Im australischen Queensland haben Forscher eine Kalksteinhöhle entdeckt, auf deren Boden sich unter anderem hunderte Schädel und Knochen des ausgestorbenen Beuteltiers Nimbadon fanden. Die 15 Millionen Jahre alten Knochen ermöglichten erstmals eine Rekonstruktion der gesamten Entwicklung vom Baby bis zum Adulten und zeigen, dass diese damals schon so ablief wie bei den heutigen Beuteltieren.
Das Riversleigh-Gebiet im Nordwesten von Queensland gilt als eine der wichtigsten Fossilfundstätten Australiens und ist von der UNESCO als Welterbestätte eingestuft. Der von Höhlen durchzogene Kalkstein ist besonders reich an Relikten aus der Zeit vor rund 15 Millionen Jahren, als sich der einstige Regenwald allmählich in Grasland umwandelte. Jetzt haben Forscher der Universität von New South Wales hier erneut einen sensationellen Fund gemacht. In einer Höhle stießen sie auf außergewöhnlich gut erhaltene Knochen verschiedenster Beuteltiere, darunter Kängurus, Beuteldachse, Fledermäuse und Beutelwölfen.
Schädel aller Altersstufen auf einem Haufen
Am sensationellsten jedoch waren Knochen des pflanzenfressenden Beuteltieres Nimbadon lavarackorum. Von diesem rund schafsgroßen Vertreter der Marsupialia entdeckten die Forscher gleich hunderte Knochen und Schädel von Individuen verschiedenster Altersklassen. Aus Vergleichen von 26 bisher freigelegten Individuen unterschiedlichen Alters konnten die Wissenschaftler erstmals rekonstruieren, wie sich die Nimbadons entwickelten.
Jugendentwicklung rekonstruiert
„Dies ist ein fantastischer und unglaublich seltener Fund“, erklärt Karen Black, Leiterin des Ausgrabungsteams. „Der ungewöhnlich gute Erhaltungszustand der Fossilien hat es uns erlaubt, Wachstum und Entwicklung von Nimbadon vom Baby bis zu erwachsenen nachzuvollziehen. Bisher sind 26 Schädel – im Alter vom im Beutel saugenden Jungen über Jungtiere bis zu älteren Adulten – geborgen worden.“
Die vergleichenden Studien zeigen, dass auch die urzeitlichen Beuteltierbabies schon so entwickelten wie ihre Nachfahren heute: Sie wurden nur einen Monat nach der Befruchtung unreif geboren und vollendeten ihre Entwicklung im Beutel der Mutter. Außerdem zeigen die Schädel, dass die Vorderfront des Kopfes bei den Säuglingen als erstes wuchs und erhärtete – vermutlich um beim Saugen genügend Stabilität zu bieten. Später, in dem Alter, in dem die Jungtiere schon erste Blätter fraßen, verknöcherte und wuchs auch der Rest des Kopfes. Es bildeten sich vor allem große Hohlräume und Bögen aus, die den kräftigen Kaumuskeln gute Ansatzstellen boten.
Höhleneingang als Todesfalle
Offenbar war vor gut 15 Millionen Jahren eine ganze Herde Nimbadons in die Höhle geraten und zu Tode gestürzt. „Sie sind vermutlich durch einen vertikalen Höhleneingang, der von Vegetation verdeckt war und wie eine natürliche Falle wirkte, abgestürzt“, so Black. „Diese Tiere – darunter auch Mütter die ihre Jungen im Beutel mit sich trugen – starben entweder direkt beim Aufprall oder aber überlebten und waren dann in der Höhle gefangen ohne fliehen zu können.“ Aus der Tatsache, dass gleich so viele Tiere auf einmal starben, schließen die Forscher, dass die Nimbadons, ähnlich wie viele heutige Weidegänger, in Familienverbänden oder sogar größeren Gruppen zusammenlebten.
Noch haben die Wissenschaftler erst einen Bruchteil der noch in der Höhle verborgenen Fossilien ausgegraben. „Wir haben wortwörtlich gerade erst die Oberfläche angekratzt, tausende weitere Knochen sind noch in tieferen Schichten der Lagerstätte vergraben“, so Black.
(University of New South Wales, 20.07.2010 – NPO)