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Umwelt

Obst und Gemüse mit Perchlorat kontaminiert

Auf die Schilddrüse wirkende Chemikalie könnte über Düngemittel in die Lebensmittel gelangt sein

Zucchini, aber auch jedes andere Gemüse kann mit Perchlorat kontaminiert sein © USDA

Obst und Gemüse vom Discounter, Supermarkt und Wochenmarkt können mit der Chemikalie Perchlorat kontaminiert sein. Enthalten ist die Substanz unter anderem in Wassermelonen, Zucchini und Blattsalaten, wie Tests im Auftrag des NDR-Verbrauchermagazins „Markt“ ergaben. Das Perchlorat kann in höheren Mengen die Schilddrüsenfunktion beeinflussen und habe daher in Lebensmitteln nichts zu suchen, so der untersuchende Lebensmittelchemiker. Es ist möglicherweise mit Düngemitteln in das Obst gelangt.

Perchlorat entstehen unter anderem, wenn UV-Licht auf chlorhaltige Verbindungen in der Atmosphäre trifft. Über den Regen und absinkenden Staub gelangt die Chemikalie dann in die Gewässer. In Wüstenregionen kann der Boden durch Staub stark mit Perchloraten angereichert sein. Dann findet sich dieser Stoff beispielsweise als Verunreinigung in Chilesalpeter, einem für die Düngemittel-Herstellung abgebauten Material. Dass Perchlorat auch in Lebensmitteln als Kontamination auftreten kann, war bisher kaum bekannt.

Perchlorat in fast jeder Probe

Um zu prüfen, ob in Deutschland verkauftes Obst und Gemüse Perchlorat enthalten, hat das NDR-Verbrauchermagazin „Markt“ 17 Proben aus verschiedenen Herkunftsländern in einem Labor untersuchen lassen. Eingekauft wurde dafür in Discountern, Supermärkten und auf dem Wochenmarkt. Das erschreckende Ergebnis: In fast jeder Probe hat das Labor die Chemikalie Perchlorat gefunden. In drei Proben – Zucchini aus Spanien von Lidl, sowie Wassermelone aus Spanien und Kopfsalat aus Belgien von Edeka – waren weit mehr als die vom Bundesinstitut für Risikobewertung empfohlene Höchstmenge enthalten.

„Perchlorat hat in Lebensmitteln überhaupt nichts zu suchen. Vor allem für Kinder könnte das gesundheitliche Folgen haben“, warnt Günter Lach, Chemiker und Lebensmittelanalytiker. Denn die Chemikalie blockiert die Aufnahme von Jod in der Schilddrüse und beeinflusst damit den Stoffwechsel dieses wichtigen Organs.

Das Problem: Perchlorat lässt sich von Obst und Gemüse weder abwaschen, noch verflüchtigt es sich beim Kochen. Die Tests ergaben auch, dass Bio-Lebensmittel offenbar von dem Problem weniger betroffen sind als konventionell angebautes Obst und Gemüse. Experten vermuten daher, dass das Perchlorat über verunreinigtes Düngemittel in das Obst und Gemüse gelangt sein könnte.

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Problem ist neu auch für Behörden und Hersteller

Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) erklärte dazu: „Das Auftreten von Perchlorat in Lebensmitteln ist ein neues Problem. Die zuständigen Behörden arbeiten derzeit intensiv an der Klärung der Ursachen und an entsprechenden Maßnahmen.“ Da sich die Funde von Perchlorat in Lebensmitteln nicht auf bestimmte Regionen begrenzen lassen, hat Deutschland die EU-Kommission informiert, verbunden mit der Bitte um eine Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA.

Der Redaktion der Sendung „Markt“ sollen darüber hinaus Unterlagen vorliegen, die belegen, dass auch die Erzeuger das neue Problem kennen. Sie haben bereits selbst Untersuchungen gemacht und Daten zu Perchlorat gesammelt. Demnach kann fast jede Sorte Obst und Gemüse belastet sein. „Die von Ihnen aufgezeigten Befunde nehmen wir sehr ernst“, schreibt Edeka als Reaktion auf die Tests. „Wir haben Kontakt mit den jeweiligen Produzentenvereinigungen aufgenommen und sie aufgefordert, die Kontrollen noch weiter zu intensivieren.“ Der Discounter Lidl teilte mit, man habe „Lieferanten sensibilisiert und über die Gefahr eines unbewussten Eintrags von Perchlorat in Obst und Gemüse informiert“.

„Hier muss eine ganz klare Regelung her, dass solche Stoffe wie Perchlorat nicht mehr in den Produkten enthalten sein dürfen. Es sind alle die in der Verantwortung, die die Lebensmittel an den Verbraucher abgeben. Der Lebensmitteleinzelhandel muss entsprechenden Druck entwickeln – auf Erzeuger und Lieferanten von solchen Düngemitteln“, fordert Günter Lach.

(NDR, 17.06.2013 – NPO)

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