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Biologie

Top Ten der neu entdeckten Arten gekürt

Dazu gehören eine leuchtende Schabe, ein fleischfressender Schwamm und ein Affe mit Menschenaugen

Die Schabe Lucihormetica luckae leuchtet im Dunkeln © Peter Vrsansky

Eine im Dunkeln leuchtende Schabe, ein fleischfressender Schwamm und das kleinste Wirbeltier der Erde – das sind drei Beispiele aus den Top Ten der im Jahr 2012 neu entdeckten Arten. Ausgewählt werden die zehn spannendsten und außergewöhnlichsten Entdeckungen jedes Jahr von einem internationalen Komitee, um zu zeigen, wie wenig viele faszinierende Überraschungen die Natur unseres Planeten noch immer bereit hält.

Für ihre Auswahl durchmusterte das internationale Komitee mehr als 140 nominierte Arten, die im Jahr 2012 offiziell neu beschrieben und benannt worden sind. „Die endgültige Liste aus der breiten Auswahl von Bakterien, Pilzen, Pflanzen und Tieren auszuwählen ist extrem schwierig“, erklärt Antonio Valdecasas vom Museo Nacional de Ciencias Naturales in Madrid. „Wir suchen nach Organismen mit unerwarteten Merkmalen und solchen, die in seltenen oder schwer zu erreichenden Lebensräumen vorkommen. Aber auch Lebewesen, die für den Menschen besondere Bedeutung haben, kommen in die engere Auswahl.“

Zartes Kunstwerk und Liliput-Organismen

Unter den Top Ten des Jahres 2012 ist unter anderem der fleischfressende Schwamm Chondrocladia lyra, der vor der kalifornischen Küste in rund 3.400 Metern Tiefe entdeckt wurde. Der Schwamm gleicht eher einem Kunstwerk oder einem Musikinstrument. Er besteht aus bis zu 20 senkrecht nach oben ragenden feinen Stäben, an deren Spitze jeweils eine rundliche Erweiterung sitzt. Zusammen bilden sie einen Fangapparat für Kleinkrebse und anderes Plankton.

Ebenfalls unter den Top Ten ist das kleinste Wirbeltier der Welt, der Frosch Paedophryne amanuensis aus Neuguinea. Er misst gerade einmal sieben Millimeter und lebt in der Laubstreu des tropischen Regenwalds. Ebenfalls aus dem Reich der Mini-Lebewesen ist das Liliput-Veilchen (Viola lilliputana), das nur auf einem Plateau in den peruanischen Anden vorkommt. Seine gesamten oberirdischen Pflanzenteile werden nur maximal einen Zentimeter groß, damit gehört es zu den kleinsten Blütenpflanzen der Erde.

Leuchtende Schabe und lebendes Fossil

Ungewöhnlich ist auch die Schabe Lucihormetica luckae, denn sie lässt ihren Kopf und Vorderkörper im Dunkeln leuchten. Eine biochemische Reaktion erzeugt einen gelblich-grünen Schein, der möglicherweise dazu dient, einen giftigen, auf ähnliche Weise leuchtenden Käfer zu imitieren. Von dieser Schabe ist bisher nur ein einziges Exemplar gefunden worden, sie stammt aus einem Gebiet in Ecuador, das kurz nach dem Fund des Tieres durch einen Vulkanausbruch verwüstet wurde.

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Zwischen den Gingko-Blättern ist das lebende Fossil Juracimbrophlebia ginkgofolia kaum zu entdecken. © Chen Wang

Ein lebendes Fossil ist ein zu den Skorpionsfliegen gehörendes Insekt, die in der Inneren Mongolei entdeckte Fliege Juracimbrophlebia ginkgofolia. Sie ist darauf spezialisiert, an der Unterseite von Gingkoblättern hängend auf Beute zu lauern, durch ihre grüne Farbe und lappigen Flügel ist sie dabei bestens getarnt. Sie gleicht dabei in Aussehen und Verhalten verblüffend ihren Vorfahren, die schon vor rund 160 Millionen Jahren in den Wäldern des Jura auf ihre Beute warteten.

Flickr als Entdeckungshelfer

Dem Internet verdankt ein weiteres Insekt seine Entdeckung: Der in Malaysia lebende Hock Ping Guek machte einen Schnappschuss der Florfliege Semachrysa jade in einem Park nahe Kuala Lumpur und stellte es in seiner Flickr-Galerie vor. Dort sah ein US-amerikanischer Insektenforscher das Portrait des Tieres mit dem auffallenden dunklen Fleck auf den zarten durchsichtigen Flügeln und erkannte, dass es sich um eine ungewöhnliche, bisher unbekannte Variante handelte.

Der fleischfressende Schwamm Chondrocladia lyra © MBARI

Unter den Top Ten findet sich auch ein Affe, der erstaunlich menschenähnliche Augen besitzt. Der in der Demokratischen Republik Kongo entdeckte Cercopithecus lomamiensis erstaunt zudem durch ein leuchtend blaues, nacktes Hinterteil und eine sehr lauten, weithin hallenden Ruf. Im Hochland von Panama entdeckten Forscher die Schnecken fressende Schlange Sibon noalamina. Sie erhielt den Beinamen noalamina vom spanischen Ausdruck für „Nein zur Mine!“. Denn das bunt geringelte, eine giftige Korallenschlange imitierende Reptil lebt in einem Gebiet, das durch Erzminen bereits weitgehend zerstört ist.

Kunst fressende Pilze und ein Wald aus Myrten

Ebenfalls unter den Top Ten ist eine Pilzart, die die steinzeitlichen Wandgemälde der Höhle von Lascaux zu ihrer Lieblingsspeise gemacht hat. Seit 2001 tauchen dort immer wieder schwarze Flecken auf den Jahrtausende alten Gemälden auf, die sich nach näherer Untersuchung als bisher unbekannte Pilzart entpuppten. Ein ganzer Wald aus einer immergrünen Verwandten der Myrte rundet die zehn spannendsten Funde des letzten Jahres ab. Die auf Madagaskar vorkommende Myrtenart Eugenia petrikensis ist eine von sieben in den feuchten Küstenwäldern der Insel neu entdeckten Pflanzenarten. Ihr Lebensraum ist stark bedroht, denn von dem einst mehr als 1.600 Kilometer langen Band dieser Küstenwälder existieren nur noch vereinzelte kleine Reste.

„Ich weiß nicht, ob ich mehr erstaunt darüber sein soll, wie viele neue Arten wie jedes Jahr entdecken oder wie tief unser Unwissen über die Artenvielfalt unseres Planeten noch immer ist“, erklärt Quentin Wheeler, Direktor des International Institute for Species Exploration an der University of Arizona. „Wir durchsuchen den Himmel nach anderen erdähnlichen Planeten, dabei sollten wir es eher unsere Priorität machen, die Biodiversität des erdähnlichsten Planeten von allen kennenzulernen: der Erde.“

Eine Galerie mit Beschreibungen aller Top Ten Arten gibt es im Internet.

(Arizona State University, 27.05.2013 – NPO)

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