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Archäologie

Inka-Mumie hatte eine Lungenentzündung

Immunproteine verraten akute Infektion bei einem vor 500 Jahren gestorbenen Mädchen

Bakterien der Art Mycobacterium tuberculosis, dem TB-Erreger © NIAID

Zum ersten Mal haben Forscher bei einer 500 Jahre alten Mumie eine akute Infektion nachgewiesen. Demnach litt das 15-jährige Inka-Mädchen, dessen Relikte auf einem Andengipfel entdeckt worden waren, an einer Lungenentzündung, möglicherweise sogar an Tuberkulose. Indizien für die Infektion lieferte dabei nicht allein der Erreger der Krankheit, sondern die Immunreaktion der Mumie, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „PloS ONE“ berichten. Sie hatten Genaktivität und Proteine der Mumie analysiert und dabei gezielt nach Anzeichen für eine aktive Abwehrreaktion gesucht. Ein Erreger könne im Körper anwesend sein, auch ohne dass dies gesundheitliche Folgen habe. Erst wenn man nachweise, dass das Immunsystem auf diesen Erreger aktiv reagiere, habe man einen echten Beleg dafür, dass dieser Mensch vor seinem Tode tatsächlich krank war, sagen die Forscher.

„Bisher war es unmöglich zu sagen, ob ein in einem alten Gewebe entdeckter Krankheitserreger aktiv war oder inaktiv“, erklärt Erstautorin Angelique Corthals von der City University of New York. Diese Studie sei die erste, die sich mit Hilfe modernster genanalytischer Methoden auch die Immunreaktion des vor langer Zeit verstorbenen Patienten angeschaut habe. „Diese Methode öffnet ganz neue Möglichkeiten, einige der größten Rätsel der Geschichte zu lösen“, sagt Corthals. So könne man nun beispielsweise genauer untersuchen, warum die Grippe von 1918 so verheerende Folgen hatte. Aber auch in Kriminalfällen lasse sich zukünftig besser feststellen, ob beispielsweise ein im Körper gefundener Erreger tatsächlich die Todesursache gewesen sei.

Diese Fotos zeigen die zwei der drei 500-Jahre alten Inka-Mumien, die 1999 auf dem Andengipfel Lullaillaco in Argentinien entdeckt worden waren. Links das 15-jährige Mädchen, rechts der siebenjährige Junge. © Corthals et al /PloS ONE

Inka opferten die Kinder einst der Erdgöttin

Die Forscher hatten zwei von drei Mumien untersucht, die 1999 auf dem Andengipfel Llullaillaco in Argentinien gefunden worden waren. Der sieben Jahre alte Junge und das 15-jährige Mädchen waren vor rund 500 Jahren von den Inka zu Ehren der Erdgöttin Pachamama geopfert worden. Kälte und Trockenheit haben ihre Körper bis heute nahezu unversehrt konserviert. Für ihre Analysen entnahmen die Wissenschaftler den heute in einem Museum im argentinischen Salta aufbewahrten Mumien Speichel- und Blutproben.

Zunächst suchten die Forscher in den Proben nach DNA-Spuren von Krankheitserregern. In denen des Mädchens fanden sie das Erbgut von Erregern der Gattung Myobacterium. Zu dieser Bakteriengruppe gehören neben dem Erreger der Tuberkulose auch einige, die Lungenentzündungen hervorrufen. Anschließend analysierten die Forscher die Proteine in den Mumienproben und suchten dabei besonders nach Eiweißen, die das Immunsystem im Falle einer akuten Infektion ausschüttet.

„Wir haben bei dem Mädchen zwei Gruppen von Proteinen entdeckt, die auf eine schwere Entzündung der Lunge hindeuten“, schreiben Corthals und ihre Kollegen. Weitere Proteine seien Anzeiger für eine Infektion der Atemwege gewesen. Als die Forscher die Lunge des Mädchens durchleuchteten, fanden sie dort Veränderungen, die ebenfalls auf eine Lungenentzündung hindeuteten. Alles deute darauf hin, dass das 15-jährige Mädchen zum Zeitpunkt seiner Opferung bereits krank war und an einer Lungenentzündung, vielleicht verbunden mit einer Infektion der oberen Atemwege litt, sagen die Forscher. Der Junge hingegen sei offenbar gesund gewesen, bei ihm habe man keinerlei Anzeichen für eine akute Infektion festgestellt. (doi:10.1371/journal.pone.0041244)

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(PloS ONE, 27.07.2012 – NPO)

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