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Geowissen

Mikroben verraten Diamant-Vorkommen

Bakterien-Zusammensetzung im Boden zeigt diamantreichen Kimberlit selbst in größerer Tiefe an

Diamant
Diamanten kommen vor allem in Kimberlitgestein vor. Bei der Suche nach solchen Kimberlitvorkommen könnte künftig Mikroben helfen. © RHJ/ Getty images

Biologische Schatzfinder: Bodenmikroben können unerkannte Diamantvorkommen besser anzeigen als geochemische Analysen, wie Forschende entdeckt haben. Die Artenzusammensetzung der Bodenbakterien verrät demnach verblüffend treffgenau, ob sich im Untergrund diamantreiches Kimberlitgestein verbirgt – selbst wenn dieses in gut 100 Meter Tiefe liegt. Dies eröffnet die Chance, Lagerstätten von Diamanten, Kupfer und anderen Rohstoffen künftig leichter aufzuspüren – vor allem in der abtauenden Arktis.

Diamanten haben ihren Ursprung im oberen Erdmantel: Durch Druck und Hitze in 150 bis 500 Kilometer Tiefe wird ihr Kohlenstoff zu kompakten, transparenten Kristallen gepresst. Über urzeitliche Vulkane gelangten diese Diamanten dann mitsamt ihres Muttergesteins, dem Kimberlit, wieder an die Erdoberfläche. Oft liegen solche diamantreichen Kimberlit-Vorkommen aber unter einer dicken Auflage aus Sedimentgestein verborgen, was ihre Entdeckung erschwert. Bisher suchen Geologen vor allem mithilfe von Testbohrungen sowie seismischen und geochemischen Analysen nach solchen Lagerstätten.

Kimberlitvorkommen
Lage bekannter Kimberlitvorkommen (rot) und von Kratonen (hellere Flächen), den alten Kontinentwurzeln, in denen besonders oft Kimberlite vorkommen. © Daniele.51 / CC-by-sa 4.0

Bakterien als geochemische Anzeiger?

Doch es geht auch einfacher, wie Rachel Simister von der University of British Columbia in Vancouver und ihr Team entdeckt haben. Den Anstoß dafür gab die Beobachtung, dass Bodenmikroben sehr sensibel auf kleinste geochemische Veränderungen ihrer Umwelt reagieren. „Sie interagieren mit Mineralen auf der Nano- bis Mikroebene und diese Interaktionen erzeugen charakteristische Merkmale der mikrobiellen Biosphäre“, erklärt das Team.

Allerdings war bisher unklar, inwieweit auch tieferliegende Gesteine die Zusammensetzung der Bodenbakterien beeinflussen können. Um das zu testen, führten Simister und ihre Kollegen zunächst Vortests im Labor durch: Sie züchteten Mikroben aus arktischen Tundraböden einmal in Proben ihres gewohnten Bodens und einmal unter Zugabe kleinster Mengen gemahlenen Kimberlits. „Gerade Kimberlite sind gute Beispiele für mineralische Ressourcen, die unter Tundraböden verborgen liegen“, berichten sie.

Indikator-Arten für Kimberlit identifiziert

Es zeigte sich: In Gegenwart kleinster Kimberlitspuren veränderte sich die Artenzusammensetzung der Bodenmikroben deutlich, wie Analysen mithilfe der ribosomalen DNA der Bakterien ergaben. 65 Bakterienarten nahmen in Gegenwart von Kimberlit signifikant zu, während der Anteil von 310 anderen Bakterienarten deutlich abnahm. „Die 65 Spezies, die zugenommen hatten, machten nach der Inkubationszeit zusammen 60 Prozent der gesamten Mikrobengemeinschaft aus, vorher lag ihr Anteil bei nur 0,6 Prozent“, berichten die Forschenden.

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Als nächstes führte das Team einen Feldversuch an einer Probenstelle in den kanadischen Northwest Territories durch. Dort liegt das sogenannte Kelvin-Kimberlit unter 150 Meter Fels und vier Meter Gletschersediment verborgen. Würde dies trotzdem an den Bodenmikroben ablesbar sein? Um dies zu testen, nahmen Simister und ihr Team Bodenproben an verschiedenen Stellen mit und ohne unterliegenden Kimberlit und führten sowohl mikrobielle Analysen als auch die sonst bei der Kimberlitsuche gängigen geochemischen Analysen durch.

Kimberlit-Indikatoren
Übereinstimmung von Anstiegen der Indikatorarten (links, Mitte) und Kimberlitvorkommen (schwarze Linie) sowie Trefferquote der geochemischen Analysen (rechts). © Simister et al./ Communications Earth and Environment, CC-by 4.0

Mikroben sind treffsicherer als geochemische Analysen

Und tatsächlich: Überall dort, wo sich in mehr als 154 Meter Tiefe Kimberlit verbarg, fanden sich auch vermehrt die im Labor identifizierten Bakterienarten. „Von den 65 Indikator-Spezies waren 59 auch in den Böden über der DO-18-Kimberlit-Lagerstätte präsent“, berichtet das Forschungsteam. Zusätzlich fanden sie noch einige weitere Mikrobenarten, die in den Böden über der Lagerstätte auffallend häufiger vorkamen als in den Vergleichsböden abseits des Kimberlitvorkommens.

Und nicht nur das – die Mikrobenanzeiger waren sogar treffsicherer als die gängigen geochemischen Analysen, wie das Team feststellte. Während diese an mehreren kimberlitfreien Probenstellen falschpositive Ergebnisse erbrachten, entsprach die Verteilung der Bakterien-Indikatoren fast genau der der Kimberlit-Lagerstätte. Das gleiche zeigte sich auch, als die Forschenden diesen Test an einer anderen Stelle in den Northwest-Territories wiederholten. Demnach sind die „Kimberlit-Mikroben“ nicht rein lokal- oder ortsspezifisch.

Nützlich auch für die Suche nach anderen Rohstoffen

Nach Ansicht von Simister und ihrem Team demonstriert dies, dass Bodenmikroben selbst tiefliegende Vorkommen von diamantreichem Kimberlitgestein anzeigen können – und dies sogar besser und einfacher als geochemische Analysen. „Mikroben sind bessere Geochemiker als wir und es gibt tausende von ihnen“, sagt Simister. Die Bakteriengemeinschaften im Boden reagieren so sensibel auf mineralische Verbindungen aus dem Untergrundgestein, dass sie selbst Vorkommen in Dutzenden Meter Tiefe anzeigen können.

Die mikrobiellen Indikatoren könnten demnach dabei helfen, neue Kimberlitvorkommen zu erschließen – vor allem in der Arktis, in der schrumpfende Gletscher und tauende Permafrostböden neue Gebiete und potenzielle Rohstoffvorkommen zugänglich machen. „Die DNA-Sequenzierung von bodenlebenden Mikrobengemeinschaften hat aber auch Potenzial für eine ganze Palette von metallischen Lagerstätten, darunter Kupfervorkommen vom Porphyrtyp“, erklären die Forschenden. Denn auch für andere Erze könnte es jeweils spezifische mikrobielle Indikatoren geben.

„Damit repräsentieren die Mikroben ein neues Werkzeug für die geologische Erkundung mineralischer Rohstoffvorkommen“, sagt Koautorin Bianca Phillips von der University of British Columbia. „Dies könnte Prospektoren viel Zeit und Geld ersparen.“ (Communications Earth and Environment, 2023; doi: 10.1038/s43247-023-01020-z)

Quelle: University of British Columbia

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