Konventionelle Käfighaltung beeinträchtigt die Gehirnentwicklung und das Wohlergehen von Labormäusen. Ein Unterschlupf, ausreichend Nestmaterial sowie spannende Spiel- und Klettermöglichkeiten im Käfig könnten dieses Problem schnell beheben. Doch Tierexperimentatoren befürchteten bisher, dass „komplexere Haltungsbedingungen“ die Standardisierung von Tierversuchen gefährden.
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Forscher der Universitäten Gießen und Zürich belegen nun, dass die Angst der Wissenschaftler unbegründet ist: Daten von Mäusen aus Käfigen mit „Komfort“ sind ebenso präzise und reproduzierbar wie die von Mäusen aus konventioneller Käfighaltung. Besseren Haltungsbedingungen für Versuchstiere steht damit aus wissenschaftlicher Sicht nichts mehr im Wege. Davon könnten jährlich Millionen von Tieren weltweit profitieren.
Vermutungen, wonach komplexere Umweltbedingungen die Standardisierung von Tierversuchen gefährden, standen bisher Verbesserungen der Haltungsbedingungen von Versuchstieren im Wege. Diese Befürchtungen wogen doppelt: Eine größere Variabilität der Daten würde nicht nur die wissenschaftliche Aussagekraft von Tierversuchen gefährden, sondern würde aus statistischen Gründen zudem eine größere Anzahl von Versuchstieren pro Versuch erfordern.
Unter der Leitung von Hanno Würbel, Professor für Tierschutz und Ethologie an der Universität Gießen, wurde diese Vermutung nun erstmals systematisch geprüft. In seinem Gießener Labor sowie in zwei Forschungslabors der Universität Zürich wurden Mäuse verschiedener Zuchtlinien in konventionellen und in angereicherten Käfigen aufgezogen und anschließend in vier gebräuchlichen Verhaltenstests untersucht.
Die Befunde sind eindeutig: Durch die angereicherte und damit tiergerechtere Haltung wurde weder die Variabilität der Versuchsergebnisse, noch deren Vergleichbarkeit zwischen unabhängigen Versuchswiederholungen in den drei Labors beeinträchtigt. Zudem verhielten sich die angereichert aufgezogenen Mäuse in allen Tests wesentlich weniger ängstlich. Die Vermeidung haltungsbedingter Belastungen und Verhaltensstörungen verbessert zudem das Wohlergehen der Tiere und auch die Glaubwürdigkeit von Tierversuchen.
Die Wissenschaftler berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature.
(idw – Universität Gießen, 28.12.2004 – DLO)