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Sonnensystem

Artemis-Mission: Drohen Mondbeben in der Landezone?

Aktive Verwerfungen am lunaren Südpol könnten Beben und Rutschungen auslösen

potenzielle Landezonen
Die grünen Vierecke zeigen potenzielle Landegebiete für die bemannte Mondmission Artemis III. Doch einige davon könnten geologisch riskanter sein als gedacht. © NASA

Erhöhtes Risiko für Astronauten: Die Kraterränder und geplanten Landestellen am Mond-Südpol könnten weniger stabil sein als gedacht. Denn neue Analysen enthüllen, dass dort mehrere aktive Verwerfungen liegen, die stärkere Mondbeben und Rutschungen auslösen könnten – eine potenzielle Gefahr für Astronauten und ihre Infrastruktur. Mehrere dieser möglicherweise aktiven Verwerfungen liegen an geplanten Landestellen der Artemis-III-Mission der NASA, wie das Forschungsteam berichtet.

Der Südpol des Mondes gilt als vielversprechendste Region für künftige Raumfahrtmissionen und Mondstationen. Denn in den dortigen Kratern gibt es größere Wassereis-Vorkommen, zudem treten dort Gesteine des lunaren Mantels an die Oberfläche und es gibt potenziell nützliche Rohstoffe. Deshalb planen sowohl die NASA mit ihrer Artemis-Mondmission als auch China und Europa in naher Zukunft bemannte Landungen in der lunaren Polarregion.

Lunare Verwerfungen
Im lunaren Südpolargebiet gibt es zahlreiche Steilstufen (links), die von noch aktiven tektonischen Verwerfungen verursacht worden sein könnten. © NASA/LRO/LROC; ASU/Smithsonian Institution

Lunare Steilstufen im Visier

Doch die lunare Südpolregion könnte geologisch aktiver sein als gedacht, wie nun Thomas Watters von der Smithsonian Institution in Washington DC und seine Kollegen herausgefunden haben. Für ihre Studie hatten sie einige gebogene Steilstufen am Mond-Südpol untersucht. Diese Dutzende Kilometer langen und bis zu 150 Meter hohen Geländestufen gelten als mögliche Schrumpfungsfalten der Mondkruste. „Ihre Morphologie und ihr Kreuzen anderer Landschaftsformen spricht dafür, dass es sich hierbei um geologische Überschiebungen handelt“, erklären Watters und seine Kollegen.

„Diese tektonischen Steilstufen gehören zu den jüngsten Landschaftsformen des Mondes“, so die Geologen. Es gibt zudem einige Indizien dafür, dass die lunaren Verwerfungen bis heute aktiv sind. So lagen einige Epizentren der von Apollo-Seismometern aufgezeichneten Mondbeben in der Nähe solcher geologischen Falten, wie Watters und sein Team berichten. Die stärksten dieser Mondbeben erreichten immerhin eine Magnitude von bis zu 5,5.

Verwerfungen auch in künftigen Landezonen

Was aber bedeutet dies für die künftigen Mondlandungen und Mondstationen? Könnten sie in einem seismisch aktiven Gebiet liegen? Um das herauszufinden, haben Watters und sein Team zunächst untersucht, welche Verwerfungen in der Nähe potenzieller Landezonen im lunaren Südpolgebiet liegen. Dafür werteten sie Aufnahmen unter anderem des Lunar Reconnaissance Orbiter der NASA aus.

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Das Ergebnis: Neben einigen bekannten Steifstufen entdeckten die Forschenden noch mehrere weitere, zuvor unerkannte Verwerfungen. Demnach liegt ein ganzer Cluster solcher kleinerer Falten in der für Artemis III anvisierten Landezone am Rand des de-Gerlache-Kraters. Eine weitere Verwerfung, Shoemaker Scarp genannt, liegt unweit der Landezone am Rand des Nobile-Kraters.

Risiko für Mondbeben…

Ein Abgleich mit den Bebendaten der Apollo-Seismometer ergab zudem, dass vor allem die Steilstufen am de-Gerlache-Krater zu stärkeren seismischen Aktivitäten fähig sein könnten. Demnach lag das Epizentrum eines am 18. März 1973 aufgezeichneten Mondbebens der Magnitude 5,3 in unmittelbarer Nähe einer dieser Verwerfungen. „Auch wenn andere Falten noch nicht als Quelle ausgeschlossen sind, machen die Länge und das Relief der größten de-Gerlache-Steilstufe sie zu einem plausiblen Kandidaten“, schreiben Watters und seine Kollegen.

Nach Ansicht des Teams ist es daher durchaus möglich, dass die Verwerfungen am lunaren Südpol noch heute seismisch aktiv sind und selbst stärkere Beben auslösen könnten. „Unsere Modellierung legt nahe, dass flache Mondbeben, die starke Bodenerschütterungen im lunaren Südpolgebiet erzeugen, durch Verschiebungen an den existierenden Verwerfungen oder durch die Bildung neuer Überschiebungen entstehen können“, sagt Watters. Anders als irdische Beben, die nach wenige Sekunden bis Minuten vorbei sind, können solche flachen Mondbeben über Stunden anhalten.

Rutschungen
Potenzielle Gefahr durch Regolith-Rutschungen an Kraterhängen nach einem Mondbeben. © NASA/LROC; ASU/Smithsonian Institution

…und Regolith-Rutschungen

Für künftige Mond-Landefähren und Mondstationen könnten solche Mondbeben eine doppelte Gefahr darstellen. Zum einen wegen der Erschütterungen selbst, zum anderen aber wegen der Rutschungen, die sich an den teils steilen Kraterrändern durch solche Mondbeben lösen könnten. „Der von vielen Einschlägen geformte Regolith kann wenige Mikrometer fein sein, aber auch so groß wie ein Felsbrocken – alles ist aber nur lose zusammengehalten“, erklärt Koautor Nicholas Schmerr von der University of Maryland.

Modellsimulationen ergaben, dass schon ein leichtes Mondbeben ausreichen könnte, um an einigen Kraterhängen der Südpolregion Rutschungen auszulösen. Dies sei vor allem dort der Fall, wo der Regolith nicht durch Wassereis zusammengehalten werde, so die Forschenden. „Es ist daher wichtig, die Astronauten, die Ausrüstung und die Infrastruktur so gut wie möglich zu schützen – sei es durch Bauweisen, die der seismischen Aktivität des Mondes standhalten können, oder durch das Meiden der gefährlichsten Zonen“, sagt Schmerr. (The Planetary Science Journal, 2024; doi: 10.3847/PSJ/ad1332)

Quelle: NASA, University of Maryland

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