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Medizin

Hormonmangel schädigt Gehirn

Häufigkeit von Gedächtnisstörungen und Parkinson nach Eierstockentfernung erhöht

Ein Mangel an weiblichen Geschlechtshormonen durch vorzeitige Wechseljahre kann das Gehirn der betroffenen Frauen schädigen. Neue Studien belegen, dass die Entfernung der Eierstöcke vor der Menopause später das Risiko für eine Demenz- oder Parkinsonerkrankung erhöhen. In derartigen Fällen kann die Gabe von Östrogenen Schutz für Gehirn und Nerven bieten.

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Während experimentelle Studien eindeutig einen Nerven schützenden Effekt der Östrogene belegen, schien dies in der Praxis bisher nicht nachvollziehbar zu sein. „Epidemiologische Ergebnisse aus Klinik und Praxis sind widersprüchlich“, erklärt Professor Ludwig Kiesel, Sprecher der Sektion Reproduktionsbiologie und -medizin der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Denn der natürliche Übergang in die Wechseljahre – einhergehend mit einem verringerten Östrogenspiegel – gefährdet das Gedächtnis nicht.

Gedächtnisschwund nach Eierstockentfernung

Lässt eine Frau jedoch einen oder beide Eierstöcke operativ entfernen, gibt es Hinweise darauf, dass dies vor allem das episodische und verbale Gedächtnis beeinträchtigen kann: Die Erinnerung an Ereignisse, Fakten und Begriffe ist lückenhaft. Neue, in der Fachzeitschrift „Neurology“ veröffentlichte Studien der Mayo Clinic in Rochester bestätigen dies jetzt: Die US-Wissenschaftler befragten insgesamt 2.327 Frauen, die sich zwischen 1950 und 1987 aus medizinischen Gründen einen oder beide Eierstöcke hatten entfernen lassen.

Im Vergleich zu anderen gleichaltrigen Frauen zeigte sich, dass die Studienteilnehmerinnen später bedeutend häufiger an Gedächtnisschwund oder Schüttellähmung litten. Für Parkinsonismus im Alter erhöht sich das Risiko um 68 Prozent. Das Risiko steigt mit der Zahl der Jahre, die zwischen der Operation und dem natürlichen Alter des Eintritts in die Menopause liegen. Für vor dem 38. Lebensjahr operierte Frauen ist es am höchsten.

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Ursachen noch unklar

Den Auslöser für den schleichenden Verlust des Gedächtnisse gilt es noch zu finden: „Denn es bleibt unklar, ob die beobachteten kognitiven Defizite auf vaskuläre oder degenerative zerebrale Veränderungen zurückzuführen sind“, sagt Dr. med. Petra Stute von der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Universitätsklinikum Münster. Östrogene scheinen für den neuroprotektiven Effekt verantwortlich zu sein. Aber auch männliche Hormone spielen möglicherweise eine Rolle: „Letztendlich könnten ebenso die vom Ovar produzierten Androgene und Progesteron Einfluss auf die Kognition haben“, so die Hormonexpertin.

Sowohl die Studie zu Parkinson als auch zu Demenz sei beeinflusst durch unterschiedliche Definitionen in der Literatur, verschiedene operative Vorgehen und die Praxis der Hormonersatztherapie im Beobachtungszeitraum. „Doch trotz einiger offenen Fragen, unterstützt die Studie die ‚Hypothese eines kritischen Zeitfensters‘ der Neuroprotektion durch Östrogene“, betont Professor Kiesel. Demzufolge scheint die therapeutische Gabe von Östrogenen während der Wechseljahre eine schützende, danach jedoch eher schädigende Wirkung zu entfalten.

(Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, 07.11.2007 – NPO)

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