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Archäologie

2.500 Jahre alter Opferplatz in Polen entdeckt

Mit Bronzegaben und Menschenopfern gegen einwandernde Steppennomaden

Bronzeschmuck
Diese bronzenen Schmuckstücke aus der Zeit vor rund 2.500 Jahren wurden in einem ehemaligen See in Polen entdeckt. © PAP/ Tytus Żmijewski

Opfergaben gegen die Angst: In Polen haben Archäologen einen gut 2.500 Jahre alten Opferplatz mit Menschenknochen und zahlreichen bronzenen Schmuckstücken entdeckt. Die Funde in einem ehemaligen See legen nahe, dass Angehörige der dort ansässigen Lausitzer Kultur Opferrituale durchführten – möglicherweise in Reaktion auf in ihr Gebiet vordringende Skythen. Dabei waren offenbar auch Menschenopfer oder menschliche Gebeine im Spiel, wie hunderte menschliche Knochen nahelegen.

Der Übergang von der späten Bronzezeit zur Eisenzeit war keine einfache Zeit für die Menschen in Mittel- und Osteuropa. Denn damals drangen Gruppen nomadischer Reitervölker aus den Steppen nördlich des Schwarzen Meeres und des Kaukasus immer wieder bis in ihre Gebiete vor. Unter diesen Neuankömmlingen waren auch die Skythen, die ab etwa 800 vor Christus rund 500 Jahre lang über einen Großteil der eurasischen Steppe herrschten. Sie brachten neue Einflüsse, führten aber auch zu Verunsicherung bei den in Mittel- und Osteuropa ansässigen Kulturen.

Fundstücke
Hort von Opfergaben an der Fundstelle. © Mateusz Sosnowski

Armreifen, Halsketten und anderer Bronzeschmuck

Ein Zeugnis dieser Verunsicherung haben nun Archäologen im Landkreis Chełmno im nördlichen Polen entdeckt. Bei einer Suche Metalldetektoren waren sie auf einem frisch gepflügten Feld zunächst auf mehrere Stellen mit auffälligen Signalen gestoßen. Nähere Untersuchungen und Ausgrabungen förderten dann zahlreiche verstreut liegende Bronzeobjekte sowie drei Horte mit Anhäufungen von bronzenen Schmuckstücken, Knochen und anderen Artefakten zutage.

Unter den Fundstücken sind Dutzende mit Spiralen und anderen Verzierungen dekorierte Armreifen, Halsketten, Spangen und Gewandnadeln aus Bronze. „Ein besonders eindrucksvolles Objekt ist eine Halskette aus verschiedenen zarten Metall- und Glaselementen. An ihr war eine Reihe von Anhängern in Form von Fischschwänzen befestigt“, berichtet Jacek Gackowski von der Nikolaus-Kopernikus-Universität in Toruń.

Neben dem Bronzeschmuck fanden die Archäologen an dieser Fundstätte auch zahlreiche Gebrauchsgegenstände, darunter selten erhaltene Objekte aus organischen Materialien wie Werkzeuge aus Geweihknochen, Seilstücke oder Textilreste. Auch Teile von metallenen Pferdegeschirren lagen im Boden verstreut.

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Rituale gegen den Wandel

Datierungen zufolge stammen die Funde aus dem sechsten Jahrhundert vor Christus – und damit aus einer Zeit, in der Angehörige der spätbronzezeitlichen Lausitz-Kultur in dieser Gegend lebten. Die Menschen dieser bäuerlichen Kultur lebten in gemeinschaftlichen Pfostenhäusern und haben in weiten Teilen des östlichen Mitteleuropa große Gräberfelder hinterlassen. Die jetzt entdeckten Fundstücke liegen jedoch in einem Areal, das zur damalige Zeit noch ein See war.

Die Archäologen vermuten daher, dass die für diese Kultur wertvollen Bronzeobjekte als Opfergaben in den See geworfen wurden, wahrscheinlich in Verbindung mit speziellen Ritualen. „Diese Menschen lebten in einer Zeit wachsender Unruhen, die durch die Vorstöße nomadischer Gruppen aus pontischen Steppe geprägt war“, erklärt Gackowski. „In Reaktion auf die Ankunft von neuen Nachbarn mit völlig anderer Kultur und Weltanschauung, suchten sie vermehrt Halt in Ritualen.“

Dazu passt, dass unter den Funden auch einige Schmuckstücke skytischer Machart waren – möglicherweise waren sie von den Neuankömmlingen erbeutet oder eingetauscht. „Dazu gehörten Tempelringe – einzigartige Objekte von großer wissenschaftlicher Bedeutung“, erklärt Gackowski. Denn so weit nördlich und in so großer Zahl wurden diese Schmuckstücke der Skythen noch nie zuvor entdeckt. „Es sind die nördlichsten Artefakte dieses Typs in Europa“, so Gackowski.

Wurden auch Menschen geopfert?

Geopfert wurde an dem spätbronzezeitlichen See aber nicht nur Schmuck: Die Archäologen entdeckten zwischen den bronzenen Schmuckstücken auch hunderte Fragmente menschlicher Knochen. Das könnte darauf hindeuten, dass dort auch Menschen oder ihre Gebeine als Opfergabe in den See geworfen wurden. Sollte sich dies bestätigen, dann wäre es die erste Fundstätte in Polen, die von solchen Menschenopfern zeugt.

„Im Moment ist es schwer abzuschätzen, von wie vielen Menschen die Knochen stammen. Das kann erst durch anthropologische Analysen ermittelt werden“, berichtet Mateusz Sosnowski. „Klar ist aber, dass hier im sechsten vorchristlichen Jahrhundert immer wieder Zeremonien stattgefunden haben müssen.“

Quelle: PAP – Science in Poland

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