Um das Verhalten von Blutstammzellen nach Knochenmarktransplantation besser erforschen zu können, werden seit Jahren so genannte retrovirale Vektoren – eine bestimmte Art von „Gen-Fähren“ – zur Markierung dieser Zellen benutzt. Dem lag die Annahme zugrunde, dass diese „Gen-Fähren“ selbst keinen Einfluss auf die Lebenserwartung und das Verhalten der markierten Zellen und ihrer Tochterzellen haben. Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben nun jedoch entdeckt, dass die genetische Markierung das Wachstumsverhalten dieser Zellen erheblich verändern kann. Wie die Forscher im Wissenschaftsmagazin Science betonen, ergibt sich daraus eine Reihe von Konsequenzen für die Stammzellforschung und –therapie.
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Die Forschergruppen um Dr. Olga Kustikova und Dr. Boris Fehse (Transplantationszentrum des UKE) sowie Dr. Zhixiong Li und Professor Dr. Christopher Baum (Hämatologie, Hämostaseologie und Onkologie der MHH) hatten im Laborversuch Blutstammzellen genetisch markiert und mehrfach transplantiert. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die verwendeten „Gen-Fähren“ sich nicht, wie vermutet, in neutralen Regionen des Genoms ansiedelten, sondern in der unmittelbaren Nachbarschaft von Genen, die eine wichtige Rolle für das Überleben der Zellen spielen können. Bei all diesen Genen wurde eine Veränderung ihrer Aktivität beobachtet.
Die Wissenschaftler verweisen darauf, dass angesichts dieser Daten die Ergebnisse früherer Studien zur Blutbildung durch markierte Stammzellen und ihrer Tochterzellen überprüft werden müssten.
Einige der betroffenen Gene, so genannte Proto-Onkogene, können unter Umständen bei der Entstehung bösartiger Tumoren und Leukämien eine Rolle spielen. Allerdings wurden im Verlauf der Studie in keinem Fall Abweichungen von der normalen Blutbildung beobachtet.
Somit eröffnet der verwendete Versuchsansatz die Möglichkeit, Gene zu identifizieren, die das Langzeitüberleben von Stammzellen ohne deren bösartige Veränderung gewährleisten. Gleichzeitig wird die These gestützt, dass die Aktivierung von Proto-Onkogenen nicht zwangsläufig zu einer bösartigen Entartung der Zelle führt, sondern dass dazu mehr als ein tumorförderndes Ereignis notwendig ist.
Tatsächlich konnten die Forscher in einer parallel in der Fachzeitschrift „Blood“ veröffentlichten Arbeit zeigen, dass sich das Risiko einer bösartigen Entartung dramatisch erhöht, wenn sich „Gen-Fähren“ in einer Zelle in der Nähe gleich mehrerer Proto-Onkogene ansiedeln.
(idw – Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, 23.05.2005 – DLO)