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Umwelt

Moose als Feinstaub-Killer

Pflanzen sollen Luftverschmutzung in Städten und an Autobahnen reduzieren

Sieht es so bald an den Rändern vieler Autobahnen in Deutschland aus? © Jan-Peter Frahm

Feinstaub ist giftig. Nach Schätzungen der EU-Kommission kosten die Mikropartikel in der Luft jährlich allein 300.000 Europäern das Leben. Nun wollen Forscher den gefährlichen Feinstäuben mit einem ungewöhnlichen Mittel zu Leibe rücken: Moose. Wie ein biologisches Mikrofaser-Staubtuch schlucken die Pflanzen große Mengen der gefährlichen Luftteilchen.

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Viele Abgas-Bestandteile dienen ihnen nach Angaben der Wissenschaftler von der Universität Bonn sogar als Nahrung, andere werden durch Bakterien abgebaut, die auf den Moosblättchen leben. In der ehemaligen Bundeshauptstadt sollen die natürlichen Luftfilter nun erstmals auch zur Straßenbegrünung eingesetzt werden.

Fünf Millionen winzige Blättchen

Es ist eine Kombination aus Eigenschaften, die Moose zum Feinstaub-Killer machen. Zum einen ist da ihre riesige Oberfläche: „Ein Moospolster von einem Quadratmeter Größe hat fünf Millionen kleinste Blättchen“, rechnet der Bonner Moosforscher Professor Dr. Jan-Peter Frahm vor.

Punkt zwei: Jedes dieser Blättchen zieht manche Mikropartikel aus der Luft magisch an. Dazu zählen unter anderem Ammoniumionen, die durchschnittlich 40 Prozent des Feinstaubes ausmachen. „Das Ganze funktioniert elektrostatisch“, erklärt Frahm; „die Moosoberfläche ist negativ geladen, ein Ammoniumion dagegen positiv.“ Nach einem ähnlichen Prinzip funktionieren übrigens die beliebten Mikrofaser-Staubtücher.

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Punkt drei: Moose halten die gefährliche Partikelfracht nicht nur fest – sie nehmen den Staub sogar über ihre Blätter auf und verdauen ihn. Denn Ammonium ist ein wichtiger Nährstoff, den die unscheinbaren Pflanzen zum Wachstum benötigen. Andere Bestandteile des Staubs werden von Bakterien genutzt, die auf den Moosblättchen leben. „Feinstaub wird zu Biomasse“, kommentiert Frahm trocken.

Labortests ein voller Erfolg

Im Labor haben er und sein Kollege Marko Sabovljevic bereits zeigen können, wie gut das Ganze funktioniert. Dazu kippten sie Blei- und Bariumstaub auf verschiedene Moospolster. Nach einigen Stunden Wartezeit wurden die Pflanzen gewaschen. Aus der Staubmenge im Waschwasser konnten die Forscher so das Bindevermögen der Pflanzen berechnen. „Bis zu 20 Gramm Feinstaub nahmen Moospolster von einem Quadratmeter Größe bei dieser Prozedur auf“, erklärt Sabovljevic. Zum Vergleich: An einer viel befahrenen Straße rieseln jährlich nur 14 Gramm Feinstaub pro Quadratmeter zu Boden.

Entscheidend für die Luftreinigung ist allerdings, dass die Feuchte stimmt: Trockenes Moos entfaltet kaum Wirkung, zu nass sollte es aber ebenfalls nicht sein.

Große Karriere am Rand bundesdeutscher Autobahnen?

In Bonn können die Pflanzen wohl bald auch außerhalb des Labors beweisen, was in ihnen steckt: Ein Anschluss-Stück zur Bundesautobahn 562 soll demnächst mit Moosen begrünt werden. „Inzwischen ist es möglich, dazu fertige Moosmatten zu verwenden“, erklärt Frahm. „Das reduziert den Aufwand.“ Ursprünglich sind die Matten zur Dachbegrünung entwickelt worden – unter anderem aus dem Kalkül, man könne mit diesen natürlichen Luftbefeuchtern das lokale Klima in den Innenstädten verbessern.

Vielleicht steht den unscheinbaren Pflanzen nun eine große Karriere am Rand bundesdeutscher Autobahnen bevor. Falls ja, liegt das sicher auch an einem letzten Argument, das in Zeiten schlecht gefüllter öffentlicher Kassen besonders viel zählen dürfte: „Moose brauchen nicht viel Pflege“, sagt Frahm. „Durch ihre Wartungsarmut werden sie für Autobahnmeistereien zusätzlich attraktiv.“

Die Wissenschaftler berichten über ihre Ergebnisse im Herbst im Heft 4/2007 der Zeitschrift „Immissionsschutz“, die vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegeben wird.

(idw – Universität Bonn, 03.08.2007 – DLO)

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