Finger sind keine Neuerfindung von landlebenden Vierbeinern, wie bisher angenommen. Stattdessen besaßen auch die urzeitlichen Fische, aus denen die Tetrapoden hervorgingen, bereits rudimentäre Fingeranlagen in ihren Flossen. Dies haben neue Untersuchungen eines fossilen Fisches ergeben. Diese jetzt in „Nature“ veröffentlichten Erkenntnisse wiederlegen damit eine lange Zeit gültige Theorie.
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Die ersten vierbeinigen Landtiere, die Tetrapoden, entwickelten sich vor rund 380 Millionen Jahren aus Fischen. Sie gelten als die Vorfahren aller Vögel und Säugetiere und sind damit auch unsere „Urahnen“. Lange Zeit glaubten Wissenschaftler, dass diese Urfische zwar Flossen aber keine Finger hatten. Erst die ersten Tetrapoden, so die Hypothese, entwickelten fingerähnliche Extremitäten.
Keine Finger beim Zebrafisch
Ausgangspunkt dieser Annahme waren unter anderem genetische Analysen an Zebrafischen, die als entfernte Verwandte der Fischgruppe gelten, aus denen damals die Landtiere hervorgegangen waren. Wissenschaftler verglichen die Gene, die für die Zebrafisch-Flossen verantwortlich sind mit denen, die die Entwicklung der Extremitäten in Mäusen steuern. Dabei stellte sich heraus, dass den Fischen ein wichtiger Teil der genetischen Mechanismen fehlte, die für die Fingerentwicklung nötig sind. Aber hieß das auch, dass den unmittelbaren Vorfahren der Landgänger diese ebenfalls fehlten?
Zunächst schien die Untersuchung von fossilen Panderichthys, einem urzeitlichen Fisch, der als Bindeglied zwischen Fischen und Tetrapoden gilt, dies zu bestätigen, denn es wurden keine Ansätze von Fingerknochen in deren Flossen gefunden.
Urzeitfisch im Computertomografen
Doch eine neue Studie von Wissenschaftlern der Uppsala Universität in Schweden hat dies nun widerlegt. Mithilfe eines Computertomografen untersuchten sie erneut den fossilen Panderichthys und rekonstruierten ein dreidimensionales Abbild des Tieres. Dabei entdeckten die Forscher tatsächlich zuvor übersehene Rudimente von Fingern in den Flossen. Ähnliches wurde vor zwei Jahren auch für ein weiteres Zwischenglied, den bereits Tetrapoden-ähnlicheren Tiktaalik, nachgewiesen.
Zusammen mit der Tatsache, dass auch heutige, zu relativ ursprünglichen Fischgruppen gehörende Arten, Fingerrudimente besitzen, legt dies nach Ansicht der Autoren den Schluss nahe, dass Finger keine Neuerfindung der Tetrapoden gewesen sein können. „Dies war ein Schlüsselstück des Puzzles, das bestätigt, dass rudimentäre Finger auch schon in den Vorfahren der Tetrapoden präsent waren“, erklärt Catherine Boisvert, Hauptautorin der Studie.
(Uppsala University, 22.09.2008 – NPO)