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Geologie/physische Geographie

Ein Grundgesetz für die Ozeane

Manganknollen als „gemeinsames Erbe der Menschheit“

Umweltopfer Meer © IMSI MasterClips

Was für die Bundesrepublik Deutschland das Grundgesetz, ist für die Ozeane die „Verfassung der Meere“. Die 1994 in Kraft getretene Konvention UNCLOS (United Nations Convention on the Law of the Sea) regelt verbindlich, was auf und in den Meeren erlaubt und verboten ist, egal ob es die Schifffahrt oder den Tiefseebergbau betrifft.

Einer der entscheidenden Auslöser für das „Law of the sea“ war die Entdeckung der immensen Manganknollenfelder der Ozeane vor 30 bis 40 Jahren. Schnell entbrannte damals ein Streit um die Nutzung der wertvollen Gebiete.

Rechtsfreier Raum oder Allgemeingut?

Während die Industrienationen und Rohstoffkonsortien diese Regionen als rechtsfreien Raum betrachteten, deren Ausbeutung jedem möglich sei, sahen dies die Kritiker dieser Position ganz anders. Viele kleine Nationen und die Entwicklungsländer, die weder die Mittel noch die technischen Ressourcen zur Suche und zum Abbau der Knollen besaßen, betrachteten die Manganknollen als Gut der Allgemeinheit, von dem jeder profitieren sollte.

Was war zu tun? Die Vereinten Nationen nahmen sich des Problems an und in zähen Verhandlungen einigte man sich schließlich auf das heute gültige Seerechtsübereinkommen. Es teilt zunächst die Ozeane in verschiedene Bereiche ein. Zwölf Seemeilen breit sind demnach die Küstenmeere, in den nationales Recht verbindlich ist. Es folgen bis zu 188 Seemeilen an „ausschließlicher Wirtschaftzone“, in der dem jeweiligen Land vielfältige Nutzungsmöglichkeiten zustehen. Alles was außerhalb dieser Gebiete liegt, und damit auch große Teile der Manganknollenfelder der Tiefseeböden, wird in der Charta als „gemeinsames Erbe der Menschheit“ bezeichnet.

Jeder, der heute im freien Ozean außerhalb der 200 Meilen-Zone Tiefseebergbau betreiben will, muss sich mit seinem Anliegen an die ebenfalls 1994 ins Leben gerufene Internationale Meeresbodenbehörde (International Seabed Authority) mit Sitz in Kingston, Jamaica wenden. Egal ob wissenschaftliche Studie oder Schürflizenz, hier werden alle Vorhaben zu Manganknollen ausführlich geprüft, beurteilt und dann genehmigt oder abgelehnt.

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Ein Ehrenkodex für den Tiefseebergbau

Grundlage der Entscheidungen pro oder contra ist ein im Juli 2000 von der UN-Meeresbodenbehörde verabschiedeter Tiefseebergbaukodex für die Suche und die Förderung von Manganknollen, der unter anderem die Vorschriften für den Umweltschutz im Rahmen der Projekte festlegt.

Eine international anerkannte Behörde, die die Meere vor Wildwuchs beim Tiefseebergbau schützt und auf die Einhaltung von Umweltauflagen pocht, besser geht es doch nicht oder? Nun ja, was sich in der Theorie perfekt anhört, stößt in der Realität schnell an seine Grenzen.

Denn verbindlich sind das Seerechtsübereinkommen und auch die Entscheidungen der International Seabed Authority nur für Staaten, die die internationale Vereinbarung unterschrieben haben. Zwar gibt es mittlerweile weit über 130 Vertragsparteien, nicht dazu gehören jedoch prominente Mitglieder der Völkergemeinschaft wie Kanada und – wie könnte es anders sein – die USA.

Für sie ist es offenbar nicht akzeptabel, Schürflizenzen für Projekte in internationalen Gewässern beantragen zu müssen, einen Teil der geförderten Rohstoffe an die UN abzutreten und die verwendete Technik anderen Staaten zur Verfügung zu stellen, wie es das Gesetz der Meere fordert.

Fazit: Von der Utopie zur Realität?

Abseits aller politischen Scharmützel hat das Seerechtsübereinkommen dazu beigetragen, dass immer weniger Firmen Geld in aufwändige Projekte zum Manganknollenabbau stecken, deren Profit zudem „in den Sternen“ steht. Die Folge: Forschung und Entwicklung beim Manganknollen-Bergbau stagnieren.

Der enorme chinesische Bedarf insbesondere an Metallrohstoffen hat aber für ein bisschen frischen Wind in Sachen Manganknollen gesorgt. So hat beispielsweise die deutsche Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) eine Lizenz, einen so genannten claim, für den Zentralpazifik erworben, um dort die Vorkommen an Manganknollen zu untersuchen. Bei den laufenden Verhandlungen mit der internationalen Meeresbehörde geht es um ein Gebiet von 150.000 Quadratkilometern Fläche innerhalb der Clarion und Clipperton Frakturzonen, das immerhin fast halb so groß ist, wie die Bundesrepublik Deutschland.

Eine großflächige Ernte der Manganknollen ist trotzdem heute noch Utopie. Dies könnte sich aber schnell ändern. Sobald der Weltmarktpreis für metallische Rohstoffe – aus welchen Gründen auch immer – weiter ansteigt, wird die Ausbeutung der Tiefseeknollen und anderer Rohstofflagerstätten im Meer wieder in den Mittelpunkt des Interesses rücken…

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Stand: 19.08.2005

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Geheimnisvolle Manganknollen
Rohstoffjagd in Neptuns Reich

"Sprudelnde Quelle" für Rohstoffe?
Der Hype um die Manganknollen

Viel mehr als nur Mangan...
Ein Steckbrief der Tiefseeknollen

Mangan, Kobalt & Nickel
Die Bedeutung der Knollenrohstoffe

Mit "Kartofeelrodern" in die Tiefsee
Der Abbau der Knollen

Mit OMI auf Manganknollenjagd
Lohnt sich der Tiefseebergbau?

Tiefsee in Gefahr
TUSCH untersucht Auswirkungen der Knollenernte

Gibt es ein Leben nach dem Tiefseebergbau?
DISCOL simuliert Folgen des Manganknollenabbaus

Wolken in der Tiefsee
Lokaler Abbau – globale Folgen?

Neuer Boom oder ewige Flaute?
Der Tiefseebergbau steckt noch in den Kinderschuhen

Ein Grundgesetz für die Ozeane
Manganknollen als „gemeinsames Erbe der Menschheit“

Abbau möglich, aber unwirtschaftlich
Ein Interview

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