Die Havarie des Containerfrachters "MSC Napoli" könnte laut WWF erhebliche ökologische Folgen für eine der schönsten Küsten Großbritanniens haben. Das Schiff war in der vergangenen Woche im Sturm "Kyrill" im Ärmelkanal in Seenot geraten. Nach gescheiterten Schleppversuchen, bei denen der Frachter auseinander zu brechen drohte, wurde er vor der Küste von Devon auf Grund gelegt. Die berühmten Kliffe dieser Küste zählen zum Weltnaturerbe der UNESCO.
Auch die Seevögel der Region, darunter Trottellummen und Trauerenten, werden durch das Öl bedroht. Erste verölte Vögel wurden nach Angaben der Umweltorganisation bereits aufgefunden.
Bisher sind aus der "MSC Napoli" nach Schätzungen von Experten rund 200 Tonnen Öl ausgelaufen und haben einen etwa acht Kilometer langen Ölteppich verursacht. Die Treibstofftanks enthalten weitere 3.500 Tonnen giftiges Schweröl und Diesel. Die britischen Behörden haben nun mit Versuchen begonnen, dieses Öl abzupumpen. Zudem sind mindestens zwei Container mit giftigen Chemikalien über Bord gegangen. Von den 2.400 Containern auf dem Frachter werden 158 als gefährlich eingestuft.
Eine Kette von Havarien
Angesichts der zahlreichen Havarien der letzten Wochen kritisiert der WWF, dass in der Diskussion um die Schiffssicherheit die von Frachtern ausgehenden Risiken vernachlässigt würden. "Große Containerschiffe haben heute mehr Öl als Treibstoff an Bord als früher kleine Tanker als Ladung mitführten", erläutert Hans-Ulrich Rösner, Leiter des WWF-Wattenmeerbüros. Mit der Größe wachse das Risiko. Es gebe noch weit größere Frachter als die "MSC Napoli". Viele Containerschiffe seien inzwischen so groß, dass sie bei Manövrierunfähigkeit im Sturm selbst durch Notschlepper kaum noch zu bergen seien.
Bei den Stürmen der letzten Wochen kam es in Europa zu zahlreichen Schiffsunfällen. So zerbrach an der Westküste Norwegens der Frachter "Server", mehrere hundert Tonnen Öl bedrohen nun die Vogelwelt vor Ort. In Großbritannien konnte der manövrierunfähige Frachter "Vindo" gerade noch von einem Schlepper aufgehalten werden, bevor er gegen eine bereits von der Besatzung verlassene Gasförderplattform trieb. "Wir fragen uns, warum Schiffe selbst bei gefährlichen Orkanen auslaufen und so Besatzung, Bevölkerung und die Natur gefährden, anstatt im Hafen auf Entwarnung zu warten", so Rösner.
Unfalltträchtiges Nadelöhr
Der Ärmelkanal ist laut WWF ein unfalltträchtiges Nadelöhr der internationalen Schifffahrt. Von 1975 bis 2003 kam es bei mindestens 14 Unglücken im Ärmelkanal und seinen westlichen Zugängen zur Freisetzung von Öl oder Chemikalien. 1993 verlor der Tanker "Sherbro" 188.000 Päckchen hochgiftiger Substanzen, die bis an die deutsche Küste gespült wurden. Im Jahr 2000 traten aus der "Ievoli Sun" nach dem Bruch der Tankerhülle 6.000 Tonnen giftiger Chemikalien aus.
Das Meeresgebiet zwischen Schottland und Portugal wird von der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO als "Besonders Empfindlichen Meeresgebietes" (PSSA) eingestuft. "Ab 2008 tritt eine Meldepflicht in Kraft. Diese gilt allerdings nur für Schweröl-Transporte und nicht für Schiffe, die Chemikalien an Bord haben", kritisiert der WWF.
(WWF, 23.01.2007 – DLO)