Forscher haben den Mechanismus zur Feinregulation der RNA-Synthese entschlüsselt. Sie identifizierten dabei das Enzym TFIIH-Kinase als einen wichtigen Faktor bei der epigenetischen Steuerung des Zellkern-Enzyms RNA-Polymerase II.
{1r}
Die neuen Ergebnisse bilden einen weiteren Baustein, um die Entstehungsmechanismen von Krebs und anderen Erkrankungen besser zu verstehen, berichten die Wissenschaftler um Professor Dirk Eick vom Helmholtz Zentrum München zusammen mit Kollegen der Universität Wisconsin-Madison, USA, in der Fachzeitschrift „Molecular Cell“.
Schon seit vielen Jahren ist bekannt, dass die Vielzahl der biologischen Funktionen eines Organismus nicht nur durch die bloße DNA-Sequenz seiner Gene kontrolliert wird: Es existieren übergeordnete Regulationsmechanismen, die das Schicksal der Gene mitbestimmen und die – obwohl nicht im Erbgut verankert – in gewissem Umfang sogar an nachfolgende Generationen weitergegeben werden können. Diese unter dem Begriff Epigenetik zusammengefassten Mechanismen sind – wie man dank intensiver Forschung der letzten Jahre weiß – sehr vielfältig und komplex.
Kinase an der epigenetischen Regulation beteiligt
Das internationale Forscherteam hat nun ein weiteres Puzzleteil der epigenetischen Regulation identifiziert: Sie konnten zeigen, dass das Enzym TFIIH-Kinase an der epigenetischen Regulation beteiligt ist.
Die Wissenschaftler interessierten sich für die Feinregulation des Zellkern-Enzyms RNA-Polymerase II. Dieses überträgt die genetische Information der Erbsubstanz DNA in eine Boten-RNA – die so genannte messenger-RNA oder kurz mRNA -, die ihrerseits die Basis für die Synthese von Proteinen ist. Gleichzeitig ist die RNA-Polymerase II aber auch für die Herstellung anderer Arten von RNA-Molekülen, den so genannten snRNA, zuständig, die nicht in Proteine übersetzt werden, sondern andere Aufgaben übernehmen.
Sieben Aminosäuren sind der Schlüssel
In früheren Studien hatten Eick und seine Kollegen beobachtet, dass eine bestimmte Region des RNA-Polymerase II-Enzyms – die so genannte carboxyterminale Domäne – darüber mitentscheidet, welche RNA-Arten gebildet werden. Beim Menschen besteht diese Domäne aus 52 Wiederholungen einer Sequenz von sieben Aminosäuren.
Für die RNA-Synthese ist ausschlaggebend, ob und wie bestimmte Aminosäuren dieses Bereichs biochemisch modifiziert sind. So ist es für die Synthese der snRNA zwingend notwendig, dass die Aminosäure Serin an Position 7 der sich wiederholenden Sequenz mit einer zusätzlichen Phosphatgruppe ausgestattet ist. Fehlt diese, wird zwar mRNA, aber keine snRNA hergestellt.
Grund dafür ist vermutlich, dass diese Phosphorylierung die Wechselwirkung mit einem Proteinkomplex – dem so genannten Integrator-Komplex – ermöglicht, der für die snRNA-Bildung notwendig ist. Mit anderen Worten: Die Modifizierung des Enzyms RNA-Polymerase II an definierten Positionen regelt, ob dieses Enzym bestimmte Arten von RNA-Molekülen herstellen kann oder nicht.
Krankheiten besser verstehen
In ihrer neuen Studie konnten die Wissenschaftler um Eick nun zeigen, dass das Enzym TFIIH-Kinase für die selektive Phosphorylierung der RNA-Polymerase II verantwortlich ist. „Damit ist ein weiterer Baustein identifiziert, der bei der epigenetischen Regulation durch die RNA-Polymerase II eine zentrale Rolle spielt“, sagt Eick. „Dies ist von großer Bedeutung, denn die Kenntnis der epigenetischen Mechanismen ist notwendig, um Krebs und andere Erkrankungen besser verstehen und gezielter behandeln zu können.“
(idw – Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, 17.06.2009 – DLO)