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Evolution

Was haben Haiflossen und Beine gemeinsam?

Paarige Extremitäten tatsächlich aus Mittelflossen entstanden

Einer der Meilensteine der Evolution des Lebens auf der Erde war die Entstehung von paarweisen Flossen – und später Beinen. Denn sie ermöglichten ganz neue Arten der Bewegung. Jetzt haben Wissenschaftler nachgewiesen, dass die paarigen Extremitäten und die bei primitiven Wirbeltieren vorkommenden Mittelflossen über den gleichen Entwicklungsweg entstehen. Erstmals wird damit die seit dem 19. Jahrhundert postulierte, aber nie belegte Hypothese unterstützt, dass alle Flossen und Beine aus genau diesen Mittelflossen hervorgegangen sind.

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Die frühesten Wirbeltierfossilien besitzen noch keine paarigen Extremitäten, sondern nur in der Längsachse stehende Rücken- und Bauchflossen. Schon früh lag die Vermutung nahe, dass die Bauch- oder Medianflossen die Basis für alle späteren Beine, Flossen oder Arme bildeten. Doch die unterschiedliche Lage – seitlich versus mittig auf der Bauchseite – schien andererseits darauf hinzudeuten, dass die Extremitäten auch aus jeweils unterschiedlichen Zellgruppen des Embryos entstanden sein mussten. Was aber stimmte nun?

Um dies zu herauszufinden, untersuchten die Zoologen Renata Freitas, Guang Jun Zhang und Martin J. Cohn, von der Universität von Florida die Embryonalentwicklung von Katzenhaiflossen. Die unter anderem im Atlantik lebenden Tiere verdanken ihren Namen ihren flachen Köpfen und langen, katzenartigen Augen und besitzen Medianflossen.

Wie die Wissenschaftler in der Online Ausgabe der Zeitschrift Nature berichten, begannen sie ihre Analysen, indem sie verschiedenen Zellen der Embryonen markierten und so gezielt ihre Entwicklung verfolgten. Auf diese Weise konnten sie feststellen, welche Gewebe des Haikörpers aus ihnen entstanden. Als nächsten Schritt analysierten sie die Aktivität verschiedener Gene in den Zellen während der Flossenentwicklung.

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Es zeigte sich, dass die Medianflossen der Katzenhaie zwar aus anderen embryonalen Zellen entstehen als die paarigen Extremitäten, beide aber die gleichen Gene – Hox und Tbx18 – in der Entwicklung nutzen. „angesichts der Tatsache, dass die paarigen Flossen ihr evolutionäres Debüt an der Körperseite hatten, würde man annehmen, dass auch die genetischen Werkzeuge dafür an dieser Stelle versammelt wären“, erklärt Cohn, Professor für Entwicklungsbiologie an der Universität von Florida. „Wir haben aber entdeckt, dass die genetischen Schaltkreise für die Extremitäten zuerst an einer ganz anderen Stelle erscheinen – in der Mittellinie des Tieres.”

Um dies weiter zu belegen, untersuchten Freitag, Zhang und Cohn Neunaugen, die sich vor der Entstehung der modernen Fische – und damit auch der paarigen Flossen – als eigene Linie vom Wirbeltierstammbaum abzweigten. Und tatsächlich nutzten auch die Neunaugen das gleiche Entwicklungsphysiologische Programm wie die Katzenhaie und auch menschliche Extremitäten.

“Dass wir diese Mechanismen auch in Neunaugen beobachten sagt uns, dass sie offensichtlich zuerst für die Medianflossen aktiviert wurden und das gesamte genetische Programm später in der Evolution einfach in der neue Position der paarigen Flossen wieder verwendet wurde“, so Cohn. „Es zeigt uns auch, dass unsere eigenen Arme und Beine ihre evolutionären Wurzeln in den Rücken- und Bauchflossen unserer fischigen Ahnen hatten.” Da schon die Neunaugen dieses genetische Programm nutzten, könnte es sogar noch vor der Entwicklung der Wirbeltiere entstanden sein. Um das zu erforschen, wollen die Wissenschaftler nun eine weitere primitive Tierform, die Cephalocordaten, die als Vorläufer der Wirbeltiere gelten, daraufhin untersuchen.

(OCES, 01.08.2006 – NPO)

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