermittelte Polarisation der Radiostrahlung von Galaxie 9io9. Die Orientierung des Magnetfelds ist durch weiße Striche gekennzeichnet. © Geach et al./ Nature, CC-by 4.0

Geordneter Staub in einer fernen Galaxie

Jetzt ist es Astronomen um James Geach von der University of Hertfordshire in England gelungen, das fernste und älteste jemals beobachtete galaktische Magnetfeld nachzuweisen. Dabei half ihnen der Gravitationslinseneffekt, durch den die Strahlung der rund elf Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie 9io9 verstärkt wurde. Für ihre Magnetfeld-Fahndung nutzte das Team den Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) in Chile, um die von heißem Staub in dieser Galaxie abgestrahlte Radioemission einzufangen und zu analysieren.

Die Analysen ergaben: Die von der Galaxie 9io9 emittierte Radiostrahlung ist zu rund einem Prozent polarisiert. Dies deutet daraufhin, dass die winzigen Staubkörnchen in dieser Galaxie nicht chaotisch und zufällig verteilt sind, sondern sich entlang eines Magnetfelds ausrichten, wie Geach und seine Kollegen erklären. Ihren Berechnungen zufolge ist das galaktische Magnetfeld von 9io9 mit einer Feldstärke von rund 500 Mikrogauß zwar rund tausendmal schwächer als das Erdmagnetfeld, dafür erstreckt es sich aber über mehr als 16.000 Lichtjahre.

Wie entstehen galaktische Magnetfelder?

Das Magnetfeld der Galaxie 9io9 ist das fernste und älteste bisher nachgewiesene. „Diese Entdeckung gibt uns neue Hinweise darauf, wie Magnetfelder im galaktischen Maßstab entstehen“, erklärt Geach. Denn bisher ist unklar, wie und wie schnell sich galaktische Magnetfelder im frühen Kosmos gebildet haben. „Wir wissen nur sehr wenig darüber, wie sich diese Felder bilden, obwohl sie für die Entwicklung von Galaxien von grundlegender Bedeutung sind“, sagt Koautor Enrique Lopez Rodriguez von der Stanford University.

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Theorien zufolge wachsen die galaktischen Magnetfelder aus kleineren „Keim-Feldern“ heran. Turbulenzen im interstellaren Medium verstärken und vergrößern diese Magnetfeld-„Keime“ dann. Als ein möglicher Dynamo für diesen Prozess gelten Supernova-Explosionen und die Teilchen- und Strahlenströme aktiver Galaxienkerne, wie die Astronomen erklären. Aber auch eine hohe Sternbildungsrate und die damit verknüpfte hohe Konzentration an molekularen, sich schnell bewegenden Gasen in Galaxien können die galaktischen Magnetfelder verstärken.

Zusammenwirken von zwei Magnetdynamos

Im Falle der fernen Galaxie 9io9 scheinen beide Magnetfeld-Dynamos vorhanden zu sein, wie Geach und seine Kollegen feststellten. „9io9 ist turbulent, hat eine intensive Sternbildung und rotiert schnell“, berichten sie. Das spreche dafür, dass in dieser Galaxie beide Dynamoprozesse zusammenwirken. „Wir postulieren, dass dieser duale Dynamo der gängige Weg ist, auf dem junge, gasreiche und turbulente Galaxien im frühen Universum ihre galaxieweiten Magnetfelder entwickelten“, schreiben die Astronomen.

Die Galaxie 9io9 hat damit wertvolle Hinweise auf die frühe Entwicklung der galaktischen Magnetfelder und ihre Triebkräfte geliefert. „Die Entdeckung öffnet ein neues Fenster ins Innenleben von Galaxien“, sagt Koautor Rob Ivison von der Europäischen Südsternwarte ESO. (Nature, 2023; doi: 10.1038/s41586-023-06346-4)

Quelle: European Southern Observatory (ESO)

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