Epithelzellen bedecken alle inneren und äußeren Oberflächen des Körpers und besitzen eine funktionell deutlich unterschiedliche Ober- und Unterseite. Entgegen bisherigen Annahmen entstehen diese beiden Seiten jedoch nicht in allen Epithelzellen gleich, sondern jeweils unterschiedlich. Wissenschaftler belegen in der Fachzeitschrift „Journal of Cell Science“, dass dabei jeweils eine andere Variation eines Komplexes aus fünf Kernproteinen aktiv ist und die Epithelzellen ausrichtet.
Weltweit nutzen Wissenschaftler Zebrafische, um die Entwicklungen von Wirbeltieren, zu denen auch der Mensch gehört, zu untersuchen. Zebrafische sind nur wenige Zentimeter groß und ihre Embryonen sind durchscheinend, so dass die Forscher jede Veränderung unter dem Mikroskop beobachten können. In der frühen Entwicklung des Zebrafisches gleicht sein Herz einem Schlauch, der von einer Pumpe aus Epithelzellen umgeben ist. Ober- und Unterseite einer Epithelzelle unterscheiden sich deutlich. Die Oberseite, die das Organ gegenüber Gewebsflüssigkeit, Hohlräumen oder der Umwelt abgrenzt, erfüllt andere Aufgaben als die zum Bindegewebe gewandte Unterseite. Diese beiden Pole einer Epithelzelle sind für die Funktion des Herzens und anderer Organe lebenswichtig.
Unterschiede im Proteinkomplex
Bislang nahmen Wissenschaftler an, dass die Entstehung der Zellpole von einem Proteinkomplex gesteuert wird, den Wissenschaftler Crumbs/Nagie-Komplex nennen. Doch die Forscher Nana Bit-Avragim, Nicole Hellwig und Salim Abdelilah-Seyfried vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch enthüllten nun in Untersuchungen an Zebtrafischen, dass dieser Komplex keineswegs immer gleich ist.
„Überraschend ist, dass je nach Gewebe der Proteinkomplex eine andere Zusammensetzung zeigt, jedoch voll funktionsfähig ist“, erläutert Abdelilah-Seyfried. „Das bisherige Programm mag zwar für einzelne Zellen im Zelllabor zutreffen, in einem komplexen Organismus wie dem Zebrafisch gibt es jedoch viele Abweichungen.“ So werden einige Proteine im Herzen nicht benötigt, die für die Entstehung der Epithelzellen der Netzhaut hingegen grundlegend sind.
Nach Auffassung der Forscher deuten diese Abweichungen darauf hin, dass die Epithelzellen sich an ihre Aufgaben im jeweiligen Gewebe angepasst haben. Diese Vorgänge sind aber bislang wenig verstanden. Jetzt wollen die MDC-Forscher herausfinden, ob noch weitere Proteine an der Zellpolarisation von Epithelzellen beteiligt sind.
(Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC), 07.08.2008 – NPO)