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Forscher / Entdecker

Eisiges Paradies in Gefahr

Das Nordpolarmeer schmilzt davon

Hoch im Norden liegt das eisige Nordpolarmeer, auch Arktischer Ozean genannt. Es ist eine unwirtliche Welt der Eisschollen und Einsamkeit. Die Hälfte des Jahres ist das Meer dort in ununterbrochenen Sonnenschein getaucht, die andere Hälfte in tiefe Nacht. Hier oben scheinen nur wenige zu überleben, darunter Eisbären und Walrosse.

Nahrungskette
Phytoplankton bildet die Basis aller marinen Nahrungsketten. © Karlson et al./ Ambio /CC-by 4.0

Ohne Mikroben nix los

Doch wenn man genau hinsieht, ist es hier gar nicht so einsam, wie es auf den ersten Blick scheint. Denn der Großteil der Arktisbewohner ist mikroskopisch klein. Im Wasser und Eis des Nordpolarmeeres tummeln sich Abermilliarden Bakterien und winzige Algen. Trotz ihrer geringen Größe halten diese gewissermaßen „den Laden am Laufen“, denn sie sind essenziell für funktionierende Nahrungsketten.

Und das geht so: Die Algen, auch Phytoplankton genannt, betreiben zusammen mit den Cyanobakterien Photosynthese – genauso wie Landpflanzen. Sie ernähren sich und wachsen, indem sie Biomasse aus Sonnenlicht, Wasser und Nährstoffen herstellen. Das macht sie zum energiereichen Snack für andere Arktisbewohner. Unter anderem stehen sie auf der Speisekarte von Zooplankton (zum Beispiel Krill), kleinen Fischen und Krustentieren.

Die auf dieser Basis beruhende Nahrungskette setzt sich immer weiter fort, bis sie schließlich bei Spitzenprädatoren wie Haien und Orcas endet. Ohne Phytoplankton und photosynthesebetreibende Bakterien würde dieses Nahrungsnetz in sich zusammenbrechen und selbst große Räuber müssten hungern.

Auch die im Meerwasser und am Meeresgrund lebenden Bakterien, die selbst keine Photosynthese betreiben, sind nützlich für das Ökosystem und seine Nahrungsketten. Sie bauen organisches Material ab, zum Beispiel Ausscheidungen oder Kadaver, und machen die darin enthaltenen Nährstoffe wieder nutzbar für andere Lebewesen.

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Framstraße
In der Framstraße fließen der Arktische und der Atlantische Ozean ineinander. © Bdushaw/CC-by-sa 3.0

„Atlantifizierung“ steht bevor

Aktuell ist allerdings unklar, wie es mit den Algen und Bakterien im Nordpolarmeer weitergehen wird. Denn ihr Lebensraum verändert sich in der Folge des Klimawandels viermal so schnell wie der globale Durchschnitt. Die globale Erwärmung sorgt in der Arktis für rasch steigende Temperaturen und dafür, dass sich das Meereis immer weiter zurückzieht und schmilzt. Prognosen gehen davon aus, dass das Nordpolarmeer bis zum Jahr 2050 im Sommer regelmäßig eisfrei sein wird. Eine riesige Veränderung, die das Leben der Arktisbewohner auf den Kopf stellt.

Einen Vorgeschmack auf dieses Szenario liefert aktuell bereits die sogenannte Framstraße, ein Seeweg zwischen Grönland und Spitzbergen, der den Nordatlantik mit dem Nordpolarmeer verbindet. In der Framstraße findet im Moment eine sogenannte „Atlantifizierung“ statt, in deren Zuge warmes, salzhaltiges Atlantik-Wasser vermehrt in den Arktischen Ozean vordringt, wodurch das Meereis dort stärker schmilzt.

Wie geht es mit den Mikroorganismen weiter?

Zusätzlich sorgen die atlantischen Wassermassen aber auch für eine veränderte Nährstoffverfügbarkeit und eine schwächere Schichtung der Wassersäule – zwei von mehreren Faktoren, die sich stark auf die Zusammensetzung mikrobieller Lebensgemeinschaften in der Framstraße auswirken.

Die Atlantifizierung könnte so zum Beispiel dazu führen, dass vermehrt atlantische Mikroben in die „Framstraßen-WG“ einziehen und dort dann die arktischen Vormieter verdrängen – mit bislang unbekannten Folgen für das gesamte Ökosystem. Wissenschaftler erforschen deshalb fieberhaft, wie die Zukunft der mikrobiellen Lebensgemeinschaften in der Arktis aussehen wird und wie sie den eisigen Lebensraum verändern könnte.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Expedition ins Nordpolarmeer
Den arktischen „Mikroben-WGs“ auf der Spur

Eisiges Paradies in Gefahr
Das Nordpolarmeer schmilzt davon

Expedition in den hohen Norden
Wie sich „Mikroben-WGs“ erforschen lassen

Arktische Bakterien adé?
Keine rosige Zukunft für polare Arten

Phytoplankton zeigt Zähne
Eisige Algen verteidigen ihren Platz

Die Forschenden im scinexx-Interview
Wie war das Leben auf der Polarstern?

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