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Astronomie

Kosmisches Glimmen schwächer als gedacht

Hintergrundlicht dämpft die Gammastrahlung ferner Quasare kaum

So wirkt sich das extragalaktische Hintergrundlicht (EBL) auf die Gammastrahlung eines fernen Quasars aus: Bei hoher Dichte der EBL-Photonen kommt es zu vielen Kollisionen mit den Gammalichtteilchen - die Absorption ist stark, das Spektrum deutlich verändert (oben rechts). Bei geringer Dichte der EBL-Photonen und dementsprechend schwacher Absorption ändert sich das Spektrum nur wenig (unten rechts). © H.E.S.S.-Kollaboration

Ein kosmisches Hintergrundleuchten erfüllt das gesamte Weltall. Es gilt als Überrest allen Lichts, das von sämtlichen Quellen wie Sternen oder Galaxien jemals ausgestrahlt wurde. Jetzt haben Astrophysiker herausgefunden, dass die Intensität dieses Glimmens wesentlich geringer ist als bisher vermutet. Als "Sonden" nutzten die Forscher dabei zwei weit entfernte Quasare, deren Gammaspektren sie mit den H.E.S.S.-Teleskopen in Namibia aufzeichneten. Die Beobachtungen werfen neue Fragen zu Geburt und Entwicklung der Galaxien auf.

Das Hintergrundlicht ist ein "universales" Phänomen und durchdringt gleichmäßig den intergalaktischen Raum. Alle Arten von Objekten wie Sterne, Galaxien oder Quasare tragen zu diesem Strahlungsnebel bei. Er gilt als Überrest all des Lichts, das im Weltall jemals emittiert wurde; so überdeckt dieses extragalactic background light (EBL) sämtliche Epochen, von der Entstehung der ersten Sterne und Galaxien bis in die heutige Zeit. Lange haben die Wissenschaftler versucht, diese Emission zu messen. Ihre direkte Bestimmung aus dem gleichmäßigen Leuchten am Nachthimmel ist jedoch sehr schwierig und äußerst ungenau, weil die irdische Atmosphäre, das Sonnensystem sowie die Milchstraße das schwache Glimmen gleichsam überstrahlen.

Gammaspektrum der Quasare hilfreich

Einen Ausweg bietet die Beobachtung von Quasaren – jenen kosmischen Kraftwerken, die in ihrem Zentrum ein außergewöhnlich massereiches Schwarzes Loch beherbergen. Eine solche Schwerkraftfalle verschlingt Gas aus der Umgebung und spuckt einen Teil davon als Plasma wieder aus, das dabei annähernd auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt wird. Der gebündelte Strahl aus Protonen, Elektronen und elektromagnetischen Wellen erreicht nicht selten die hundertfache Ausdehnung seiner Muttergalaxie. Zeigt die "Düse" des Quasars in Richtung Erde, erscheint die Strahlung extrem verstärkt: Die Astronomen sehen einen Blasar.

Die beiden von den H.E.S.S-Forschern ins Visier genommenen Objekte gehören in diese Klasse. Wie aber lassen sich die beiden Blasare als Sonden nutzen? Die von ihnen ausgesandten sehr energiereichen Gammalichtteilchen stoßen auf ihrem langen Weg zur Erde mit den Photonen des Hintergrundlichts zusammen und werden dabei abgeschwächt. Der Effekt führt zu einer Rötung des ursprünglichen Gammaspektrums eines Blasars – etwa so, wie die untergehende Sonne nahe des Horizonts röter aussieht, weil der blaue Anteil des Sonnenlichts in der Erdatmosphäre stärker gestreut wird als der rote. Dabei gilt: Je dichter die Atmosphäre, desto röter erscheint die Sonne. Die Rötung hängt also von der Dichte des Mediums – in diesem Fall der Luftschichten – ab. Auf diese Weise sollte sich auch die Beschaffenheit des Hintergrundlichts bestimmen lassen.

"Das Hauptproblem dabei ist, dass die Energieverteilung im Gammaspektrum von Quasaren viele verschiedene Formen annehmen kann. Bisher ließ sich nicht wirklich sagen, ob ein beobachtetes Spektrum rot aussieht, weil es tatsächlich einer starken Rötung ausgesetzt war, oder ob es schon am Ursprung so aussah", sagt Luigi Costamante vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg.

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Rätsel gelöst – neue Fragen in Sicht

Die Gammaspektren der beiden Quasare namens H 2356-309 und 1ES 1101-232 haben dieses Problem jetzt gelöst. Die Objekte sind weiter entfernt als alle bisher beobachteten Quellen und konnten nur dank der unerreichten Empfindlichkeit des H.E.S.S.-Instruments untersucht werden. Das Ergebnis: Die Intensität des Hintergrundlichts reicht nicht aus, um das Quasarlicht rot zu färben – die Spektren sind zu blau, enthalten also zu viele Gammastrahlen am hoch energetischen Ende des gemessenen Bereichs. Über ihre Arbeit berichten die Forscher in der aktuellen Ausgabe von Nature.

Die maximale Intensität des diffusen Lichts, die sich aus den H.E.S.S.-Daten ableiten lässt, liegt in der Tat sehr nahe an der unteren Grenze, die aus der Summe des Lichts einzelner, in optischen Teleskopen sichtbaren Galaxien resultiert. Das liefert eine Antwort auf eine der Fragen, die Wissenschaftler schon seit einigen Jahren verwirrt hat: Wird das diffuse Licht vor allem von der Strahlung der ersten Sterne im Universum bestimmt? Das Resultat von H.E.S.S. scheint eine solche Möglichkeit auszuschließen. Außerdem lässt es wenig Spielraum für wesentliche Beiträge anderer Arten von Quellen als normale Galaxien. Ein besserer Durchblick durch den intergalaktischen Raum eröffnet zudem neue Perspektiven für die Untersuchung von Gammaquellen außerhalb unserer eigenen Galaxis.

(Max-Planck-Institut für Kernphysik, 25.04.2006 – AHE)

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