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Klima

Gletscher verursachen ein Drittel des Meeresspiegel-Anstiegs

Ein Prozent des Eises in den Gletschern bewirkt genauso viel wie die restlichen 99 Prozent

Der Aletschgletscher in den Alpen verliert seit dem 19. Jahrhhundert an Masse © Frank Paul

Gletscher machen nur rund ein Prozent des gesamten Eises auf der Erde aus. Der Rest ist in den großen Eisschilden der Polargebiete gespeichert. Trotzdem trugen die Gletscher in den letzten Jahren genauso viel zum Meeresspiegel-Anstieg bei, wie Arktis und Antarktis zusammen. Rund ein Drittel der steigenden Pegel gehen auf das Konto von Gebirgsriesen, die ihre Eiskappe verlieren, das berichtet ein internationales Forscherteam im Fachmagazin „Science“. Dies zeige, dass bisherige Schätzungen oft ungenau waren und den Eisverlust einzelner Gletscherregionen überschätzten.

Die riesigen Eisschilde der Antarktis und Grönlands enthalten rund 99 Prozent des als Eis gespeicherten Wassers auf unserem Planeten. Ihre Eismassen erstrecken sich über tausende von Kilometern. Eher mickrig nehmen sich dagegen die Gebirgsgletscher aus, die Eiskappen auf den Gipfeln hoher Berge, angefangen vom Aletschgletscher in den Alpen bis zu den Eisströmen Patagoniens, der Anden oder des Himalaya. Wie viel diese Gletscher zum Anstieg des Meeresspiegels beitragen, war zuvor unklar, die Schätzungen gingen weit auseinander. Eine internationale Forschungsgruppe hat daher nun eine Art Inventur der globalen Gebirgsgletscher und ihrer Entwicklung durchgeführt.

Mit Gravitations-Sensoren und Laser

Für ihre Studie werteten die 16 Forscher aus neun Ländern die Daten von Messungen am Boden aus, aber auch von der Satelliten ICESat und GRACE aus. Letzterer misst Änderungen im Schwerefeld der Erde und kann so auf den Verlust oder Zugewinn von Eismassen schließen. Er liefert allerdings nur mittlere Werte über hunderte von Kilometern hinweg. ICESat ist dagegen mit Lasern ausgestattet, die den Abstand zur Erdoberfläche messen und so die Höhe eines Gletschers und damit indirekt seine Eisdicke ermitteln. In Kombination mit einem erstmals weltweit verfügbaren Gletscherinventar konnten die Wissenschaftler durch Kombination dieser Daten die Massenänderungen der Gletscher in allen Regionen der Erde viel genauer als bisher bestimmen.

Der Perito Moreno Gletscher in Patagonien © Etienne Berthier

Das Ergebnis: Rund ein Drittel des Meeresanstiegs in den Jahren 2003 bis 2009 wurde durch das Abschmelzen der Gletscher verursacht. Rund 260 Milliarden Tonnen Schmelzwasser strömten von den Eisströmen in die Ozeane. Ein weiteres Drittel stammt von den Eisschilden und das restliche Drittel geht auf die thermische Ausdehnung des Meerwassers zurück.

Wie die Forscher berichten, haben fast alle vergletscherten Regionen in den letzten Jahren an Masse verloren, am deutlichsten jene in der kanadischen Arktis, in Alaska, entlang der Küste Grönlands, in den südlichen Anden und im Himalaya. Im Gegensatz dazu haben die Gebirgsgletscher der Antarktis – kleinere Eisströme, die nicht mit dem Eisschild verbunden sind – in diesem Zeitraum wenig zum Anstieg des Meeresspiegels beigetragen.

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Vom Eisschild getrennt: lokale Gebirgsgletscher in Grönland © Frank Paul

Eisverlust bisher überschätzt?

Dieser Befund weicht deutlich von bisherigen Schätzungen ab, wonach allein die antarktischen Gletscher in den Jahren 1961 bis 2004 rund 30 Prozent des globalen Eisverlustes von Gletschern verursacht haben sollten. „Allerdings sind hier weder die Zeiträume noch die Datenbasis direkt vergleichbar“, sagt Tobias Bolch von der Universität Zürich. „Man sollte diesbezüglich also noch keine voreiligen Schlüsse ziehen.“ Dennoch neigen die traditionell angewandten Extrapolationen von lokalen Feldmessungen auf ganze Gebirgszüge nach Ansicht der Forscher dazu, den Eisverlust zu überschätzen.

„Frühere globale Schätzungen über den Beitrag von Gletschern zum Meeresspiegelanstieg sollten noch einmal überarbeitet werden“, empfehlen die Forscher daher. „Mit dem nun getesteten und angewandten Verfahren sind wir einen großen Schritt weiter, um die Massenänderungen von Gletschern genauer bestimmen zu können“, so Bolch. (Science, 2013; doi: 10.1126/science.1234532)

(Universität Zürich / Science, 17.05.2013 – NPO)

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