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Technik

Ionenfalle als Viren-Waage

Neues Verfahren erlaubt Massenbestimmung einzelner Viren

Virus © DESY

Mit Hilfe sehr sanfter Techniken zur Ionisation und einer miniaturisierten Ionenfalle Marke Eigenbau ist es Forschern aus Taiwan jetzt gelungen, die Masse einzelner, intakter Viren sehr akkurat zu analysieren. Bisher war dies nur mit großen Fehlerspannbreiten möglich.

Viren sind die einfachste Lebensform, die es auf unserer Erde gibt. Sie bestehen lediglich aus Erbmaterial und einer Hülle. Nach den Bakterien und Archaebakterien sind sie die zweithäufigste Organismen-Art, in unseren Weltmeeren sogar die Nummer eins. Um zu einem besseren Verständnis über die Struktur und die Eigenschaften dieser genetisch sehr vielfältigen Winzlinge zu gelangen, wäre es von großem Interesse, ihre Massen und deren Variabilität innerhalb einer Population bestimmen zu können. Bisherige Massenbestimmungen von Viren waren mit einem Fehler von etwa ±15 Prozent nicht genau genug, um eine ausreichende Auflösung kleiner Massenunterschiede zu gewährleisten.

Das Team um Huan-Cheng Chang hat jetzt ein neues Konzept entwickelt, um eine höhere Präzision zu erreichen. Für die Massenbestimmung müssen die Virenpartikel zunächst in die Gasphase überfährt, elektrisch aufgeladen und in einem elektrischen Feld beschleunigt werden. Dabei dürfen die Viren aber nicht zerstört werden. Die Forscher wählten dazu eine sehr sanfte Methode, die sich LIAD ("Laser-induced acoustic desorption") nennt. Durch einen Laser erzeugte Schallwellen lösen die Viren-Partikel dabei aus der Probe.

Schwingungen verraten Masse

Anschließend werden sie in einer "Ionenfalle" eingefangen. Es handelt sich dabei um ein elektrisches Feld, das geladene Teilchen aufgrund einer speziellen Geometrie und einer Wechselspannung regelrecht gefangen hält. Nun steht das Virus-Partikel zur Verfügung für eine Massenbestimmung: Es wird Laser-Licht in die Ionenfalle eingestrahlt.

Ist ein Partikel in der Falle, wird das Licht daran gestreut. Durch die transparenten Flächen der Ionenfalle kann dieses Streulicht detektiert werden. Ein Teil des Streulichts wird zu einer CCD-Kamera geleitet, die die Flugbahn des gefangenen Partikels aufzeichnet. Der andere Teil gelangt zu einem Messgerät, das das Streulicht-Signal genau analysiert. Das Streulicht ist gegenüber dem eingestrahlten Licht verändert, weil das Virus-Partikel in dem elektrischen Wechselfeld der Ionenfalle in Schwingungen gerät. Diese Schwingungen sind abhängig von der Masse (und der Ladung) des Virus.

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So gelang es dem Team, die Massen drei verschiedener Virentypen mit Durchmessern zwischen 80 und 300 Nanometern zu bestimmen – mit einer Abweichung in der Größenordnung von ±1 Prozent erstaunlich präzise. Anhand der Virenmassen können – in Kombination mit anderen analytischen Verfahren – beispielsweise Rückschlüsse gezogen werden, aus wievielen Bausteinen die Virenhülle aufgebaut ist oder wieviele Kopien des genetischen Materials darin enthalten sind.

Besondere Ionenfalle konstruiert

Möglich wurden die hochgenauen Messungen durch die spezielle Konstruktion der Ionenfalle: Statt einer klassischen Quadrupol- Ionenfalle wählten Chang und sein Team eine zylindrische Ionenfalle (CIT, "Cylindrical Ion Trap"). In einer solche Falle ist zwar die Bewegung der eingefangenen Ionen wesentlich komplexer und mathematisch nicht erfassbar, dafür haben sie den Vorteil einer wesentlich einfacheren Geometrie. Das Team konstruierte eine CIT mit kleineren Abmessungen als üblich, optimierte die Geometrie und tauschte die herkömmlichen Abschlusselektroden des Zylingers gegen transparente, elektrisch leitfähige Platten aus. Nur mit Hilfe dieser Spezial- Konstruktion war eine Anwendung der präzisen Streulicht-Methode für die Massenbestimmung einzelner Viren möglich.

(Gesellschaft Deutscher Chemiker, 06.12.2006 – NPO)

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