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Archäologie

Erste Duftanalyse eines römischen Parfums

Vor 2.000 Jahren gestorbene Frau bekam Patschuli-Duft mit in die Urne

Antiker Parfum-Flakon
Dieser kleine Flakon aus Kristallglas enthält 2.000 Jahre alte Rückstände eines antiken Parfums – und gibt so erstmals Einblick in die Duftwelt der römischen Zeit. © Cosano et al. /Heritage, CC-by 4.0

Duftende Zeitreise: In Spanien haben Archäologen erstmals ein Parfum aus römischer Zeit entdeckt und seinen Duft analysiert. Die in einem kleinen Bergkristall-Flakon eingeschlossenen Parfumreste enthüllen, dass Essenzen mit Patschuli-Duft offenbar schon vor 2.000 Jahren beliebt waren. Das antike Parfum enthielt Extrakte der Patschuli-Pflanze als Duftkomponente und ein Pflanzenöl als Basis. Erhalten blieb dieser bisher einzigartige Blick in die antike Duftwelt, weil der Flakon mit einem Stöpsel aus Dolomit und Bitumen als Kleber versiegelt worden war.

Schon vor Jahrtausenden haben Menschen wohlduftende Essenzen und Parfums hergestellt – unter anderem im alten Ägypten, wo sie beim Einbalsamieren, aber auch in Kosmetika verwendet wurden. Auch im alten China und in Persien waren Parfums beliebt. Als dann die Römer die Herrschaft über den östlichen Mittelmeerraum erlangten, lernten auch sie die duftenden Öle und Salben zu schätzen. Doch welchen Duft der Mann oder die Frau von Welt in der Römerzeit auflegten, war bisher unbekannt – es fehlte an entsprechend konservierten Funden.

Antikes Mausoleum
Das in Carmona entdeckte 2.000 Jahre alte Familien-Mausoleum mit Urnen in den Wandnischen. © Cosano et al. /Heritage, CC-by 4.0

Flakonfund in antikem Mausoleum

Jetzt gibt ein bisher einzigartiger Fund erstmals Einblick in die antiken Duft-Vorlieben. Entdeckt haben ihn Archäologen um Daniel Cosano von der Universität Cordoba bei Ausgrabungen in der spanischen Stadt Carmona. Dort stießen sie auf ein unterirdisches Familien-Mausoleum aus römischer Zeit – ein Gewölbe, in dem in Wandnischen die Urnen von sechs Personen standen – drei Männern und drei Frauen. Die bemalten Wände und die Machart der Urnen legten nahe, dass es sich um die rund 2.000 Jahre alte Grabstätte einer wohlhabenden Familie handelte.

In einer der Urnen – einem amphorenartigen Behältnis aus Glas – entdeckten die Archäologen neben der Asche einer verstorbenen Frau, einem Stoffsäckchen mit organischen Rückständen und drei Bernsteinperlen auch einen kleinen, aus Bergkristall gefertigten und mit einem Stopfen verschlossenen Flakon. In Form und Machart entsprach dieses kleine Fläschchen einem sogenannten Unguentarium, einem Behälter, in dem früher Salben oder Essenzen aufbewahrt wurden.

Stöpsel aus Dolomit und Kleber aus Bitumen

„In römischer Zeit waren Behältnisse dieser Art aus Quarzkristall sehr seltene Luxusobjekte“, erklären Cosano und seine Kollegen. „Schon in dieser Hinsicht war das Unguentarium ein ungewöhnlicher Fund. Noch ungewöhnlicher aber war die Tatsache, dass dieser Flakon noch immer dicht verschlossen war und eine feste Masse enthielt.“ Dies weckte die Hoffnung, dass im Inneren des Kristallglas-Fläschchens noch ein analysierbarer Rest seines ursprünglichen Inhalts erhalten geblieben war.

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Um das zu klären, unterzogen die Wissenschaftler Stöpsel und Inhalt des Flakons verschiedenen spektroskopischen Analysen sowie einer Gaschromatografie-Massenspektrometrie (GC-MS). Diese Untersuchungen ergaben zunächst, dass der Flakon mit einem Stöpsel aus Dolomitgestein und Bitumen als Kleber verschlossen worden war. Diese Kombination hatte dafür gesorgt, dass der Flakon mehr als 2.000 Jahre lang sicher verschlossen blieb.

Reste von Patschuli-Duft

Noch spannender jedoch sind die Ergebnisse für das an den Innenwänden des Flakons anhaftende Material. Denn dieses erwies sich als Mischung aus den Kohlenwasserstoffen des Bitumens, verschiedenen organischen Verbindungen aus der Gruppe der Sesquiterpene sowie Rückständen eines Pflanzenöls. „Sesquiterpene sind in öligen Essenzen vieler Pflanzen enthalten. In Parfums bilden sie typischerweise die flüchtige Fraktion und sind für die Kopfnoten des Dufts verantwortlich“, erklären Cosano und sein Team. Im römischen Parfum blieben diese flüchtigen Duftstoffe nur deshalb so lange erhalten, weil sie vom Bitumen aus dem Kleber absorbiert und damit konserviert wurden.

Nähere Analysen enthüllten dann, welche Duftstoffe das antike Parfum einst enthalten hat: Die im antiken Flakon nachgewiesenen Sesquiterpene ähneln demnach den Inhaltsstoffen, die man noch heute in Patschuli-Extrakten findet. Diese aus tropischen Pflanzen der Gattung Pogestemon gewonnenen Duftessenzen werden noch heute oft für Parfums verwendet. Die verstorbene Frau aus der Römerzeit hatte demnach als Grabbeigabe einen Flakon mit Patschuli-Parfum mit ins Grab bekommen.

Erste Duftprobe aus der römischen Antike

„Unseres Wissens nach könnte dies das erste Mal sein, dass ein Parfum aus römischer Zeit identifiziert worden ist – das ist ein bedeutender Fortschritt auf diesem Fachgebiet“, konstatieren die Archäologen. Ihre Analysen belegen, dass das antike Parfum aus dem Mausoleum vor allem nach Patschuli duftete. Als Basis für diese flüchtige Duftessenz diente dabei ein Pflanzenöl, wahrscheinlich Olivenöl, wie das Team aufgrund seiner Analysen vermutet.

Diese Befunde passen gut zu historischen Aufzeichnungen unter anderem von Plinius dem Älteren. Denn der römische Geschichtsschreiber beschrieb in einem seiner Texte, dass Parfum und Salben aus zwei essenziellen Komponenten bestehen sollten: einer Basis aus flüssigem Öl und einem Duftstoff aus festen oder flüssigen Substanzen. Beides war in dem Flakon aus dem Familien-Mausoleum nachweisbar. (Heritage, 2023; doi: 10.3390/heritage6060236)

Quelle: Universität Cordoba

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