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Grundwasser: Ein Fünftel der Brunnen könnte austrocknen

Sinkende Grundwasserspiegel gefährden die Wasserversorgung von Milliarden Menschen

Brunnen
Viele Brunnen könnten in Zukunft nicht mehr tief genug sein, um bei sinken n Grundwasserspiegeln Wasser zu fördern. © Mieszko9/ Getty images

Schwindende Ressource: Bis zu 20 Prozent der Grundwasserbrunnen weltweit sind vom Austrocknen bedroht. Denn sie sind nicht tief genug, um trotz sinkender Grundwasserspiegel weiter Wasser zu fördern, wie nun eine Studie im Fachmagazin „Science“ enthüllt. Sie zeigt auch, dass selbst neue Brunnen teils nicht an künftig tiefer liegende Wasservorräte angepasst sind. Damit könnten auch soziale Konflikte drohen.

Grundwasser ist die primäre Wasserquelle für fast die Hälfte der Weltbevölkerung. Es macht 96 Prozent der nichtgefrorenen Süßwasservorräte unseres Planeten aus. Doch in vielen Teilen der Welt werden die Reserven schneller ausgebeutet als sie sich wieder auffüllen können. Steigende Nachfrage – etwa für landwirtschaftliche und industrielle Zwecke – und schlechtes Management haben dazu geführt, dass viele Reservoire übernutzt sind.

Hinzu kommt, dass der Klimawandel den Nachschub gefährdet. Niederschläge verschieben sich oder bleiben aus, sodass Regionen wie der Mittelmeerraum Gefahr laufen, auszutrocknen. Viele Länder haben schon jetzt in Dürreperioden mit akutem Wassermangel zu kämpfen. Viele Grundwasserbrunnen trocknen zeitweise oder dauerhaft aus.

Brunnen nicht tief genug

Scott Jasechko und Debra Perrone von der University of California haben nun erstmals global erhoben, welche Grundwasserbrunnen in Zukunft besonders vom Trockenfallen gefährdet sind. Dazu werteten die Forscher Bauunterlagen für fast 39 Millionen Grundwasserbrunnen in 40 Ländern der Welt aus. Dabei erfassten sie unter anderem Daten über Standort, Tiefe und Zweck der Brunnen.

Das Ergebnis: „Wir zeigen, dass sechs bis 20 Prozent der Brunnen nicht mehr als fünf Meter tiefer als der Grundwasserspiegel reichen“, berichtet das Team. „Das bedeutet, dass Millionen von Brunnen dem Risiko ausgesetzt sind, trocken zu fallen, wenn der Grundwasserspiegel nur um wenige Meter sinkt.“ Auch in Europa und Nordamerika sowie in Teilen Südostasiens und Australiens erreichen viele Trinkwasserbrunnen nur relativ geringe Tiefen. Je nach Niederschlagssituation und Grundwasserspiegel könnte es daher auch in diesen Regionen zum Versiegen von Brunnen kommen.

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Kaum Anpassung an sinkende Pegel

Eine naheliegende Möglichkeit, die Trinkwasserversorgung an die sinkenden Grundwasserspiegel anzupassen, wäre das Anlegen tieferer Brunnen. Um herauszufinden, ob solche Anpassungen stattgefunden haben, verglichen Jasechko und Perrone im nächsten Schritt die Tiefe alter und neugebauter Brunnen. Dabei zeigte sich, dass viele neue Brunnen tatsächlich in größere Tiefen reichen als benachbarte ältere Brunnen.

Doch ausgerechnet in Regionen, in denen die Grundwasserspiegel rapide fallen, sind auch viele der neuen Brunnen nicht tief genug. „Neuere Brunnen werden an einigen der Orte, an denen der Grundwasserspiegel signifikant sinkt, nicht tiefer gebaut als ältere Brunnen, was darauf hindeutet, dass neuere Brunnen mindestens genauso wahrscheinlich trocken fallen werden wie ältere Brunnen, wenn der Grundwasserspiegel weiter sinkt“, so die Forscher.

Verschärfung sozialer Probleme

Die Analyse deutet auch darauf hin, dass sich soziale Probleme angesichts der zunehmenden Wasserknappheit verschärfen könnten. Da tiefere Brunnen teurer sind und außerdem mehr Energie erfordern, um das Wasser an die Oberfläche zu bringen, können sich oft nur reiche Menschen leisten, sie zu errichten und zu betreiben. Für ärmere Menschen, darunter auch kleine Landwirte, bedeutet dies, dass das Wasser aus ihren weniger tiefen Brunnen umso schneller schwindet.

Solche Tendenzen zeigen sich bereits jetzt – nicht nur in Ländern wie Indien, sondern auch in den USA. „Im Central Valley in Kalifornien und einigen anderen landwirtschaftlichen Zentren rund um den Globus sind die typischen landwirtschaftlichen Brunnen tiefer als die Hausbrunnen“, erklären die Forscher. „Das führt dazu, dass ländliche Hausbrunnen im Verhältnis zu den landwirtschaftlichen Brunnen überproportional austrocknen, obwohl Hausbrunnen tendenziell weniger Wasser entnehmen.“

In vielen Gebieten besteht überdies das Problem, dass tiefere Brunnen unabhängig von den Kosten nicht sinnvoll sind, da viele tiefe Wasserschichten kein Trinkwasser, sondern Brack- oder Salzwasser enthalten.

Regionale und globale Maßnahmen erforderlich

„Unsere Analyse zeigt, wie bedroht die bestehenden Brunnen von fallenden Grundwasserspiegeln sind“, betonen die Autoren. In einem begleitenden Kommentar, der ebenfalls in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlich wurde, schreiben James Famiglietti und Grant Ferguson vom Global Institute for Water Security der University of Saskatchewan in Kanada: „Jasechko und Perrone liefern implizit eine rechtzeitige Warnung, dass der universelle Zugang zu Grundwasser grundsätzlich gefährdet ist.“

Wichtig seien nun regionale und globale Anstrengungen, dem entgegenzuwirken. Andernfalls drohten schwerwiegende Konflikte um die Wassernutzung. „Es ist jetzt an der Zeit für wichtige Forschung sowie für eine wissenschaftlich fundierte Verwaltung und Politik, die sich mit der Nachfrage nach Grundwasser befasst und seine Übernutzung beseitigt“, so Famiglietti und Ferguson. (Science, 2021, doi: 10.1126/science.abc2755)

Quelle: Science

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