Nanopartikel durchleuchtet: Forschern ist es erstmals gelungen, die genaue Position aller Einzelatome in einem Nanopartikel abzubilden. Ihre Atom-Tomografie zeigt genau, wo die 23.000 Atome sitzen und zu welchem Element sie gehören. Eine solche atomgenaue Strukturanalyse ist ein wichtiger Fortschritt, denn sie liefert entscheidende Informationen über die Eigenschaften des Materials, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Die Eigenschaften eines Materials hängen nicht nur von seiner chemischen Zusammensetzung ab. Auch die Position und Anordnung der einzelnen Atome in der Substanz spielt eine entscheidende Rolle. So bestimmen Lücken oder eingestreute Fremdatome im Atomgitter die elektrischen und optischen Eigenschaften von Kristallen, bei Legierungen beeinflussen Atomstruktur und Grenzflächen das magnetische Verhalten.
Das Problem dabei: Zwar geben Röntgenkristallografie und Cryo-Elektronenmikroskopie Aufschluss über die generelle Atomstruktur eines Materials. Diese Verfahren bildet aber nur die durchschnittlichen Positionen der Atome ab, weil die Resultate aus mehreren Aufnahmen kombiniert werden.
Tomografie für Atome
2015 gab es jedoch einen ersten Durchbruch: US-Forscher haben eine Art „Atom-Tomografie“ entwickelt, mit der sie erstmals die genaue Position von tausenden Einzelatomen in einer Wolframspitze abbildeten. Damals war es aber noch nicht möglich, auch die Elementsorte dieser Atome sichtbar zu machen.
Möglich wurde dieser Durchbruch durch eine Abwandlung der Transmissions-Elektronenmikroskopie (TEM). Statt mit dem fokussierten Elektronenstrahl nur einmal eine hauchdünne Schnittprobe zu durchleuchten, wiederholen die Forscher die Analyse mehrfach. Jedes Mal verändern sie dabei die Neigung und Ausrichtung der Probe ein wenig. Eine spezielle Software rekonstruiert dann aus diesen Aufnahmen die dreidimensionale Atomstruktur.
Position von 23.000 Atomen
Jetzt haben Jianwei Miao von der University of California in Los Angeles und seine Kollegen die Atom-Tomografie so verbessert, dass sie damit auch die Anordnung von Atomen verschiedener Elemente ermitteln können. Für ihre Studie erzeugten die Forscher zunächst ein rund acht Nanometer kleines Klümpchen aus einer Eisen-Platin-Legierung.
Dann führten sie mit diesem Nanopartikel ihre Atom-Tomografie durch und rekonstruierten mit Hilfe ihrer GENFIRE-Software (GENeralized Fourier Iterative Reconstruction) die Elementzugehörigkeit der Atome und die 3D-Struktur des Legierungs-Partikels. Das Ergebnis zeigt die genaue Position jedes einzelnen der 6.569 Eisenatome und 16.727 Platinatome. Auch Atomlücken in der Struktur wurden sichtbar.
„Zum ersten Mal können wir einzelne Atome und die chemische Zusammensetzung in drei Dimensionen sehen“, sagt Miao. „Noch niemals zuvor wurde eine solche dreidimensionale strukturelle Komplexität in so genauem Detail sichtbar gemacht.“
Erster Blick auf Atome an Grenzflächen
Die Atom-Tomografie enthüllt, dass die Atome im Nanopartikel neun abgegrenzte Körnchen bilden. Jedes besitzt leicht unterschiedliche Anteile von Eisen- und Platinatomen. Die Anordnung dieser Atome ist dabei jeweils zum Inneren der Körnchen hin regelmäßiger als an ihren Oberflächen. Auch die genaue Lage und Beschaffenheit der Grenzflächen zwischen diesen Bereichen ließen sich erstmals abbilden.
„Das Verständnis der dreidimensionalen Strukturen solcher Körneroberflächen ist eine große Herausforderung in der Materialforschung“, erklärt Miao. Denn diese durch besonders ungeordnete Atomanordnungen gekennzeichneten Grenzflächen geben Aufschluss darüber, wie solche Nanopartikel wachsen, aber auch, welche Magneteigenschaften sie besitzen.
Einfluss auf Magnetverhalten
Um herauszufinden, wie die genaue Atomstruktur des Eisen-Platin-Nanopartikels seine Magneteigenschaften beeinflusst, führten die Forscher mit Hilfe eines Supercomputers zusätzliche Analysen durch. Anhand der Elementzugehörigkeit und Lage der Atome simulierten sie dabei das Verhalten des Partikels und seiner Atome in einem magnetischen Feld.
Erstmals gelang es so, Bereiche und Atommuster mit besonders starken Magnetreaktionen zu identifizieren. „Das könnte Forschern künftig helfen, das Wachstum solcher Eisen-Platin-Partikel so zu steuern, dass sie bessere Magneteigenschaften bekommen“, sagt Koautor Peter Ercius vom Lawrence Berkeley National Laboratory. Wichtig ist dies beispielsweise für die Produktion von Festplatten. (Naturte, 2017; doi: 10.1038/nature21042)
(University of California – Los Angeles/ Lawrence Berkeley National Laboratory, 02.02.2017 – NPO)