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Mathematik

Neue Hoffnung für Diabetes-Kranke

Mathematisches Modell erlaubt Überprüfung von medizinischen Wirkstoffen am Computer

Dockingsimulation des neuen Wirkstoffes © MATHEON

Mathematiker des Forschungszentrums MATHEON haben ein neues mathematisches Modell entwickelt, mit dem sie die Leistungsfähigkeit eines medizinischen Wirkstoffes am Computer einschätzen können. Sie simulierten damit bereits eine neue Substanz für die Diabetes-Behandlung, die eine hohe Wirksamkeit und sehr geringe Nebenwirkungen verspricht.

Diabetes ist eine Volkskrankheit, vor allem die Zahl der so genannten Typ 2-Diabetiker steigt mit zunehmenden Alter, neue medikamentöse Therapie-Ansätze scheitern bisher an erheblichen Nebenwirkungen. Deshalb sind Forscher weltweit auf der Suche nach wirkungsvolleren und unschädlicheren Medikamenten. Marcus Weber, Mathematiker am DFG-Forschungszentrum MATHEON ist es jetzt gelungen, gemeinsam mit Alexander Bujotzek einen Wirkstoff zu simulieren, der hier eine optimale Lösung verspricht. Allerdings fehlt den beiden Forschern noch ein industrieller Partner, der die Synthetisierung des bisher nur im Computer existierenden Wirkstoffes finanzieren könnte.

Im Magen-Darm-Trakt jedes Menschen befinden sich Inkretine, die einerseits die Insulinausschüttung und die Insulinsynthese positiv beeinflussen, andererseits die Magenentleerung verlangsamen und das Hungergefühl reduzieren und so den Zuckerhaushalt regeln. Das körpereigene Enzym Dipeptidylpeptidase 4 (DPP4) baut diese Inkretine jedoch schon nach kürzester Zeit ab und verhindert somit deren positive Wirkung auf den Zuckerhaushalt.

„Schwanz“ zur Ruhe gebracht

Das Team „Computational Drug Design“ am Zuse-Institut in Berlin hat sich nun eine Reihe bereits in der Forschung befindlicher DPP4-Inhibitoren angeschaut und im Computer simuliert. Dabei wurde auch ein Wirkstoff untersucht, der bereits in der Röntgenstrukturanalyse große Unsicherheiten aufwies und dessen Bindungsverhalten deshalb nicht genau bekannt war.

„Wir haben entdeckt, dass dieser Wirkstoff zwar mit der Schnauze an das DPP4 andockte, aber wie ein freundlicher Hund mit seinem Schwanz wedelte. Dieses Wedeln zeigte an, dass dieser Wirkstoff noch nicht spezifisch genug für die DPP4 war. Der Wirkstoff war also wie ein simpler Dietrich, der viele Türen öffnen und verschließen konnte, wir aber suchten ja den Sicherheitsschlüssel, der nur für ein ganz bestimmtes Schlüsselloch passt.“, schildert Weber. Also versuchten er und Bujotzek, dieses lose Ende durch eine große Gruppe zu ersetzen, die genau auf die DPP4 passen und so den „Schwanz“ zur Ruhe zu bringen sollte.

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„Ungünstige Chemie“ des Wirkstoffes beseitigt

Diese Umstrukturierung des Wirkstoffes ist den beiden Wissenschaftlern nun in der Simulation gelungen. Auch eine ursprüngliche „ungünstige Chemie“ des Wirkstoffes konnte gemeinsam mit dem Chemiker Jörg Rademann vom Leibnitz-Institut für Molekulare Pharmakologie in Berlin-Buch beseitigt werden. Gleichzeitig hat Marcus Weber ein mathematisches Modell entwickelt, mit dem er die Wirksamkeit eines Wirkstoffes am Computer einschätzen und feststellen kann, ob und wenn ja welche unwirksamen Teile es gibt. Ebenso kann mit der Simulation die Wirkungsweise des Stoffes bildlich dargestellt werden.

„Damit können wir nun wichtige Designvorgaben zur gezielten Entwicklung spezifischer Wirkstoffmoleküle machen und diese Vorgaben auch überprüfen“, ist sich Weber sicher. Jetzt allerdings müsste der Wirkstoff aus dem Computer in die Wirklichkeit transportiert, also tatsächlich hergestellt und dann klinisch getestet werden. „Doch dazu“, so der Mathematiker, „fehlt vor allem eine finanzielle Unterstützung von der Industrie“.

(idw – DFG Forschungszentrum MATHEON Mathematik für Schlüsseltechnologien, 13.11.2007 – DLO)

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