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Erdgeschichte

Älteste Gletscher der Erde nachgewiesen

Fossile Endmoräne und Isotopenwerte zeugen von Vereisung schon vor 2,9 Milliarden Jahren

Gletscher
Wann gab es die ersten Gletscher und Vereisungen auf unserem Planeten? © noodles79/ Getty images

Urzeitliche Vereisung: In Südafrika haben Geoforscher Spuren der ältesten Vergletscherung unseres Planeten entdeckt. 2,9 Milliarden Jahre alte Gletschersedimente mit auffallend niedrigen Anteilen des Sauerstoff-Isotops 18O deuten darauf hin, dass diese Gesteinsformation während einer eisreichen Kälteperiode entstand. Ob diese Region damals in Polnähe lag oder ob die junge Erde eine frühe „Schneeball“-Phase mit fast globaler Vergletscherung durchlief, ist noch unklar.

Unser Planet hat im Laufe seiner Geschichte immer wieder Kälte- und Wärmephasen durchlaufen. So war das Klima beispielsweise in der Kreidezeit so mild, dass selbst in der Antarktis Regenwälder wuchsen. Vor rund 700 Millionen verwandelte dagegen eine globale Kältephase die Erde in einen „Schneeball„, auf dem nur noch wenige äquatornahe Oasen eisfrei blieben. Doch wie es in den Anfängen der Erdgeschichte um das Klima bestellt war, ist wegen fehlender Fossilien und geeigneter Gesteinsformationen bisher nur in Teilen geklärt.

Schneeball Erde
Vor rund 700 Millionen Jahren war die Erde größtenteils vereist. Könnte dies vor 2,9 Milliarden Jahren auch schon mal passiert sein? © MihailUlianikov/ iStock.com

2,9 Milliarden Jahre alte Gletschermoränen?

Jetzt könnten Geoforscher den bisher ältesten Beleg für einen irdischen Gletscher gefunden haben. Basis dafür ist die Pongola Supergroup – eine vor rund 2,9 Milliarden Jahre entstandene Gesteinsformation in Südafrika. „Diese Formation ist eines der wenigen Areale, in denen Gesteine aus der frühen Erdgeschichte weitgehend intakt und unverändert erhalten sind“, erklärt Ilya Bindeman von der University of Oregon.

Geologische Untersuchungen haben ergeben, dass das Sedimentgestein von seiner Struktur her Diamiktiten ähnelt – durchmischten Ablagerungen, wie sie unter anderem im Umfeld von Gletschern vorkommen. „Diese Ablagerungen sind fossile Gletschermoränen – das Geröll, das ein Gletscher zurücklässt, wenn er taut und sich zurückzieht“, so Bindemann. „Das sind die ältesten jemals entdeckten Moränen-Ablagerungen.“

Überprüfung anhand von Sauerstoff-Isotopen

Allerdings: Diamiktite könnte theoretisch auch durch vulkanische Schlammströme oder unterseeische Gerölllawinen entstehen. Daher war bisher strittig, ob die Pongola-Formation tatsächlich Spuren früher Gletscher zeigt oder nicht. Um diese Zweifel auszuräumen, hat nun Bindeman gemeinsam mit Axel Hofmann von der University of Johannesburg nach weiteren Indizien für urzeitliche Vereisung gesucht. Dafür analysierten sie den Anteil verschiedener Sauerstoff-Isotope in Proben aus verschiedenen Schichten der Pongola-Formation.

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„Wir haben uns die relativen Gehalte der drei Sauerstoff-Isotope 16O, 17O und 18O angeschaut“, berichtet Bindeman. Das Verhältnis dieser Elementvarianten in Sedimentgesteinen kann verraten, unter welchen Klimabedingungen diese einst abgelagert wurden. Dabei gelten auffallend niedrige Anteile des schweren Isotops 18O als Indiz für eine Vereisung, abrupte Abnahmen dieses Isotops als Hinweis auf einen Kälteeinbruch.

Isotopenwerte
O-18-Gehalte von Schiefergesteinen und Diamiktiten (schwarz, blau) und von Proben aus der Pongola-Formation (orange, gelb, grau). Gestrichelte Linien zeigen bekannte Phasen der Vereisungen an. © Hofmann und Bindeman / Geochemical Perspectives Letters, CC-by-nc-nd 4.0

Isotope bestätigen frühe Vereisung

Und tatsächlich: „Wir stellten fest, dass diese Gesteine sehr niedrige Anteile von 18O enthielten und relativ viel 17O“, berichtet Bindeman. „Das spricht dafür, dass sie bei frostigen Temperaturen gebildet wurden – das bedeutet Eis. Wenn man diese geochemischen Daten mit dem Fund der Diamiktite verbindet, dann ist das ein Beleg für Gletscher.“ Damit seien diese 2,9 Milliarden Jahre alten Sedimentgesteine die weltweit ältesten Zeugnisse für eine Vergletscherung.

Möglicherweise ist es kein Zufall, dass eines der größten sedimentären Goldvorkommen der Erde in Gesteinsschichten knapp oberhalb der Pongola-Formation existiert. Diese goldhaltigen Ablagerungen sind entstanden, kurz nachdem sich das Klima in dieser Region wieder erwärmte. „Es könnte sein, dass der Wechsel von frostigen zu warmen Bedingungen zur Bildung dieser Goldvorkommen beigetragen hat“, sagt Hofmann. „Aber das muss erst noch in weiteren Arbeiten untersucht werden.“

Regionale Gletscher oder globale Vereisung?

Warum dieses Gebiet im heutigen Südafrika vor 2,9 Milliarden Jahren vereiste, ist allerdings noch nicht geklärt. „Die Abkühlung könnte mit einer Drift des Kaapvaal-Kratons in Richtung eines Pols verknüpft sein“, erklären die Forscher. Denkbar sei aber auch, dass es zu dieser Zeit eine ausgedehntere, möglicherweise sogar globale Kälteperiode gab – eine frühe Schneeball-Erde-Phase. Dann wäre die Pongola-Formation das älteste Zeugnis einer solchen globalen Vereisung.

„Niedrige atmosphärische Konzentrationen von Kohlendioxid und Methan könnten damals einen umgekehrten Treibhausgas-Effekt ausgelöst haben, durch den weite Teile des Planeten vereisten“, sagt Hofmann. Aber beide Szenarien seien wissenschaftlich interessant und sollten weiter untersucht werden, so der Geoforscher.

Ähnlich sieht es auch der nicht an der Studie beteiligte Geowissenschaftler Andrey Bekker von der University of California in Riverside: „Mögliche geologische Belege für eine Vergletscherung zu jener Zeit werden schon seit Jahrzehnten heiß diskutiert“, sagt er. „Die Szenarien und Erklärungsmodelle reichen dabei von einer Vereisung wegen einer Höhenlage im Gebirge bis zu Gletschern der hohen Breiten. Die Sauerstoff-Isotopenanalyse ergänzt diese Debatte nun um eine ganz neue Beweiskette.“ (Goldschmidt Conference 2023, Talk 17171; Geochemical Perspectives Letters,  2023; doi: 10.7185/geochemlet.2319)

Quelle: Goldschmidt Conference

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