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Zoologie

Ältester Igel der Welt entdeckt

In Dänemark gefundener Igel-Methusalem wurde mehr als 16 Jahre alt

Igel
Igel können älter werden als gedacht, wie nun der Fund eines erst mit 16 Jahren gestorbenen

Stacheliger Methusalem: In Dänemark haben Forschende den bisher ältesten Igel der Welt entdeckt. Das Tier wurde gut 16 Jahre alt und lebte damit sieben Jahre länger als der vorherige Rekordhalter der Igelwelt. Auch einige weitere im Rahmen eines Citizen-Science-Projekts gefundene Igel erwiesen sich als erstaunlich langlebig. Wenn ein Igel es einmal schafft, das für ihn besonders gefährliche erste Jahr zu überstehen, kann er offenbar ein durchaus stolzes Alter erreichen.

Der Europäische Igel (Erinaceus europaeus) gehört zu unseren bekanntesten heimischen Wildtierarten. Die gestachelten Insektenfresser kommen oft in Gärten und Parks vor und vertilgen dort Nacktschnecken, Regenwürmer und verschiedenste Insekten. Den nahrungsarmen Winter überdauern die Igel durch einen Winterschlaf, bei dem sie Stoffwechsel, Atmung und Körpertemperatur bis auf ein Minimum absenken.

Igeluntersuchung
Sophie Lund Rasmussen bei der Untersuchung eines Igel-Kieferknochens.© Thomas Degner

Tote Igel fürs Citizen-Science-Projekt

Doch trotz seiner Bekanntheit gibt der Igel auch noch einige Rätsel auf. So ist bisher unklar, wie viele Igel es überhaupt in Europa gibt, wie ihre Populationen zusammengesetzt sind und wie lange die Tiere leben können. Das macht es schwer einzuschätzen, wie sehr die Igel unter Mangel an Überwinterungsplätzen, geeigneten Habitaten und dem massenhaftes Überfahrenwerden schon dezimiert wurden.

Um mehr Klarheit zu schaffen, haben Sophie Lund Rasmussen von der Universität Aalborg und ihre Kollegen ein Citizen-Science-Projekt lanciert, in dem Freiwillige in ganz Dänemark tot aufgefundene Igel einsammeln und einschicken sollten. Die Biologen untersuchten alle 697 eingesandten Igel eingehend und konnten bei knapp 400 von ihnen die Kieferknochen herauspräparieren und auf Wachstumslinien im Knochen untersuchen. Diese entstehen, weil das Wachstum der Tiere während des Winterschlafs stoppt. Dadurch lässt an den Knochenlinien wie an Jahresringen das Alter der Igel ablesen.

Riskante Jugend, langes Alter

Die Altersbestimmung enthüllte: Vor allem junge Igel leben gefährlich. Rund ein Drittel aller untersuchten Exemplare war im Alter von weniger als einem Jahr gestorben – größtenteils durch Überfahrenwerden im Straßenverkehr. Im Schnitt lag die Lebenserwartung der untersuchten Igel bei 1,8 Jahren. „Das ist positiv, denn es bedeutet, dass die Igel die Chance haben, an zwei Paarungs- und Fortpflanzungs-Saisons teilzunehmen“, erklären Rasmussen und ihre Kollegen. Viele Igel werden zudem erst in ihrem zweiten Sommer geschlechtsreif.

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Doch wenn die Igel erst einmal diese frühe Phase überstanden haben, können sie deutlich älter werden als zuvor angenommen: Die Biologen fanden in ihrer Stichprobe einen Igel, der erst mit 16 Jahren gestorben war. Er ist damit der bisher langlebigste Igel der Welt und wurde immerhin sieben Jahre älter als der vorherige Rekordhalter. Zwei weitere Igel wurden immerhin elf und 13 Jahre alt. „Diese Igel können demnach noch mehrere Jahre lang zur Fortpflanzung beitragen“, so das Team.

Erfahrung steigert Überlebenschancen

Die Lebenserwartung eines Igels hängt demnach stark davon ab, wie gut er in seiner Jugend mit den auf ihn wartenden Gefahren umgehen kann. „Die Hürde, älter als zwei Jahre zu werden, hängt wahrscheinlich eng mit den erhöhten Risiken in diesem Alter zusammen“, sagt Rasmussen. Zum einen sind gerade junge Igel besonders oft von Parasiten befallen, zum anderen fehlt ihnen noch die Erfahrung, um Gefahren wie den Straßenverkehr zu erkennen.

„Erst mit der Zeit sammeln die Igel mehr Erfahrung. Wenn sie bis zum Alter von zwei oder mehr Jahren überlebt haben, haben sie vermutlich schon gelernt, Bedrohungen durch Autos und Fressfeinden aus dem Weg zu gehen“, so die Biologin. Wie viele Igel allerdings Opfer von Raubtieren werden, ist unklar, da die meisten eingeschickten Tiere im Straßenverkehr oder an natürlichen Ursachen wie Infektionen und Parasiten gestorben waren.

Männchen leben länger

Interessant auch: Männliche Igel eben im Schnitt 24 Prozent länger als die Weibchen – ihre mittlere Lebenserwartung liegt bei 2,1 statt bei nur 1,6 Jahren. Bei vielen anderen Säugetieren einschließlich des Menschen leben dagegen die Weibchen länger. „Dieser Unterschied geht wahrscheinlich auf die Tatsache zurück, dass es die männlichen Igel schlicht leichter haben“, erklärt Rasmussen. „Die Männchen sind nicht territorial und müssen daher nur selten Kämpfe überstehen. Weibchen dagegen müssen ihre Jungen alleine großziehen.“

Allerdings hat das Leben als Igelmann auch eine Schattenseite: Weil sie mehr umherwandern, werden sie häufiger Opfer des Straßenverkehrs als die Weibchen. Für beide Geschlechter sind die Sommermonate dabei die gefährlichste Zeit, die Zahl der überfahrenen Igel ist dann am höchsten. Im Herbst sterben die Igel dagegen oft an Krankheiten, Hunger oder Dehydrierung. Die Biologen führen dies darauf zurück, dass dann die Weibchen von der Aufzucht der Jungen und die Männchen von den Paarungen erschöpfter sind.

Interessant auch: Obwohl viele Igel einen hohen Grad an Inzucht aufweisen, scheint dies ihre Lebenserwartung nicht zu beeinträchtigen. Tiere mit genetischer Verarmung leben trotz des höheren Risikos für erblich bedingte Defekte und Krankheiten demnach nicht kürzer als solche mit einem variableren Genom, wie das Team feststellte. „Das ist aus Sicht des Artenschutzes eine sehr positive Nachricht“, sagt Rasmussen. (Animals, 2023; doi: 10.3390/ani13040626)

Quelle: University of Oxford

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