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Evolution

Neanderthaler und Co.

Drei Ausstellungen und ein Kongress erinnern an die Entdeckung vor 150 Jahren

Schädelkalotte des Neandertalers © Universität Bonn/G. Oleschinski

Drei Ausstellungen und ein Kongress werden im kommenden Jahr unter dem Motto „Neanderthaler und Co.“ an die Entdeckung des Neandertalers vor 150 Jahren erinnern. 1856 hatten Steinbrucharbeiter in dem Tal bei Mettmann 42.000 Jahre alte Knochen gefunden, die einer ganzen Menschenart weltweit den Namen gaben.

Das Neanderthal Museum am gleichnamigen Fundort wird vom 4. Mai bis zum 24. September 2006 sowohl das Klischee vom wilden Mann als auch die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse unter anderem über den Alltag dieser frühen Menschenart zeigen („Hautnah. Neanderthaler“).

Im Westfälischen Museum für Archäologie in Herne will eine Ausstellung über das Klima sowohl die Anpassungsfähigkeit der Menschen, Tiere und Pflanzen über die Jahrtausende als auch die Wetter-Extreme vor sechs Millionen Jahren bis zu zukünftigen Hochwasserkatastrophen erlebbar machen („Leben in Extremen“, Juni 2006 bis April 2007).

Das Rheinische Landesmuseum Bonn lädt vom 7. Juli bis 19. Dezember zu einem „Familientreffen“ von Vor- und Frühmenschen aus Afrika, Asien und Europa ein, die zum ersten Mal gemeinsam in einer Ausstellung zu sehen sein werden („Roots//Wurzeln der Menschheit“).

Vom 21. bis 26. Juli 2006 werden sich über 200 Wissenschaftler aus der ganzen Welt in der Universität Bonn zu einem internationalen Kongress treffen („150 Years of Neanderthal Discovery“).

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„Kein anderer Fund aus Deutschland ist weltweit so bekannt wie der Neandertaler“, sagte Prof. Heinz Günter Horn vom NRW- Städtebauministerium am 23. August 2005 in Mettmann zur Bedeutung des Gemeinschaftsprojektes. Die Ausstellungen und der Kongress stehen unter der Schirmherrschaft des NRW-Ministerpräsidenten und der Unesco.

„Hautnah. Neanderthaler“

Die Ausstellung in Mettmann nimmt zehn Jahre nach Gründung des Museums das Bild vom Neandertaler in der Öffentlichkeit und in der Wissenschaft unter die Lupe. „Die Vorstellung vom gebückten Neandertaler mit der Keule ist eine Stereotype“, so Professor Gert Kaiser, Vorsitzender der Stiftung Neanderthal Museum. „Eine frühe Rekonstruktion seines Skeletts war einfach falsch, und für Keulen gibt es keinen einzigen Nachweis.“

Neben der Rezeptionsgeschichte der vergangenen 150 Jahre geht es auch um die verschiedenen Methoden der Rekonstruktion bis zu modernen digitalen Techniken. Im Zentrum der Ausstellung werden nach Angaben von Museumsleiter Professor Gerd-C. Weniger sechs Schicksale von individuellen Neandertalern stehen: Vom Baby bis zum Greis sollen typische Lebenssituationen dem Besucher den Alltag dieser Menschen vor 42.000 Jahren näher bringen. Zum Abschied kann jeder Besucher sein eigenes Computerporträt als Neandertaler mitnehmen.

„Leben in Extremen“

Die Klimaausstellung in Herne zeigt auf 1.300 Quadratmetern die Auseinandersetzung des Menschen mit seiner Umwelt und dem Klima. Das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) wird rund 300 Funde aus allen Kontinenten präsentieren. Die Exponate von zwei Millionen Jahre alten Steinwerkzeugen aus Afrika bis zur aktuellen UV- Schutzkleidung aus Australien spannen einen Bogen, der bis in die Zukunft der nächsten 75.000 Jahre reichen soll.

LWL-Direktor Wolfgang Schäfer: „Wir Menschen beeinflussen heute unser Klima massiv. Es hat aber immer große Klimaschwankungen und Naturkatastrophen gegeben – auch ohne die Menschen. Besonders diese großen Naturkatastrophen als Wendepunkte der Klimageschichte interessieren uns – bis hinein in die ungewisse Zukunft.“ In so genannten Klimakapseln kann der Besucher die eigene Anpassungsfähigkeit an extremes Klima wie einen simulierten Staubsturm oder Überflutung testen. Spektakuläre Exponate wie das Mammutbaby „Dima“ aus Russland verdeutlichen, wie sich Lebewesen immer wieder – zum Beispiel den langen Eiszeiten – angepasst haben.

„Roots//Wurzeln der Menschheit“

Die „Wurzeln der Menschheit“ wird das Rheinische Landesmuseum, getragen vom Landschaftsverband Rheinland (LVR), mit 70 originalen Funden aus der ganzen Welt nachzeichnen. Die Ausstellung erzählt die Entwicklungsgeschichte des Menschen von den ersten Primaten und dem Punkt, als sich Affen und Menschen trennten, über den aufrechten Gang vor über vier Millionen Jahren und die weltweite Ausbreitung der ersten Menschen bis zur Gegenwart. Aber auch Nebenlinien wie die so genannten Nussknacker-Menschen werden in der Ausstellung in Bonn gezeigt. „Wir wollen die Schöpfungsmythen der Menschen zeigen, die uns fast ausnahmslos als unveränderbare Wesen darstellen. Dem setzen wir die Revolution unseres Wissens im 19. Jahrhundert durch das Aufkommen der Evolutionstheorie gegenüber“, sagt LVR-Direktor Udo Molsberger.

Komplettiert wird die Schau durch die originalen Funde aus dem Neandertal und die neue Neandertaler-Forschung der vergangenen 15 Jahre. Die wissenschaftliche Vorlage der Ausgrabungen im Neandertal und in Mönchengladbach-Rheindahlen wird 2006 in der Reihe „Rheinische Ausgrabungen“ des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege erfolgen. Zudem wird ein Führer zu Fundstellen aus der zeit des Neandertalers im Rheinland und in Westfalen erscheinen.

„150 Years of Neanderthal Discovery“

Um die neuesten Forschungsergebnisse zum Neandertaler geht es auch auf dem internationalen Kongress an der Universität Bonn, an dem über 200 Wissenschaftler teilnehmen werden – darunter Genetiker, Anthropologen, Archäologen, Geologen und Paläontologen. Schwerpunkte sind unter anderem die Umweltbedingungen, unter denen der Neandertaler vor über 40.000 Jahren lebte, aber auch seine Stellung in der Stammesgeschichte des Menschen.

Professor Thomas Litt, Paläontologe der Universität Bonn: „Früher glaubte man, bei dem Neandertaler handele sich um eine Entwicklungsstufe zum modernen Menschen. Heute sehen Wissenschaftler in ihm jedoch eine europäische Sonderentwicklung, die wahrscheinlich in einer Sackgasse endete.“

(idw – Universität Bonn, 25.08.2005 – DLO)

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