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Astronomie/Kosmologie

Zurück zu den ersten Sternen

Die wissenschaftlichen Ziele des Teleskops

Der Grund, warum das James-Webb-Teleskop primär im Infraroten arbeitet, hängt eng mit den wissenschaftlichen Zielen seiner Mission zusammen. Denn eine der Aufgaben des JWST ist es, noch weiter zurück in die Vergangenheit des Kosmos zu schauen als Hubble – zurück in die Zeit, als sich die allerersten Galaxien bildeten. „Mit Webb wollen wir erstmals Galaxien aus der Zeit direkt nach dem Urknall erkunden“, erklärt Steven Finkelstein von University of Texas. „Das war bisher mit keinem anderen Teleskop möglich.“

Kosmische Evolution
Das James-Webb-Teleskop soll zurückschauen bis in die Ära der Reionisierung – der Zeit, als die ersten Sterne und Galaxien entstanden. © NASA/ESA, Joyce Kang (STScI)

Der Grund: Das Universum dehnt sich seit dem Urknall immer weiter aus und das führt auch zu einer Dehnung der Strahlung, die seit Jahrmilliarden zu uns unterwegs ist. Dadurch ist das Lichtspektrum ferner Galaxien und Sterne aus dem UV- oder optischen Bereich in das langwelligere Infrarot verschoben – und genau diesen Bereich kann das Webb-Teleskop mit seinem großen Spiegel und den optischen Instrumenten abbilden.

Zurück zum Anfang

Die bisher ältesten bekannten Galaxien stammen aus der Zeit nur gut 500 Millionen Jahre nach dem Urknall. Doch wann die Bildung der ersten Galaxien begonnen hat, ist bislang unklar: „Einige Modelle besagen, dass wir mindestens 50 Galaxien aus der Zeit vor der Reichweite von Hubble finden müssten, andere prognostizieren nur eine Handvoll“, sagt Finkelstein. Das Webb-Teleskop soll erstmals zeigen, wann die ersten Sterne und Galaxien entstanden und wie sie beschaffen waren. Das könnte auch klären, wie einige Quasare und Galaxien schon zu dieser frühen Zeit so enorm massereich werden konnten.

Hinzu kommt: Dank seiner hohen Lichtausbeute und scharfen Optiken kann das neue Weltraumteleskop die fernen Sterne und Galaxien nicht nur abbilden, sondern auch ihr Lichtspektrum hochaufgelöst aufschlüsseln. Dies leisten seine beiden Spektrografen MIRI und NIRSpec, die im mittleren und nahen Infrarot arbeiten. Letzterer besitzt fast 250.000 Mikroblenden, mit denen man gezielt Strahlung nur von bestimmten Bildausschnitten einlassen kann. „Wir öffnen einfach die Mikroblenden dieses Spektrografen, um zum ersten Mal die Spektren von hunderten dieser frühen Galaxien zu untersuchen“, erklärt Mark Dickinson vom National Optical-Infrared Astronomy Research Laboratory in Arizona.

Sternenwiegen, Galaxien und Dunkle Materie

Der Blick ins Infrarote hat aber noch einen Vorteil: Viele Prozesse im Kosmos sind von dichten Staubwolken umgeben. Durch sie ist beispielsweise die Entstehung neuer Sterne und Planeten im sichtbaren Licht nicht zu erkennen, der Staub verdeckt die Sicht. Die langwelligere Infrarotstrahlung hingegen durchdringt diese Wolken. Das JWST könnte daher erstmals die frühesten Stadien der Sternbildung enthüllen und damit letztlich auch die Vorgeschichte unseres eigenen Sonnensystems.

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Ein weiteres Aufgabengebiet ist der genaue Blick auf einige Galaxien in der unmittelbaren Nachbarschaft unserer Milchstraße. Diese Zwerggalaxien sind größtenteils sehr lichtschwach und daher mit normalen Teleskopen nur schwer im Detail zu beobachten. Die scharfen „Augen“ des Webb-Teleskops können jedoch die Bewegungen dieser Galaxien und ihrer Sterne präzise kartieren.
Das könnte verraten, wie solche Galaxien miteinander interagieren und wie aus ihren Verschmelzungen größere Sternenansammlungen werden.

Aus ihrer Beobachtung könnten Astronomen aber auch mehr über die Verteilung der Dunkle Materie und ihre Rolle bei der Galaxienbildung erfahren. „Wie sich Strukturen im Universum bilden, hängt von den Eigenschaften der Dunklen Materie ab“, erklärt Roeland van der Marel vom Space Telescope Science Institute (STScI) in Baltimore. Über diese soll das JWST mehr Aufschluss geben. Vielleicht klärt sich dann auch, warum einige Zwerggalaxien fast keine Dunkle Materie zu enthalten scheinen.

Spektrum
So könnte das vom JWST analysierte Lichtspektrum eines erdähnlichen Exoplaneten mit Atmosphäre aussehen. © NASA/ESA, CSA, STScI, Joseph Olmsted (STScI)

Fremde Welten im Blick

Besondere Hoffnung verbinden auch Planetenforscher mit dem neuen Weltraumteleskop. Denn mit ihm wird es erstmals möglich sein, die Atmosphären von Exoplaneten auf ihre Zusammensetzung hin zu analysieren – und nach chemischen Signaturen von außerirdischem Leben zu suchen. Eigens dafür gedacht ist das NIRISS-Instrument – ein Nahinfrarot-Spektrograf, der das überstrahlende Licht des Zentralsterns abschirmt. Dadurch kann er das weit schwächere Leuchten des Planeten einfangen und analysieren.

Webbs Optiken sind zudem scharf genug, um erste Fotos naher Exoplaneten zu liefern. Zu den ersten mit dem Teleskop anvisierten Zielen werden einige erdähnliche Exoplaneten in unserem nahen kosmischen Umfeld gehören, darunter auch die sieben erdgroßen Planeten des nur 40 Lichtjahre von uns entfernten Systems TRAPPIST-1. Denn von diesen Welten könnten gleich mehrere lebensfreundlich sein.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

"Superauge" im All
Das James-Webb-Weltraumteleskop und seine Mission

Mehr als nur ein Hubble-Nachfolger
Was ist das Besondere am James-Webb-Teleskop?

Zurück zu den ersten Sternen
Die wissenschaftlichen Ziele des Teleskops

Beryllium, Gold und Eiseskälte
Der Spiegel des James-Webb-Teleskops

Umgekehrtes Origami
Warum die Mission so riskant und schwierig ist

29 Tage des Bangens
Der Ablauf der Mission

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