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Biologie

Auch Affen haben eine Vorliebe für Alkohol

Leibspeise tropischer Klammeraffen wirft neues Licht auf unsere Vorfahren

Klammeraffe
Dieser Geoffroy-Klammeraffe frisst Balsampflaumen – mit Vorliebe solche, die schon vergoren und alkoholhaltig sind. © Victoria Weaver/ CSUN

Die Vorliebe des Menschen für Alkohol hat offenbar tiefe biologische Wurzeln, wie Beobachtungen an wildlebenden Klammeraffen nahelegen. Denn diese Affen fressen bevorzugt hochreife, schon leicht vergorene Früchte – und nehmen dabei bis zu zwei Prozent Alkohol auf. Der Alkohol liefert den Tieren zusätzliche Kalorien, könnte ihnen aber auch dabei helfen, reife, zuckerhaltige Früchte leichter zu erkennen, wie die Biologen berichten. Ähnliches könnte auch für unsere Vorfahren gegolten haben.

Ob im Nahen Osten, in China oder in Mittelamerika: Die Herstellung alkoholhaltiger Getränke hat bei uns Menschen eine lange Tradition und findet sich in nahezu allen Kulturen. Das wirft die Frage auf, woher die Liebe zum Alkohol – und die Anfälligkeit für eine Alkoholsucht – bei uns und unseren Vorfahren kommt. Ist es eine rein kulturell bedingte Vorliebe? Oder stecken möglicherweise biologische Wurzeln dahinter, weil der Alkoholkonsum evolutionäre Vorteile brachte?

Bisher ist strittig, welche der beiden Hypothesen zutrifft. Es gibt allerdings einige Indizien dafür, dass wir Menschen nicht die einzigen Primaten sind, die gerne Alkoholhaltiges konsumieren: Tropische Spitzhörnchen suchen gezielt nach dem vergorenen Nektar der Bertam-Palme, Schimpansen und Meerkatzen naschen gerne an menschengemachten fermentierten Gebräuen.

Klammeraffen bevorzugen vergorene Balsampflaumen

Einen weiteren Beleg für Alkoholkonsum bei Affen hat nun ein Biologenteam um Christina Campbell von der California State University in Northridge gefunden. Für ihre Studie hatten sie das Fressverhalten von wildlebenden Geoffroy-Klammeraffen (Ateles geoffroyi) in Panama beobachtet. Diese Affenart verzehrt besonders gerne die Früchte der dort heimischen Spondias-Bäume, die auch als Mombinpflaumen oder Balsampflaumen bezeichnet werden.

Als das Forschungsteam die von den Affen angebissenen und beim Fressen versehentlich fallen gelassenen Früchte analysierte, stellten sie fest, dass die meisten dieser Balsampflaumen hochreif und angegoren waren. Dadurch enthielten diese Früchte nicht nur reichlich Zucker, sondern auch im Schnitt ein bis zwei Prozent Alkohol. Analysen von Urinproben der Affen ergaben zudem, dass die Tiere diesen Alkohol auch verdauten und verstoffwechselten.

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Alkohol als Anzeiger für erhöhten Nährwert

Allerdings: Der Alkoholgehalt der Früchte reicht vermutlich nicht aus, um die Affen betrunken zu machen: „Der Bauch der Affen ist voll, bevor sie berauschende Mengen des Alkohols aufnehmen können“, erklärt Koautor Robert Dudley von der University of California in Berkeley. Dafür könnten die vergorenen Früchte aber andere Vorteile haben: Zum einen zeigt ihr Alkoholgeruch an, dass sie besonders reif und damit zuckerhaltig sind. Zum anderen hat auch der Alkohol selbst einen hohen Brennwert.

„Die Affen haben die alkoholhaltigen Früchte daher wahrscheinlich wegen der Kalorien gefressen“, sagt Campbell. „Denn sie bekommen mehr Kalorien aus fermentierten als aus unfermentierten Früchten.“ Weitere Vorteile könnte die antimikrobiellen Eigenschaften des Alkohols bringen oder auch die Hefepilze, die in den vergorenen Früchten aktiv sind. Die Biologen vermuten, dass der teilweise von weitem wahrnehmbare Duft der vergorenen Früchte den Affen zudem beim Aufspüren der Nahrung hilft.

Bestätigung für „Drunken Monkey“-Hypothese

„Zum ersten Mal haben wir damit unzweifelhaft bewiesen, dass wildlebende Affen auch ohne menschlichen Einfluss alkoholhaltige Früchte fressen“, sagt Campbell. Dies lege nahe, dass schon unsere Primatenvorfahren möglicherweise einen Sinn für Alkohol entwickelt haben. „Zwar ist dies nur eine erste Studie, aber es sieht so aus, als wenn an der Hypothese der ‚betrunkenen Affen‘ einiges dran sein könnte“, sagt Dudley.

Nach Ansicht des Forschungsteams könnten auch unsere Vorfahren die alkoholhaltigen Nahrungsmittel ursprünglich nicht wegen ihrer berauschenden Wirkung, sondern wegen ihres hohen Nährwerts bevorzugt haben. (Royal Society Open Science, 2022; doi: 10.1098/rsos.211729)

Quelle: University of California – Berkeley

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