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Archäologie

Ältester Steinkreis der Neuen Welt entdeckt

Ungewöhnliches Megalith-Bauwerk in den peruanischen Anden ist rund 4.750 Jahre alt

Steinkreis von Callacpuma
Auf diesem Aussichtpunkt nahe einem Andengipfel errichteten Menschen vor rund 4750 Jahren einen Steinkreis mit doppeltem Megalithen-Ring. © Toohey et al./ Science Advances, CC-by-nc 4.0

Nicht nur in Europa: In den peruanischen Anden haben Archäologen den ältesten Steinkreis der Neuen Welt entdeckt. Die rund 4.750 Jahre alte Megalith-Anlage entstand etwa um die gleiche Zeit wie Stonehenge, wurde aber von Jägern und Sammlern statt von jungsteinzeitlichen Bauern errichtet. Sie besteht aus einem Doppelring großer, senkrecht aufgerichteter Steinblöcke mit kleineren, abgetrennten Kammern im Inneren – möglicherweise dem Allerheiligsten dieses Ritualplatzes.

Ob Steinkreise, Menhire oder andere Bauten aus tonnenschweren Felsblöcken: In Europa errichteten Menschen schon vor 6.500 Jahren die ersten Anlagen der Megalith-Kultur. Doch auch anderswo auf der Welt gibt es steinzeitliche Megabauten. So errichteten eiszeitliche Jäger in Sibirien schon vor 25.000 Jahren rätselhafte Kreisbauten aus aufgehäuften Mammutknochen, in der arabischen Wüste bauten Menschen vor rund 10.000 Jahren kilometerlange Wildtierfallen und in Anatolien entstanden zur gleichen Zeit die Steinkreise von Göbekli Tepe.

Callacpuma
Archäologen bei Ausgrabungsarbeiten am Steinkreis von Callacpuma. © Jason Toohey

Von Erdplattformen zu steinernen Plazas

Weit weniger bekannt ist bisher, dass es ähnliche Steinzeitbauten auch in Südamerika gab: Auch dort errichteten sowohl frühe Jäger und Sammler als auch die ersten sesshaften Kulturen schon vor Jahrtausenden monumentale Anlagen. Die ältesten von ihnen sind rund 5.300 Jahre alt und bestehen aus riesigen, aus Geröll und Erde aufgeschütteten künstlichen Plattformen. Diese waren oft von Steinmauern umgeben, später kamen rechteckige, steingesäumte Plazas hinzu.

„Etwa ab 3000 vor unserer Zeit wurden diese Monumentalbauten von einem oder mehreren eingetieften kreisförmigen Plazas begleitet“, erklären Jason Toohey von der University of Wyoming und seine Kollegen. Diese vor allem in den zentralen Anden vorkommenden runden Plätze waren von aufgeschichteten Trockensteinmauern umgeben und dienten offenbar als Ritualplätze, wie Funde von Opfergaben nahelegen.

Zwei Ringe aus Megalithen

Einen Steinkreis der ungewöhnlichen Art haben Toohey und sein Team nun jedoch in den peruanischen Anden entdeckt. In der bereits zuvor für Felsbilder, künstliche Plattformen und Siedlungsreste bekannten Fundstätte Callacpuma stießen sie 2015 auf die Reste eines rund 18 Meter großen Steinkreises aus Megalithen. „Die runde Anlage wird von zwei konzentrischen Ringen aus unbehauenen Großsteinen gebildet, die senkrecht und eng beieinander aufgestellt wurden“, berichten sie.

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Der Steinkreis hat nur zwei Eingänge, von denen einer durch einen großen Megalithen im inneren Kreis blockiert war. „Die dort eintretenden Menschen mussten daher zunächst links oder rechts in den Gang zwischen den beiden Ringwänden abbiegen“, erklären die Archäologen. „Dadurch ließ sich der Zugang zu inneren Plaza kontrollieren.“ Im östlichen Teil der Anlage trennen weitere Megalithen zwei bis drei kleinere Kammern vom Innenraum ab. In einer davon gab es offenbar eine niedrige Steinbank.

Zwei Datierungshilfen für den Steinkreis

Doch wie alt ist diese Megalith-Konstruktion? Hinweise darauf gaben zwei Merkmale des Callacpuma- Steinkreises: Zum einen finden sich in seiner untersten Schicht keinerlei Scherben oder andere Reste von Keramik. Daraus schließen Toohey und sein Team, dass die Anlage in der präkeramischen Zeit der Andenkulturen errichtet wurde – also vor mindestens 3.500 Jahren.

Die zweite und entscheidend Datierungshilfe lieferte die Grundschicht des Steinkreises: Bevor die Megalithen aufgestellt wurden, trugen die Erbauer des Steinkreises den gesamten Oberboden in diesem Bereich bis auf den Felsuntergrund ab und schütteten an den Fundamenten der Megalithen ein Bett aus Ton, Geröll und Holzkohle auf. Diese Holzkohle konnten die Archäologen einer Radiokarbondatierung unterziehen.

Einer der ältesten Megalith-Bauten der Neuen Welt

Das Ergebnis: Die Megalith-Anlage wurde wahrscheinlich schon vor 4.800 bis 4.600 Jahren errichtet. „Damit ist die Kreis-Plaza von Callacpuma eine der ältesten bekannten Monumental- und Megalithstrukturen der peruanischen Anden – und eines der ältesten Beispiele solcher Bauten in der gesamten westlichen Hemisphäre“, schreiben Toohey und seine Kollegen. „Der Steinkreis von Callacpuma ist in seiner Bauweise zudem einzigartig für das nördliche Hochland.“ Denn bei den wenigen anderen, jüngeren Megalith-Bauten stehen die Großsteine auf einem Fundament aus Steinmauern.

Die Erbauer dieses Steinkreises waren vermutlich noch Jäger und Sammler, die gerade erst mit der gezielten Erzeugung von Nahrung experimentierten, wie die Archäologen erklären. Diese Kultur stand damit auf einer ähnlichen Stufe wie vor rund 10.000 Jahren die Erbauer von Göbekli Tepe in Anatolien. „Der Steinkreis war ein Versammlungsplatz und Zeremonialort für einige der frühesten Bewohner dieses Tals“. sagt Toohey. „Diese Menschen hatten gerade erst damit begonnen, Tiere zu domestizieren und Pflanzen anzubauen.“ (Science Advances, 2024; doi: 10.1126/sciadv.adl057)

Quelle: University of Wyoming

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